Erfolg für AMS: Die Österreicher haben die bei 55 Prozent festgesetzte Mindestannahmeschwelle der Osram-Offerte am Freitag überschritten. Damit darf AMS den wesentlich größeren Wettbewerber Osram übernehmen. AMS erwirtschaftete 2018 einen Umsatz von knapp 1,5 Milliarden Euro, Osram hingegen schaffte es im Geschäftsjahr 2019, das bei den Münchenern am 30. September endet, auf 3,5 Milliarden Euro Umsatz.
Da Annahmen heute noch in das Angebot gebucht werden können, wird erst am morgigen Dienstag feststehen, wie viele Aktien AMS insgesamt einsammeln konnte. Aktionäre, die ihre Anteilsscheine bislang noch nicht angedient haben, können dies zudem im Rahmen der weiteren Annahmefrist tun. Diese läuft vom 11. bis zum 24. Dezember. Mit dem Abschluss des M&A-Deals rechnet AMS im Laufe des ersten Halbjahres 2020. Die Kartellbehörden müssen der Transaktion noch zustimmen.
Osram-Aktie macht großen Sprung (Aktien-Chart seit Freitag)
Die Osram-Aktie reagierte auf das Erreichen der Mindestannahmeschwelle mit einem Sprung nach oben, der den Wert des Papiers sogar über das AMS-Angebot von 41 Euro je Aktie katapultierte: Am heutigen Montagmorgen notiert die Aktie bei rund 43,80 Euro. Das entspricht einem Plus von mehr als 13 Prozent.
Hedgefonds sorgten für Spannung im Osram-Deal
Bis zuletzt war mit Spannung beobachtet worden, ob AMS mit dem Übernahmeangebot durchkommt. Der erste Übernahmeversuch scheiterte Anfang Oktober, weil AMS die damals festgelegte Mindestannahmeschwelle von 62,5 Prozent nicht erreichte.
Beim aktuellen, zweiten Angebot sorgten Hedgefonds für Unruhe: Aktivistischen Investoren wie Sand Grove kauften stetig Anteile zu, sodass die Hedgefonds Ende November Medienberichten zufolge zwischen 35 und 45 Prozent der Osram-Aktien kontrollierten. Hätten die Hedgefonds mindestens einen Teil ihrer Pakete nicht rechtzeitig angedient, hätte AMS die Mindestannahmeschwelle möglicherweise verfehlt.
AMS muss Akquisitionsfinanzierung einfädeln
Mit dem Erreichen der Mindestannahmeschwelle ist nun die nächste Phase im Übernahmeprozess eingeläutet. Die nächste Hürde auf der Agenda von AMS: Die Akquisitionsfinanzierung. Das Angebot der Österreicher bewertet Osram mit 4,6 Milliarden Euro. AMS stemmt den Deal zunächst über eine Brückenfinanzierung über 4,4 Milliarden Euro.
Einen Teil davon wollen die Österreicher durch eine Kapitalerhöhung über bis zu 1,6 Milliarden Euro ablösen. Diese geplante Kapitalerhöhung will AMS im Januar 2020 auf einer außerordentlichen Hauptversammlung festzurren, teilten die Österreicher mit. Stimmen die Aktionäre zu, will AMS die Kapitalerhöhung im Anschluss daran „zeitnah“ umsetzen.
Wie geht es mit Osram weiter?
AMS will mit der Übernahme von Osram „gemeinsam einen Photonik- und Sensorikchampion von Weltrang auf den Weg bringen“, betonte AMS-Chef Alexander Everke am Freitag. Wie der Plan hierfür konkret aussieht, will AMS „in Kürze“ bekanntgeben. Auf einige Eckpunkte konnten sich die Vorstände von Osram und AMS immerhin schon einigen. Die Österreicher mussten im Zuge der zweiten Offerte einige Zugeständnisse machen, um sich die Unterstützung der Osram-Führung zu sichern.
So will AMS gemeinsam mit Osram einen Verkauf der Osram-Digitalsparte noch einmal überprüfen. Ursprünglich war geplant, die Sparte ganz oder teilweise zu veräußern. Des weiteren will AMS bis 2022 keine fusionsbedingen Kündigungen zulassen. Auch die Aufteilung der Zentralfunktionen haben die beiden Unternehmen schon vereinbart. Zudem soll eine unabhängige Monitorin die Einhaltung der Zusammenschlussvereinbarung überwachen.
Einen anderen Teil des Osram-Portfolios könnte AMS hingegen auf den Prüfstand stellen: Osram unterhält mit dem Automobilzulieferer Continental ein 50/50-Joint-Venture. Das belastete den Konzern jedoch im vergangenen Jahr. Der Konzern musste deshalb eine Wertberichtigung in Höhe von 171 Millionen Euro vornehmen.
Info
Mehr über den Lichtkonzern lesen Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Osram.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.