Newsletter

Abonnements

FINANCE+

Leverest: Was kann die neue Private-Debt-Finanzierungsplattform?

Seit Oktober gibt es mit Leverest eine neue Finanzierungplattform, die den Finanzierungsprozess für Private Equity vereinfachen will. Foto: Sergey Nivens - stock.adobe.com
Seit Oktober gibt es mit Leverest eine neue Finanzierungplattform, die den Finanzierungsprozess für Private Equity vereinfachen will. Foto: Sergey Nivens - stock.adobe.com

Stundenlang Excel-Tabellen befüllen und durcharbeiten, nerviger Ping-Pong-Emailverkehr, um zusätzliche Informationen einzuholen, und zum Teil unübersichtlich viele Beteiligte – so beschreiben Jan Moritz Hohn, Ex-Investmentmanager bei Avedon Capital Partners, und Janik Bold, Ex-Debt-Advisor bei GCA Altium, ihre Erfahrungen bei einem üblichen Debt-Finanzierungsprozess für Private-Equity-Transaktionen.

Schnell kam bei beiden die Frage auf: Geht das nicht einfacher? Ihre Antwort: Ja, indem man den größtenteils manuellen Prozess (zum Teil) digitalisiert. Daher machten sich Hohn und Bold selbständig und gründeten die Finanzierungsplattform Leverest. Ihr Versprechen: Leverest soll den Finanzierungsprozess für alle Beteiligen – Private-Equity-Investoren, Banken, Debt-Fonds und Debt-Berater – effizienter machen. Wie kann das gelingen?

So funktioniert die Debt-Plattform Leverest

Die Idee der Plattform ist simpel: Private-Equity-Investoren und auch Portfoliofirmen können sich auf Leverest kostenlos registrieren und dort ihre Transaktionen und ihren Finanzierungsbedarf eintragen – angepasst an den jeweiligen Vertraulichkeitsstatus der Transaktion. Die potentiellen Finanzierungsgeber wiederum können ein eigenes Profil mit ihren Finanzierungsanforderungen erstellen – ebenfalls nach einer kostenfreien Registrierung. Alle Daten werden Leverest zufolge in einem sicheren Datenraum gesammelt und zur Verfügung gestellt.

Leverest erstellt dann auf der Grundlage der eingegebenen Daten beider Parteien einen sogenannten Relevance-Score. Anhand dieser Kennzahl können die Finanzinvestoren einerseits erkennen, welche Finanzierungspartner für ihre Projekte am ehesten geeignet sind – oder überhaupt in Frage kommen. Banken und Debt-Fonds sehen andererseits die ausgeschriebenen Projekte und können sich für die Themen bewerben, die sie interessieren. Darüber hinaus bietet die Plattform aber auch einen geschützten Datenraum, um Dokumente zu teilen, sowie eine Chat-Funktion, um mit den anderen Parteien in den direkten Austausch zu treten.

Ranking der potentiellen Finanzierungpartner aus Sicht des Private-Equity-Investors. Foto: Leverest

Leverest will noch mehr Parteien auf die Plattform heben

Die Plattform, die im Oktober dieses Jahres an den Start gegangen ist, findet vor allem Gefallen bei Finanziers. „Sehr viele Banken und Debt-Fonds sowie einige regionale Anbieter wie Sparkassen sind bereits registriert“, so Janik Bold. Dem Berater zufolge kann man bereits jetzt über Leverest mit allen relevanten Finanzierungsparteien in Deutschland in Kontakt treten. Eine genaue Zahl der angeschlossenen Finanziers geben die Berater allerdings preis.

Die Anzahl der angeschlossenen Private-Equity-Fonds will Leverest im kommenden Jahr deutlich ausbauen. Aktuell benutzt nach eigenen Angaben eine zweistellige Anzahl an Finanzinvestoren Leverest – von geschätzt rund 500 Häusern. Eine erste Akquisitionsfinanzierung für eine Plattformtransaktion im Engineering-Sektor im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich wurde bereits über Leverest abgewickelt.

Das ist die Gebührenstruktur von Leverest

Die Gründer versprechen, dass der Debt-Advisory-Prozess durch die Nutzung von Leverest nicht nur effizienter, sondern auch günstiger wird. „Die Nutzer entrichten in Abhängigkeit vom Transaktionsvolumen eine Basisgebühr. Hinzu kommt ein zusätzliches erfolgsbasiertes Honorar“, erklärt Gründer Hohn. Benötigt ein Kunde zusätzliche Dienstleistungen, werden diese separat abgerechnet. Konkrete Details zur Kostenstruktur nennt Leverest auf Nachfrage von FINANCE nicht.

„Ich schätze, dass die Nutzung der Digitalplattform Leverest den Prozess zwei- bis viermal effizienter macht im Vergleich zu einem manuell durchgeführten Finanzierungsprozess“, ordnet Hohn ein. Hinzu kommt aus seiner Sicht, dass durch die effizientere Abwicklung deutlich mehr Transaktionen in derselben Zeit bearbeitet werden können – ein spezieller Vorteil für Debt Advisor, die sich auf diese Weise gar den ein oder anderen Analysten sparen können. Indirekt profitiert so auch der Private-Equity-Investor, wenn dadurch das Honorar für den Finanzierungsberater sinkt, meint Hohn.

Hat Leverest gegründet: Jan Moritz Hohn. Foto: Leverest

Leverest: Überflüssig oder zusätzlicher Mehrwert?

Bislang sind allerdings noch keine Finanzierungsberater auf Leverest registriert. „Debt-Berater auf die Leverest-Plattform zu holen, ist eine unserer wichtigsten Prioritäten im kommenden Jahr“, kündigt Bold an. Doch selbst wenn Finanzierungsberater Leverest künftig nutzen, bleiben sie immer noch Teil des Prozesses, so ist die Plattform konzipiert. Denn spätestens wenn es um die Strukturierung der Transaktion geht, aber auch schon bei Aufgaben, die die Plattform nicht leisten kann, weil sie etwa persönlichen Kontakt fordern, braucht es einen Berater. Daher drängt sich die Frage auf: Wieso brauche ich als Finanzinvestor (noch) eine Plattform, wenn ich weiterhin auf die Beratungsleistung meines Finanzierungsberaters angewiesen bin?

„Unser Ziel ist es, das manuelle Hin und Her vor der eigentlichen Dokumentation der Transaktion zu vereinfachen und die Kommunikation zwischen Finanzinvestor und Finanzierungspartner transparenter zu machen“, so Leverest-Gründer Hohn. Es sei keinesfalls das Ziel, den gesamten Finanzierungsprozess zu digitalisieren und den Finanzierungsberater überflüssig zu machen. Daher sieht sich Leverest auch nicht als Wettbewerber von Investmentbanken und Debt Advisors: „Wir verstehen uns als Infrastrukturanbieter im Private-Debt-Markt und möchten auch genau diese Nische besetzen“, ergänzt Bold.

Leverest will mit Transaktionssicherheit und Kontakten punkten

Profitieren sollen am Ende alle am Prozess beteiligten Parteien. „Der Private-Equity-Investor erhält mehr Transparenz über den eigenen Finanzierungsprozess und kann beliebig viel Prozesshoheit dem Berater überlassen“, nennt Hohn einen Vorteil von Leverest. Außerdem habe der Finanzinvestor perspektivisch Zugang zu allen Spielern im Private-Debt-Geschäft und sei nicht alleine auf das eigene Netzwerk oder das des jeweiligen Debt Advisors angewiesen.

„Auf diese Weise haben die Finanziers die Möglichkeit, auch mal Deals zu begleiten, die normalerweise nicht ganz in ihr Raster passen würden. Und umgekehrt müssen sie keine unzähligen Marketing-Pitches anhören, um dann erst nach dem Erhalt des Info-Memos zu merken, dass der Deal nicht zu ihnen passt“, so Bold. Da die Finanzierungsgeber sich für Transaktionen bewerben können, lassen sich zudem freie Kapazitäten sinnvoll nutzen, so die Leverest-Gründer.

Finanzierungsgeber können sich dafür laut Leverest auf eine gewisse Transaktionssicherheit verlassen. „Wir prüfen alle Transaktionen, die auf unsere Plattform kommen. Das garantiert, dass kein Deal auf unserer Plattform ist, mit dem ein Investor nur ‚Marketsounding‘ machen möchte“, verspricht Bold. Und es gibt noch einen weiteren Vorteil für die Geldgeber: Das „Relevance-Scoring“ zeigt die Wahrscheinlichkeit an, mit der der Finanzierungsgeber zu der jeweiligen Transaktion passt – es findet aber kein Aussortieren statt. Der Private-Equity-Investor bekommt also in seinem Dashboard auch Finanzierungspartner mit einem niedrigen Score angezeigt.

Bei Leverest für Operations & Advisory verantwortlich: Janik Bold. Foto: Leverest

Darüber hinaus erhalten die Nutzer eine Rückmeldung in Echtzeit, ob und unter welchen Bedingungen zusammengearbeitet werden kann. „Auf dem üblichen Weg kann es mehrere Tage dauern, bis das Feedback der Geldgeber eingesammelt und in hübschen Tabellen für den Investor manuell aufbereitet ist“, erinnert sich Bold an seine Zeit bei diversen Finanzinstituten zurück.

Kann Leverest Finanzierungsberater komplett ersetzen?

Leverest hat das Potential Zeit und Kosten einzusparen – doch Nutzer müssen sich bewusst machen, dass die Plattform keinen Finanzierungsberater ersetzen kann, denn sie vereinfacht lediglich einen speziellen Teil des Debt-Finanzierungsprozesses, indem sie ihn digitalisiert. Leverest kann daher aber speziell für Private-Equity-Investoren interessant sein, denen es vorrangig um Schnelligkeit im M&A-Prozess und eine weitere Netzwerkquelle geht – vor allem wenn weitere, auch regionale Finanzierungsgeber sowie Debt Advisors an Leverest angeschlossen werden.

Um künftig eine relevante Plattform im Private-Debt-Markt zu werden, will das junge Unternehmen in den kommenden Monaten neue Teammitglieder einstellen. Aktuell arbeiten bei Leverest fünf Software-Entwickler sowie vier Mitarbeiter, die im Bereich Sales oder Advisory tätig sind und teilweise als Deal-Manager Transaktionen betreuen.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.