Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR hat ihre fünf Prüfungsschwerpunkte für 2017 bekanntgegeben. Für die Unternehmen bedeutet das: Wenn sie sich jetzt an die Erstellung der Jahresabschlüsse machen, müssen sie diese Schwerpunkte ganz besonders im Blick haben.
Dabei handelt es sich wie im vergangenen Jahr auch zum einen um drei Schwerpunktthemen seitens der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Esma sowie um zwei Themen, die die DPR formuliert hat.
Transparenz von Finanzkennzahlen im Fokus
Der erste Schwerpunkt ist sehr weit gefasst, er betrifft die Darstellung der Finanzkennzahlen im Unternehmen. Die zentrale Frage ist: Helfen die Finanzkennzahlen Investoren tatsächlich dabei, die Ertragskraft von Unternehmen richtig einzuschätzen, oder sind sie eher irreführend? So darf es beispielsweise keine einseitige Darstellung durch das Weglassen negativer Einflüsse geben. Unternehmen müssen sich außerdem klar dafür entscheiden, ob sie in der Gewinn- und Verlustrechnung das Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren benutzen – bisher werden die beiden Methoden gern vermischt.
Daneben müssen Unternehmen jetzt besonders aufpassen, welche Posten sie in der GuV als „außerordentlich“ deklarieren. Nicht selten bezeichnen Firmen Restrukturierungskosten als außerordentlich – auch wenn sie schon seit vielen Jahren immer wieder anfallen und damit eigentlich zum regulären Geschäft zählen.
Der zweite Prüfungsschwerpunkt betrifft die Unterscheidung zwischen Fremd- und Eigenkapital. In vielen Fällen werden Finanzinstrumente mal zum Fremdkapital und mal zum Eigenkapital gezählt, je nachdem, wie es den Unternehmen gerade passt. So können Genussrechte, die eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital darstellen, je nach Auslegung unterschiedlich zugeordnet werden. Wichtig ist für die Prüfer des DPR, dass die Zuordnung gut begründet und vor allem einheitlich ist.
DPR nimmt IFRS 15, IFRS 16 und IFRS 9 unter die Lupe
Nicht verwunderlich ist, dass die DPR im Jahr 2017 drittens die neuen Bilanzierungsstandards ins Visier nimmt. Dabei handelt es sich zum einen um IFRS 15, den Standard zur Umsatzrealisierung. Dieser muss zwar erst ab Januar 2018 angewandt werden, die Unternehmen müssen aber schon ab 2017 berichten, mit welchen Auswirkungen auf die Finanzkennzahlen sie rechnen. Konkret geht es um die Folgen auf Vermögenswerte/Schulden, Aufwendungen/Erträge sowie Cashflows. Bereits in diesem Jahr war IFRS 15 im Fokus der DPR. Gut denkbar, dass der neue Standard auch 2018 auf der Agenda sein wird.
Außerdem schauen die Prüfer genauer auf IFRS 16, die neue Regelung zur Leasingbilanzierung. Auch hier widmet die DPR sich vor allem den Angaben zu den erwarteten Auswirkungen, denn IFRS 16 muss erst ab 2019 angewandt werden. Ebenso gilt das für IFRS 9, der die Bilanzierung von Finanzinstrumenten betrifft und erst ab 2018 angewandt werden muss. Dieser Standard trifft vor allem die Banken.
Konsolidierung von Unternehmensanteilen ist ein Dauerbrenner
Viertens legt die DPR 2017 den Fokus auf das Thema Konsolidierung von Unternehmensanteilen – ein Thema, das sie schon vor zwei Jahren auf der Agenda hatte und das offenbar ein Dauerbrenner ist. Besonders aufpassen müssen Unternehmen, bei denen sich die Beherrschungsverhältnisse ändern. Immer wieder kommt es vor, dass Unternehmen die falsche Konsolidierungsmethode (Equity-Methode vs. Fair Value) anwenden. Ein prominenter Fall, der jetzt auch von der DPR geprüft wird, ist der Verlag Bastei Lübbe. Durch einen Verkauf hatte dieser eine Beteiligung nicht mehr konsolidiert, aufgrund der Vertragsausgestaltung war das aber nicht zulässig. Der Verlag hat inzwischen zugegeben, dass die Bilanzierung falsch war.
Das fünfte Thema betrifft die Werthaltigkeit von Sachanlagevermögen. Dieser Punkt steht auf der Agenda, weil die DPR immer wieder die Erfahrung gemacht hat, dass Unternehmen keine Werthaltigkeitstests machen, obwohl es deutliche Hinweise darauf gibt, dass Vermögenswerte an Wert verloren haben.
DPR-Prüfung: Wer sich jetzt in Acht nehmen muss
Für die Unternehmen ist eine Prüfung durch die Bilanzpolizei häufig keine Überraschung. Je nach Größe der Unternehmen gibt es einen festen Turnus, in dem die DPR die Firmen prüft – alle, die erst vor kurzem dran waren, haben also gute Chancen, um die Prüfung herumzukommen. Außerdem nimmt die DPR vor allem die Unternehmen unter die Lupe, bei denen die für 2017 geltenden Prüfungsschwerpunkte eine Rolle spielen könnten, also beispielsweise Unternehmen, die von der Leasingbilanzierung oder von einer veränderten Konsolidierung betroffen sind.
Daneben müssen sich 2017 auch solche Unternehmen in Acht nehmen, die vom Brexit betroffen sind. So will die DPR bei solchen Firmen genau hinsehen, ob sie die Risiken im Lagebericht korrekt darstellen oder mögliche Wertminderungen von Assets in Großbritannien berücksichtigen.
Die DPR bekommt zusätzliche Unterstützung
Trotzdem sollten sich alle anderen jetzt nicht zurücklehnen, denn sie könnten in die sogenannte anlassbezogene Prüfung fallen. In diesem Rahmen prüft die DPR Unternehmen, bei denen ein akuter Verdacht auf Bilanzierungsfehler besteht, unabhängig davon, ob sie erst kürzlich geprüft wurden oder nicht.
Dabei bekommt sie jetzt noch Unterstützung von der neuen Prüferaufsicht APAS, dem Nachfolger der APAK. Die APAS beaufsichtigt die Abschlussprüfer und schaut sich beispielsweise den Ablauf der Wirtschaftsprüfung oder die Dokumentation des Wirtschaftsprüfers an. Wenn ihr dabei etwas auffällt, darf sie das ab sofort an die DPR melden – früher war das nicht erlaubt. Dadurch dürfte die DPR zusätzliche Hinweise zu möglichen Bilanzierungsfehlern erhalten.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.