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Erneut Bilanzierungsfehler bei Paragon

Die Bafin wirft Paragon und der ehemaligen Tochter Voltabox Bilanzierungsfehler vor. Foto: keBu.Medien - stock.adobe.com

Es gibt erneut Ärger beim Automobilzulieferer Paragon: Wie die Finanzaufsicht Bafin gestern bekanntgab, hat sie Fehler in dem Konzernabschluss des Unternehmens für das Jahr 2019 festgestellt. Für Paragon ist es das zweite Mal innerhalb weniger Jahre, dass der Konzern wegen Bilanzierungsfehlern in der Öffentlichkeit steht.

2019 hatte die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) mehrere Fehler in der Bilanz des Jahres 2017 bei dem Unternehmen publik gemacht, unter anderem bei der Ertragssteuer. Die DPR ist im Zuge des Wirecard-Skandals in der Bafin aufgegangen, die nun die Bilanzen kapitalmarktorientierter Unternehmen prüft.

Eine Parallele zu 2019 ist, dass große Teile der von der Bafin festgestellten Fehler in Zusammenhang mit der ehemaligen Konzerntochter Voltabox stehen. Damals hatte die DPR grobe Fehler in der Bilanz des Batterieherstellers bemängelt. In der Zwischenzeit hat sich Paragon zwar im Jahr 2021 von den Anteilen an Voltabox getrennt – im Jahr 2019, auf das sich die nun veröffentlichten Bemängelungen der Bafin beziehen, war Voltabox aber noch Teil des Zulieferer-Konzerns. Paragon hatte damals 60 Prozent an dem börsennotierten Batteriehersteller gehalten.

Die Vorwürfe in der jüngsten Bafin-Mitteilung zu Paragon entsprechen weitgehend fast wortgleich denen, die die Aufsichtsbehörde im Dezember 2022 gegen Voltabox ausgesprochen hat. In der Mitteilung hat die Bafin umfassende Bilanzierungsfehler bei dem Paderborner Unternehmen Voltabox festgestellt. Da Paragon im Jahr 2019 noch Mehrheitseigner von Voltabox war und damit die Geschäftszahlen der Tochter im Konzernabschluss konsolidiert hat, hatte der Konzern diese Bilanzierungsfehler in seinen eigenen Geschäftsbericht übernommen.

Paragon gab Umsatzprognose nicht korrekt an

Konkret nennt die Bafin in ihrer Fehlerfeststellung zu Paragon gleich eine Handvoll Vorwürfe. Einer bezieht sich auf die Umsatzprognose des Konzerns. Paragon sei in der Analyse zur Entwicklung der Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2019 nicht darauf eingegangen, dass die deutlich verfehlte Umsatzprognose beim Konzern und beim Segment Elektromobilität „maßgeblich darauf zurückzuführen ist, dass der geplante Einstieg in den Markt mit Batteriesystem gescheitert ist“, so die Finanzaufsicht.

Hier bezieht sich die Bafin laut Paragon auf deren ehemalige Tochter Voltabox, erklärt der Automobilzulieferer auf Anfrage von FINANCE. Die Aufsichtsbehörde monierte zudem im Dezember, dass die ehemalige Paragon-Tochter das Ausmaß der Prognoseverfehlungen in dem Geschäftsbericht nicht deutlich genug gemacht habe. Auch diesen Vorwurf erhebt die Bafin nun aufgrund der konsolidierten Zahlen gegen Paragon.

Zudem habe Voltabox einen Fehler bei dem adjustierten Ebit gemacht. Der Zulieferer habe hier laut Bafin einen nicht zu berücksichtigenden Gewinn von 9,2 Millionen Euro aus zwei nicht bilanzierten Verkaufstransaktionen inkludiert, „so dass im zusammengefassten Lagebericht unzutreffend ein positiver Einfluss auf die Ertragslage vermittelt wird“.

Paragon ging schon präventiv auf Bafin-Vorwürfe ein

Paragon ging schon in einer Pressemitteilung von Ende Dezember auf die Vorwürfe der Bafin gegenüber Voltabox ein. Das Unternehmen schreibt: „Die Paragon GmbH & Co. KGaA hat im Geschäftsjahr 2019 noch ca. 60 Prozent der Aktien der Voltabox AG gehalten. Aufgrund der sich daraus ergebenden Vollkonsolidierung der Voltabox AG hat die Paragon GmbH & Co. KGaA die von der Voltabox AG seinerzeit gelieferten Zahlen ohne Möglichkeit der Überprüfung in den Konzernabschluss der Paragon GmbH & Co. KGaA in 2019 konsolidiert.“ Daher geht gehe man von einem möglichen Folgeeffekt für den Paragon-Konzernabschluss aus.

Das entspricht auch der Position, die Paragon nun gegenüber FINANCE erläutert hat. Man habe keine Möglichkeit gehabt, die Voltabox-Zahlen zu prüfen, da man als Anteilseigner keine Einblicke in die Finanzkennzahlen der ehemaligen Beteiligung gehabt habe.

31 Millionen Euro zu viel: Umsatz aus 2018 fehlerhaft

Ein weiterer Vorwurf der Bafin: Voltabox und damit auch Paragon hätten den Umsatz im Jahr 2018 in dem Abschluss als zu hoch angegeben – um 31 Millionen Euro. Das war 2018 immerhin ein Sechstel des ausgewiesenen Konzernumsatzes (rund 187 Millionen Euro) des nordrhein-westfälischen Zulieferers. Paragon habe die Umsatzerlöse für verkaufte Batteriemodule falsch angegeben, da der Vertragspartner der Gesellschaft nicht über die Nutzung der Batteriemodule bestimmen konnte und somit keine Verfügungsgewalt erlangt hat.

Als Folge aus dem zu hoch angegebenen Umsatz sei die Gewinnmarge für das Jahr 2018 als zu niedrig angegeben. Die Bafin wirft Paragon vor, die fehlerhaften Umsatzerlöse im Konzernabschluss von 2018 im Konzernabschluss von 2019 nicht korrigiert zu haben.

Der dritte Fehler, den die Bafin festgestellt hat, bezieht sich auf die Verbindlichkeiten des Autozulieferers – dieser Vorwurf richtet sich rein an Paragon. Die Verbindlichkeiten aus der Anleihe 2019/2023 in Höhe von 21 Millionen Schweizer Franken hätte Paragon als kurzfristige Verbindlichkeit ausweisen sollen, das Unternehmen hatte diese aber als langfristige Verbindlichkeiten ausgewiesen. Laut der Bafin handelt es sich um eine kurzfristige Verbindlichkeit, da zum Bilanzstichtag ein Covenant-Bruch der Anleihe vorlag, welcher die Gläubiger zur Fälligstellung des Bonds berechtigt hatte.

Paragon sagte gegenüber FINANCE, es habe sich hier nur um einen „drohenden“ Covenant-Bruch gehandelt. Man habe sich bereits vor dem Bilanzstichtag mit den Anleihegläubigern auf eine Verkürzung der Anleihe-Laufzeit bis 2023 geeinigt, statt wie geplant 2024, damit sei der Covenant-Bruch nicht eingetreten.

Bafin verdonnerte Paragon zu Geldstrafe

Die Geschäftsberichte von Paragon und Voltabox, auf die sich die Bafin in ihrer Fehlerfeststellung bezieht, wurden sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2019 von Baker Tilly geprüft. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüft beide Unternehmen weiterhin und war auch der Abschlussprüfer für die jüngsten Geschäftszahlen beider Konzerne von 2021.

Die Bilanzierungsfehler in den Geschäftsberichten 2017 und 2019 sind nicht die einzigen Themen, bei denen Paragon mit der Aufsicht aneinander geraten ist: Im September verdonnerte die Bafin den Zulieferer bereits zu einer Geldbuße von 75.000 Euro, da Paragon nicht rechtzeitig bekannt gegeben hatte, wann und unter welcher Internetadresse das Unternehmen den Geschäftsbericht für 2020 veröffentlichen würde.

Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.