Nach Corona und dem Ukraine-Krieg stellt nun auch die Inflation deutsche Unternehmen vor große Herausforderungen, lag die Rate lag im Juli doch bei rund 7,5 Prozent. Diese Entwicklung passierte rasant, und wie es weitergeht, ist unbekannt. Für Controller ist es in dieser Zeit umso schwieriger, zu planen und zu steuern – das erschwert auch für CFOs die Kommunikation gegenüber dem Kapitalmarkt. Wie gehen Controller diese schwierige Gemengelage am besten an?
1. Controller müssen sich über Status Quo klar werden
Die größte und zugleich neueste Herausforderung für das Controlling sei, dass exogene Faktoren das Unternehmen treffen, auf die es wenig Einfluss hat, meint Günter Lubos, Mitglied der Geschäftsleitung der Unternehmensberatung Wieselhuber & Partner. Controller sollten sich demnach zunächst die folgenden Fragen stellen: „Wie wirkt sich die Inflation konkret auf das Ergebnis aus? Wo schlägt sie am stärksten zu? Und wie kann man ausreichend dagegen steuern?“
Um das beantworten zu können, sollten Controller sich zunächst damit beschäftigen, wo genau sich die Inflation innerhalb des Unternehmens niederschlagen könnte. „Oft spüren das Unternehmen zum Beispiel bei den Material- und Produktionskosten“, sagt Lubos. Das bedeutet für das Controlling hinsichtlich der oben genannten Fragen Transparenz zu schaffen.
2. Controller müssen kurzfristiger planen
Lubos zufolge sollten sich Unternehmen frühzeitig auf die Inflation vorbereiten und eine Krisenplanung aufstellen, denn tendenziell sei zu erwarten, dass die Thematik zukünftig weiterhin an Relevanz gewinnen werde. „Es ist wichtig, frühzeitig auf die Inflation hinzuweisen, um möglichst schnell Gegenmaßnahmen ergreifen zu können“.

Wie auch schon während der Hochphase der Corona-Pandemie sollten Controller die Frequenz der Planung anpassen. „Es wird immer wichtiger für den Controller, kürzer zu prognostizieren“, meint der Experte. „So können die Mitarbeiter exogene Veränderungen kurzfristiger berücksichtigen.“ Lubos empfiehlt einen Zyklus von zwei bis drei Monaten. So sollten Controller beispielsweise die Materialkosten mithilfe von Durchschnittswerten in einem kürzeren Zyklus aber über einen längeren Zeitraum betrachten.
3. Stärkere Zusammenarbeit mit Produktion und Einkauf
Die Unsicherheiten an den Märkten und schließlich bei den Unternehmen spiegeln sich derzeit auch am Kapitalmarkt wider: So veröffentlichen immer mehr Unternehmen Gewinnwarnungen und Prognoseänderungen, zuletzt zum Beispiel bei Adidas, Fresenius und Fielmann. Dass Unternehmen derzeit oft keine fundierten Prognosen mehr treffen können, hat laut dem Controlling-Experten vor allem zwei Gründe: Auf der einen Seite liege das am Materialmangel für viele Produkte, auf der anderen Seite an der inflations- und mangelbedingten Preissteigerung der Materialien. Um den Auswirkungen entgegenwirken zu können, sollten Controller ihren Fokus verschieben: Vorher hatten Unternehmen oft die Bestandsoptimierung im Sinne niedriger Kapitalbindung ganz oben auf der Agenda.
Jetzt sollte der Schwerpunkt zum einen auf den Produkten liegen, also auf der Verfügbarkeit und den Preisen von Materialien. „Im Hinblick der Verfügbarkeit von Materialien zur Produktherstellung ist unter anderem die Lieferkettensicherheit ein zentraler Aspekt sowie die die Sicherung der prozentualen Deckungsbeitragsqualität, also des Deckungsbeitrags in Relation zum Erlös des Produktes“, meint Lubos. Darüber hinaus müssen sich Controller unter anderem mit der Frage auseinandersetzen, welche personellen Ressourcen und knappen Rohstoffe für die Produkte notwendig seien. Daher sei ein intensiver Austausch mit der Produktion und dem Einkauf essenziell.
4. Vertriebscontrolling wird relevanter
Nicht zuletzt ist jetzt vor allem das Vertriebscontrolling gefordert, wenn es um die Steuerung des Pricing und die Weitergabe von Kostensteigerungen geht. Inflationssensible Kostenarten, wie zum Beispiel Materialkosten, sollten dabei besonders beobachtet werden, wodurch methodisch die Preis-Mengen-Kosten-Analyse für Controller relevanter wird, so Lubos.
Falls sich die Planung des Controllings in eine ganz andere Richtung entwickelt, müssen Controller schnell Gegensteuerungsmaßnehmen entwickeln. „Controller sollten sich dann verstärkt mit der Fragestellung befassen: ‚Wie kompensiere ich die Preissteigerung sowohl auf der Lieferantenseite als auch auf der Vertriebsseite?‘“, empfiehlt der Experte. Controller müssen sich Klarheit darüber verschaffen, wie sich Preisanpassungen auf den Deckungsbeitrag des Produkt- und Kundenportfolio auswirken.
„Das Controlling muss seine Betrachtungsweise ausweiten und eine Vielzahl von Aspekten einbeziehen, die bislang nicht von Bedeutung waren. Nur wer schnellstmöglich resiliente Instrumente etabliert, wird auch im inflationären Umfeld Fuß fassen“, fasst der Lubos zusammen.
jasmin.rehne[at]finance-magazin.de
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.
