Die Coronakrise ändert viele Abläufe im Controlling. So auch die Planung, die in so einer ungewissen Zeit besonders herausfordernd ist. Trotz aller Unabwägbarkeiten müssen Controller den Ablauf der Geschäftsentwicklung aber irgendwie messen und planen.
„Schon jetzt ist zu sehen, dass die Planung schwieriger und aufwendiger geworden ist“, beobachtet Armin Roth, Senior Partner der Management-Beratung Braincourt und Professor für Unternehmenssteuerung an der Hochschule Reutlingen.
1. Trend: Rollierender Forecast statt statischer Planung
Eines kristallisiert sich schon jetzt heraus: Statt länger im Voraus, würde die Mehrheit der Unternehmen aktuell nur für die nächsten zwei, vier oder höchstens sechs Monate detailliert planen, hat Roth beobachtet. „Das ist derzeit der primäre Fokus der Planung“
Damit rückt der rollierende Forecast, bei dem Controller immer periodenweise die Planung anpassen, in den Vordergrund. „Entgegen der statischen Planung, bei der Controller ein Jahr im Voraus planen, können sie so flexibler auf Störfaktoren reagieren. Die Planung wird dann etwa quartalsweise oder monatlich, je nachdem wie volatil die Lage ist, angepasst“, meint Roth.
Auch Frederic Portal, Marketing Product Director Financial Management bei dem Cloudanbieter Workday, hält die statische Planung momentan für wenig hilfreich. Stattdessen findet auch er die kontinuierliche beziehungsweise rollierende Planung sinnvoller. Seiner Meinung nach können Controller mit einer rollierenden Planung „viermal schneller auf Marktveränderungen reagieren als mit einer statischen Planung“.
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Rollierende Planung: bessere Qualität, mehr Aufwand
Wegen der aktuelleren Vorhersage hat die rollierende Planung gerade in der Krise eine bessere „Planungsqualität“, findet Armin Roth von Braincourt. Zudem sei sie im Gegensatz zu der statischen Planung detaillierter und genauer. Dafür sei der Planungsaufwand höher, da Controller statt nur einmal mindestens viermal im Jahr planen und dementsprechend die Planung anpassen müssen. Um den Aufwand zu reduzieren, könnten laut Roth Unternehmen so vorgehen: „Die erste Periode können sie zum Beispiel jeweils sehr detailliert planen, die darauffolgenden eher aggregierter, je nachdem, wie groß die Veränderungen sind.“
Die rollierende Planung kommt in unsicheren Zeiten wie in einer Krise häufig zum Einsatz, so war es auch etwa in der Finanzkrise 2008/2009. „Viele Unternehmen haben nach dem Ende der Krise aber doch auf die weniger aufwendige statische Planung zurückgegriffen“, hat der Braincourt-Berater beobachtet. Er denkt, dies könnte nach dieser Krise wieder geschehen, da viele Unternehmen den Aufwand scheuen würden, eine Ursache/Wirkungsbeziehungs-Analyse durchzuführen, um die wesentlichen Einflussfaktoren und Werttreiber zu identifizieren, welche die Grundlage für eine treiberbasierte Planung wären.
2. Trend: Vielschichtige Szenarioplanung kommt
Als weiteren Trend sehen die Experten die Szenarioplanung, auf die Controller gerade in unsicheren Zeiten setzen. Die Modelle greifen aber nicht nur bei einer Pandemie. „Weil die jetzige Situation gezeigt hat, dass Unternehmen mehr Risiken beachten müssen, wird sich durch die Corona-Pandemie die Anzahl der möglichen Szenarien ändern. Sie werden mehr“, steht für Frederic Portal von Workday fest. Für die Corona-Zeit konkret könnten mögliche Szenarien die folgenden sein: Was passiert, wenn wir 60 Tage lang kein Material bekommen können? Die Mehrheit unserer Belegschaft von zu Hause aus arbeiten muss? Eine unserer Produktionsstätten ausfällt?
„Wie treffgenau ein Modell ist, hängt vom Informationsstand und dem Umfang der Analysen ab“, sagt Armin Roth. Grundsätzlich gelte aber: Lieber ein paar Szenarien mehr als gar keine Szenarien. Sonst erfolge die Unternehmenssteuerung „auf Sicht“ und damit äußerst reaktiv, warnt er.
3. Trend: Corona verändert die Kennzahlen
Den dritten Trend sieht Experte Roth bei der sich verändernden Priorisierung der Kennzahlen im Controlling. Wo vor Corona noch Performance-Kennzahlen wie Return on Investment oder Ebit ganz oben auf der Zielerreichungsliste standen, rücken in einer Krise zusätzlich andere Kennzahlen in den Vordergrund.
„Dafür wird die Kennzahl Cashflow wieder ganz entscheidend“, prognostiziert Portal. Roth sieht hier insbesondere die Auftragseingänge und die Liquidität, die in der Krise bei Unternehmen wieder stärker in dem Fokus stehen. Diese Kennzahlen seien die Frühwarnindikatoren für die zukünftige Auslastung des Unternehmens, der erforderlichen Mitarbeiterstärke und zugleich Eingangsgröße für die kurzfristige Finanzplanung. Besonders in Krisenzeiten habe die Planung und Verfolgung der Liquidität eine sehr hohe Aufmerksamkeit.
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4. Trend: Top Down statt Bottom Up
Nicht zuletzt zeigt sich noch ein weiterer Trend: Laut Braincourt-Partner Roth nutzen jetzt immer mehr Unternehmen eine Top-Down-Planung, bei der das Management um den CFO die Ziele vorgibt. Im Gegensatz dazu steht die Bottom-Up-Planung, bei der die Geschäftseinheiten mit dem Planungsprozess beginnen.
„Top Down wird gerade jetzt favorisiert, da diese Vorgehensweise deutlich schneller ist“, meint Roth – und auf Schnelligkeit und Flexibilität käme es in einer Krise an. Basiert diese Top-Down-Planung auf Werttreibern, kann diese jederzeit situationsbezogen schnell und flexibel angepasst werden.
Info
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Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.