Eigentlich sollte ein SPAC-Börsengang den Höhepunkt der Erfolgsstory des Flugtaxi-Start-ups Volocopter markieren. Da dieser aber vergangenes Jahr platzte, lassen die Bruchsaler nun wieder über Finanzierungsrunden den Klingenbeutel bei ihren Investoren rumgehen. 170 Millionen US-Dollar (umgerechnet 153 Millionen Euro) an frischem Kapital sammelte Volocopter nun im ersten Signing seiner Serie-E-Finanzierungsrunde unter der Leitung des südkoreanischen Investors WP Investment ein.
WP Investments ist als Investor neu an Bord, ebenso Honeywell. Auch bestehende Investoren haben mitgezogen, darunter das italienische Infrastrukturunternehmen Atlantia, die Investmentgesellschaft Whysol oder die Venture-Capital-Gesellschaft Btov Partners, erklärt Volocopter in der Mitteilung. Das Kapital solle für die Zertifizierung der elektrischen Lufttaxis und der Markteinführung in ersten Städten weltweit verwendet werden.
Volocopter hat fast 500 Millionen Euro eingesammelt
Schon vor der jüngsten Finanzierungsrunde hatte das Unternehmen mit einer Bewertung von rund 1,5 Milliarden Euro die für Start-ups magische Einhorn-Marke geknackt. Die Liste der Investoren ist ebenso international wie namhaft – darauf stehen unter anderem die Bahn-Tochter DB Schenker, Mercedes, der chinesische Autobauer Geely, das US-Chiphersteller Intel und die Beteiligungsgesellschaft Blackrock.
Insgesamt hat der selbsternannte „Pionier urbaner Flugmobilität“ 495 Millionen Euro eingesammelt. Die größten Finanzierungsrunden starteten 2019, angefangen mit einer Serie-C-Finanzspritze von 50 Millionen Euro im Jahr 2019 – bereits hier stieg Geely ein. Im vergangenen Jahr flossen weitere 87 Millionen Euro in einer Erweiterung der Serie C, unter anderem von DB Schenker und Mitsui Sumitoto Insurance. Bei einer Serie-D-Finanzierung, die dem Start-up 200 Millionen Euro in die Kasse spülte, beteiligte sich auch der Autozulieferer Continental. Auch die Finanzinvestoren Blackrock und Avala Capital, Atlantia sowie das japanische Tech-Unternehmen NTT und der ebenfalls japanische Leasingspezialist Tokyo Century investierten in diesem Zuge in Volocopter.
Volocopter sucht einen CFO
Doch zuletzt geriet der Höhenflieger der Start-up-Szene ins Straucheln. 2021 wollte CEO Florian Reuter Volocopter mit der Firmenhülle New Vista Acquisition des früheren Boeing-Chefs Dennis Muilenburg verschmelzen und an die New Yorker Börse Nasdaq bringen. Der SPAC-Deal platzte im Dezember vergangenen Jahres. Als Grund für den Rückzieher wurden schlechte Marktbedingungen angegeben.
Kurz darauf behauptete das „Manager Magazin“ unter Berufung auf Insider, dass CEO Reuter angezählt sei – für ihn werde bereits ein Nachfolger gesucht. Reuter ist allerdings bis heute nach wie vor im Amt. Ein Posten wird aber definitiv nachbesetzt: Seit vergangenem Herbst ist René Griemens nicht mehr CFO des Unternehmens. Er hatte IPO-Know-how mitgebracht, kam er doch von Kreditech, wo es sein Auftrag gewesen war, die Finanzabteilung des Fintechs börsenfähig zu machen. Vor wenigen Tagen gab er bekannt, neuer CFO des in San Francisco ansässigen Construction-Tech-Spezialisten Mighty Buildings zu sein, der Häuser mit Hilfe von 3D-Druck-Verfahren errichtet.
Griemens‘ Nachfolger, CCO Christian Bauer, ist nur interimistisch als Finanzchef auf der Seite von Volocopter aufgeführt. Auf FINANCE-Nachfrage erklärte das Unternehmen, dass die Suche für einen Nachfolger nach wie vor laufe. Der Posten soll demnach mit einem externen Kandidaten besetzt werden.
Volocopter-Börsengang ist nicht vom Tisch
Komplett verabschiedet hat sich das Flugtaxi-Unternehmen von der Idee eines IPOs aber offenbar nicht, wenn man den Worten von Interims-CFO Christian Bauer glaubt. Dieser betont, dass Volocopter Partnerschaften mit starken Investoren aus der ganzen Welt pflege, „was uns hervorragende Mittel gibt, unseren Ansatz weiterzuverfolgen (…) noch bevor wir an die Börse gehen“, so der Finanzchef bei der Verkündung der Series-E-Finanzierung.
Bis dahin geht Volocopter offenbar den altbewährten Weg über Finanzierungsrunden. Wie Stefan Klocke, der Vorsitzende des Beirats und Miteigentümer des Start-ups Anfang des Jahres im Südwestrundfunk zitiert wird, wolle Volocopter noch in diesem Frühjahr zwischen 300 und 500 Millionen Euro bei Investoren einsammeln. Der erste Schritt dahin ist nun getan.
melanie.ehmann[at]finance-magazin.de
Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.