Der Sommer ist vorbei, doch Alba hat keinen Investor für sein China-Geschäft gefunden. Das hochverschuldete Berliner Unternehmen hatte im Frühjahr in Aussicht gestellt, einen Partner für sein Geschäft in China mit Hilfe der Investmentbank Rothschild zu finden. „Im Sommer wollen wir unterschreiben“, kündigte Co-Konzernchef Axel Schweitzer noch im April gegenüber dem Handelsblatt an. Doch auch in dieser Woche konnte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage von FINANCE keinen konkreten Zeitpunkt für einen Abschluss nennen.
Fast eineinhalb Jahre sind vergangen, seit das angeschlagene Entsorgungs- und Recyclingunternehmen erklärt hatte, sich Investoren öffnen zu wollen. Ziemlich genau vor einem Jahr bezog CFO Markus Guthoff noch gegenüber FINANCE Stellung: „Der Prozess läuft vollkommen plangemäß. Wie bereits im April angekündigt, gehen wir aufgrund der Komplexität und des uns entgegengebrachten Interesses davon aus, dass es bis mindestens Frühjahr 2016 dauert, den richtigen Partner auszuwählen.“
Im April dieses Jahres erklärte Alba dann, dass mehrere Investoren gesucht würden: zum einen für das China-Geschäft, zum anderen für die rentable Dienstleistungssparte Alba SE (vormals Interseroh). Eigentümer Axel Schweitzer kann sich sogar vorstellen, jeweils die Mehrheit abzugeben. Beide Töchter zählen zu den Filetstücken des Familienunternehmens.
Alba-Anleihe gibt wieder nach
Dass die verschiedenen M&A-Prozesse einfach nicht zu konkreten Ergebnissen kommen, führt nun auch zur Unruhe im Investorenkreis von Alba. Seit einigen Wochen schon bröckelt der Kurs der Alba-Anleihe immer weiter ab und liegt derzeit bei 89 – Anfang September waren es noch 94. Auch die Ratingagentur Standard&Poor’s ist skeptisch und bewertet die Anleihe schon seit längerem nur mit CCC+, also im hochspekulativen Bereich. Das hat ein Volumen von 203 Millionen Euro und wird im Mai 2018 fällig. Mit 8 Prozent ist der Kupon stattlich. Der Absturz deutlich unter den Nennwert treibt die Ablaufrendite deutlich in den zweistelligen Bereich.
Banken überdenken ihr Engagement bei Alba
Auch den finanzierenden Banken bereitet das Alba-Engagement wenig Freude. Die Geldhäuser erwarten einen zeitigen Abschluss der angekündigten Deals. Priorität hat auch die Suche nach einem Investor für die Servicesparte. Für diesen M&A-Prozess hat Alba Lazard mandatiert und verspricht Ergebnisse bis Jahresende. Auffällig für Beobachter, dass dafür nicht auch Rothschild engagiert wurde.
Die Banken bauen derweil schon eine Drohkulisse auf. Als Ultima Ratio kommt für eine von FINANCE befragte internationale Bank auch der Kreditverkauf in Betracht, wenn die Verkäufe nicht bestimmt Summen zur Entschuldung einspielen. „Wir prüfen für den Fall,ob wir uns von Krediten trennen“, sagte ein hochrangiger Banker gegenüber FINANCE in der aktuellen Zeitschrift. Bislang habe man sich aber immer noch dagegen entschieden, um kein falsches Signal über den Umgang der eigenen Bank mit kriselnden Unternehmen auszusenden.
Außerdem haben die Banken kein Interesse daran, die Lage ihres Kreditnehmers noch zusätzlich zu verschärfen. Ihr Darlehen über 200 Millionen Euro kann zwar vorzeitig gekündigt werden, falls Alba sich nicht an Absprachen hält. Aber im Oktober 2017 läuft es ohnehin aus – noch lange, bevor die Hochzinsanleihe zur Rückzahlung ansteht. Indiz dafür, dass die Banken noch nicht bereit sind, bei Alba ernst zu machen: Nach Informationen aus Frankfurter Finanzkreisen haben die Geldhäuser bisher noch keinen gemeinsamen Berater mandatiert, es fehlt also der koordinierte Auftritt.
Alba steuert in die Richtung des Krisenfalls Scholz
Trotzdem steuert Alba langsam auf eine ähnlich prekäre Lage zu wie der Schrottrecycler Scholz im Frühjahr. Bei den Schwaben, die ähnlich wie Alba unter dem Preisverfall an den Rohstoffmärkten und einem zu stürmischen Wachstum in den 2000er-Jahren leiden, hatten wesentliche Hausbanken lange auf einen Kreditverkauf verzichtet.
Als im Frühjahr eine Übernahme durch den Private-Equity-Investor KKR bereits ausgemachte Sache schien, kam es zum einem Husarenstück über die Debt-Seite: Der an der Börse in Hongkong gelistete chinesische Altmetall-Recycler Chiho Tiande übernahm die wesentlichen Schulden von Scholz, die er nach der Übernahmen zu großen teilen erließ. Die Chinesen zahlten den Banken weniger als 50 Prozent des Nennwerts. Die Zeichner einer 182,5-Millionen-Euro-Anleihe müssen sogar auf mehr als 90 Prozent ihres Einsatzes verzichten. Am Ende verlor die Eigentümerfamilie Scholz ihre Beteiligung an dem Familienunternehmen.
Noch scheint es bei Alba zu früh zu sein für eine derart radikale Lösung wie bei Scholz. Doch die Zeit läuft den Berlinern langsam davon. Ewig werden die Manager ihre Investoren und Banken nicht vertrösten können.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.