AEG Power Solutions will die finanzielle Restrukturierung durchsetzen: Am morgigen Mittwoch stimmen die Gläubiger der 100-Millionen-Euro-Mittelstandsanleihe über den Plan ab, den das Management um CFO und CRO Jeffrey Casper vorgelegt hat. Das Konzept vom 19. März sieht einen Debt-to-Equity-Swap über 50 Prozent des ausstehenden Anleihenennwerts, die Emission eines neuen Bonds über 50 Millionen Euro, eine Barkapitalerhöhung über 4 Millionen Euro sowie eine operative Restrukturierung vor.
Mit den operativen Aufräumarbeiten hat das Unternehmen bereits begonnen: Anfang Januar schickte das Unternehmen den defizitären Standort in Frankreich in die Insolvenz. Drei Wochen später trennte man sich vom Modulgeschäft für Regeltechnik, das nicht mehr zum Kerngeschäft zählt. Beide Entscheidungen spülten außerdem dringend benötigte frische Liquidität in die Kassen. Offenbar reicht dies jedoch nicht aus, den seit vergangenen Oktober im Raum stehenden Haircut bei der Mittelstandsanleihe abzuwenden. Im Dezember hatte der neue Eigentümer Dirk Wolfertz ein Kreditereignis noch in buchstäblich letzter Sekunde abgewendet. Für die finanzielle Restrukturierung will sich das Unternehmen nun heute die Zustimmung der Anleihegläubiger einholen.
Gläubigerversammlung: Beobachter rechnen mit Verlängerung
„Mein Eindruck ist, dass der Plan von den Anleihegläubigern durchweg positiv aufgenommen wurde“, sagt Frank Günther von One Square Advisors. Die Restrukturierungsberatung hat den Anleihegläubigern von AEG Power ebenso wie die Anlegerschutzkanzlei Nieding + Barth die Wahrnehmung ihrer Interesse bei der Gläubigerversammlung angeboten. Einen höheren zweistelligen Prozentsatz der Gläubiger habe das Unternehmen bereits hinter sich bringen können, so Günther. Das Unternehmen selbst spricht von „bedeutenden institutionellen Investoren“, die den Restrukturierungsplan unterstützen.
Der Großteil der AEG-Anleihe liegt jedoch bei Privatanlegern. Beobachter bezweifeln deshalb, dass die notwendige Anwesenheit von 50 Prozent der Stimmberechtigten bei der heutigen Versammlung erreicht wird. In diesem Fall wäre die Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig.
Dass die Quote bei der ersten Abstimmung nicht erreicht wird, ist nicht ungewöhnlich: Solarworld musste gleich eine Vielzahl an Versammlungen hinter sich bringen, um den Schuldenschnitt durchzuboxen. Bei dem Modeunternehmen Strenesse gelang es in der ersten Versammlung zwar knapp – allerdings vor allem deshalb, weil die Anleihe im Rahmen einer Privatplatzierung bei institutionellen Anlegern platziert worden war.
AEG Power kennt Last-Minute-Entscheidungen
Wie schwierig es ist, die Privatanleger zu aktivieren, musste auch AEG Power bereits erleben: Bei einer Gläubigerversammlung Ende November, als die Anleihezeichner über die Stundung der Zinszahlung abstimmen sollten, wurde die notwendige Anwesenheit von 50 Prozent nicht erreicht. Sollte das Quorum bei der morgigen Versammlung nicht erreicht werden, müsste AEG Power eine zweite Gläubigerversammlung einberufen. Dort würde die Anwesenheit von mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten ausreichen, um beschlussfähig zu sein.
Beobachter gehen fest davon aus, dass dieser Anteil erreicht werden würden: Aus dem Umfeld des Unternehmens ist zu hören, dass bei der Gläubigerversammlung Ende November mehr als 25 Prozent der Stimmberechtigten zugegen waren. Eine zweite Gläubigerversammlung von AEG Power Solutions könnte dann bereits Ende April, Anfang Mai stattfinden. Dort würde es für das Unternehmen dann wirklich um alles gehen: Eine dritte Abstimmung ist laut Schuldverschreibungsgesetz nicht möglich.
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