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Die Finanzierung von VBH wackelt

Firmengebäude von VBH: Der neue syndizierte Kredit des Handelskonzerns läuft nur bis 2017. Zudem sind die Covenants in Gefahr.
VBH Holding

Finanzchef Jürgen Kassel stehen schwere Monate bevor: Der Anfang April zum CEO und CFO in Personalunion aufgestiegene Manager muss das baden-württembergische Traditionsunternehmen VBH vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit retten.

VBH ist ein Händler für Türen- und Fensterbeschläge und durchläuft eine tiefgreifende Restrukturierung. Das frühere SDax-Mitglied, dass sich zu 90 Prozent im Besitz der Investoren Ascalon, Adwian und Lisoma befindet, leidet massiv unter dem Wirtschaftseinbruch in Russland, einem der wichtigsten Absatzmärkte. Die für VBH wichtige Bauwirtschaft in der GUS-Region ist davon besonders getroffen.

Der Umsatz des Unternehmens ist von 2011 bis 2015 um knapp ein Viertel auf etwas mehr als 600 Millionen Euro gesunken, 2015 wurde ein Vorsteuerverlust von 1,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Eigenkapitalquote liegt bei 31,5 Prozent.

Auf VBH lastet zudem ein enormer Schuldenberg: Die Nettoverschuldung von VBH beläuft sich auf 53,3 Millionen Euro, bei einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von gerade einmal 9 Millionen Euro. Die daraus resultierende Nettoverschuldung von 6x Ebitda ist ein sehr hoher Wert.

VBHs neuer Konsortialkredit läuft nur bis 2017

Die schwache Performance bringt offenbar auch die Finanzierung von VBH ins Wanken, wie aus dem Risikoteil des jüngst veröffentlichten Geschäftsberichts hervorgeht. Die finanzierenden Banken BW-Bank Stuttgart, HSBC Trinkaus & Burkhardt, die Kreissparkassen Böblingen und Ludwigsburg sowie die IKB gewährten VBH nur eine kurze Verlängerung des Konsortialkredits über 100 Millionen Euro. Das neue Darlehen läuft lediglich bis zum 31. Dezember 2017. Der Kredit ist aber die zentrale Finanzierungsquelle der Baden-Württemberger und „substanziell für den Fortbestand der Gruppe“, schreibt das Unternehmen.

Die neue Kreditvereinbarung beinhaltet auch Financial Covenants, unter anderem Untergrenzen für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) und zur Eigenkapitalquote. Auch eine Investitionsbeschränkung (Capex) ist enthalten. Im Geschäftsbericht räumt das Unternehmen ein, dass es „VBH unter Umständen nicht möglich sein könnte, die beschriebenen Finanzkennzahlen über die volle Kreditlaufzeit einzuhalten“.

Bei einem Covenant-Bruch könnten die Banken von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Wo die entscheidenden Covenant-Werte liegen und welche Möglichkeiten das Unternehmen bei einem Kreditausfall noch hätte, wollte VBH auf FINANCE-Anfrage nicht mitteilen.

Die Banken sind damit das Zünglein an der Waage: Mit hoher Wahrscheinlichkeit benötigt VBH im Laufe des Jahres auch eine langfristige Refinanzierung, um die Ablösung der Kreditlinie möglich zu machen.

Eigentümer stärken Eigenkapital von VBH

Zunächst muss VBH aber die Einhaltung der Covenants sicherstellen, dafür hat CEO/CFO Jürgen Kassel schon Vorkehrungen getroffen. Gemeinsam mit den Eigentümern Ascalon, Adwian und Lisoma hat er das Eigenkapital mit einer Barkapitalerhöhung über 26 Millionen Euro im Herbst 2015 wieder auf über 30 Prozent der Bilanzsumme gestärkt. Ende 2014 hatte die Eigenkapitalquote nur bei 21,7 Prozent gelegen.

Hinter den Eignern verbergen sich Viktor Trenev (Ascalon), der den russischen VBH-Konkurrenten TBM besitzt, und die Investoren Frank Wieland (Adwian) und Eike Mathiessen (Lisoma). Insbesondere Trenev wird ein strategisches und kein rein finanzielles Interesse an VBH nachgesagt.

Die Gesellschafter mussten auch einer Zins- und Tilgungsstundung für ein Darlehen in Höhe von 9 Millionen Euro zustimmen, um dessen Fälligkeit hinter jene der kurzfristigen Kreditlinie zu hieven – offenbar eine Auflage der Banken, die sich ob des hohen Schuldenstands Sorgen um ihre Kreditzusagen machen dürften. Immerhin hat die Kapitalerhöhung den Schuldenberg etwas schrumpfen lassen: 2014 lagen die Nettoschulden noch bei 75 Millionen Euro im Vergleich zu 53,3 Millionen Euro Ende 2015.

VBH hat auch operative Maßnahmen zur Sanierung eingeleitet, etwa die Zusammenführung aller Lager in einem Zentrallager. Vorstandschef Kassel muss dort aber einen Dominoeffekt befürchten: Das Scheitern einer Kostensenkungsmaßnahme könne auch andere Vorkehrungen erschweren oder „unmöglich“ machen, schreibt VBH.

Jürgen Kassel hat VBH schon einmal gerettet

Trotz der schwierigen Lage gibt es für VBH Grund zur Hoffnung: Eine Unternehmensberatung hat der VBH-Gruppe ein Gutachten ausgestellt, wonach die Sanierung mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ möglich sei.

Zudem hat Vorstand Jürgen Kassel mit VBH eine ähnliche Situation schon einmal erfolgreich durchgestanden: Bereits von 2001 bis 2007 war er VBH-CFO. Auch damals war das Unternehmen von der Pleite bedroht, doch Kassel gelang die Neuordnung der Schulden. Seit 2013 ist der Sanierer wieder zurück bei dem Handelskonzern. Er muss ihn ein zweites Mal retten.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.