Der Maschinen- und Anlagenbaukonzern Dürr hat das derzeitige Marktumfeld genutzt und eine Anleihe am Euro-Bondmarkt platziert. Über die ungeratete Anleihe hat Dürr 300 Millionen Euro eingesammelt. Das Wertpapier läuft sieben Jahre, wird mit 2,875 Prozent verzinst und ist nicht vorzeitig kündbar. Unternehmensangaben zufolge lag das Orderbuch der nicht nachrangigen Anleihe trotz des niedrigen Kupons bei stolzen 1,2 Milliarden Euro und war damit um das Vierfache überzeichnet. Das ist besonders für einen Bond ohne Rating eine ordentliche Hausnummer.
Die Transaktion ist für den Lackieranlagenbauer bereits die dritte Anleiheemission. „Nach der Hochzinsanleihe im Jahr 2004 und der Mittelstandsanleihe im Jahr 2010 ist die neue Anleihe allerdings die erste am Euro-Bondmarkt“, sagt Ralph Heuwing, Finanzvorstand von Dürr, zu FINANCE. „Die sehr erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung von Dürr in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass unsere Kreditqualität mittlerweile als Investmentgrade gesehen wird.“ Dies habe Dürr ermöglicht, trotz des im Vergleich zur Benchmark geringeren Volumens den Euro-Bondmarkt zu nutzen.
Info
Anleihen-Trio von Dürr
2004: Hochzinsanleihe über 200 Millionen Euro, Kupon: 9,75 Prozent, Laufzeit bis 2011
2010: Mittelstandsanleihe über 225 Millionen Euro, Kupon: 7,25 Prozent, Laufzeit bis 2015
2014: Euro-Anleihe über 300 Millionen Euro, Kupon: 2,875 Prozent, Laufzeit bis 2019
Der Zeitpunkt war für Dürr günstig: Der Maschinen- und Anlagenbaukonzern hat vor zwei Wochen die Bilanz vorgelegt und konnte erneut Rekordwerte beim Ergebnis und Cashflow zeigen. 2013 erzielte Dürr bei einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro ein Ebit von 203 Millionen Euro „Da sich der Bondmarkt nach wie vor in exzellenter Verfassung zeigt, hielten wir das Timing für ideal“, sagt Heuwing. Bookrunner der Emission waren die HSBC und die Deutsche Bank.
Dürr-Anleihe: erster deutscher ungeratete Bond 2014
Die von Dürr gerade platzierte Anleihe ist der erste deutsche ungeratete Bond in diesem Jahr. Es dürfte wohl auch nicht der letzte gewesen sein: „Die Investoren haben weiterhin sehr hohe Liquidität“, sagt Ingo Nolden, Co-Head of Debt Capital Markets bei der HSBC in Deutschland. „Sie sind an einer intakten Credit Story interessiert und suchen Anlagemöglichkeiten.“ Der Banker rät deshalb soliden Unternehmen, sich dieses Instrument als Finanzierungsalternative anzuschauen.
„Ein limitierender Faktor kann aber ein zu kleines Emissionsvolumen sein, da insbesondere institutionelle Investoren liquide Anleihen bevorzugen“, sagt Nolden. Dürr liegt mit seinem Gesamtvolumen zwar unterhalb einer Benchmark-Anleihe, jedoch akzeptieren Investoren mittlerweile durchaus sogenannte „Sub-Benchmark“-Volumina in Größenordnungen von mindestens 200 bis 250 Millionen Euro.
Der Maschinen- und Anlagenbaukonzern Dürr hatte zwischen 2004 und 2010 ein offizielles Rating bei zwei Agenturen. „Für uns waren damals mehrere Aspekte ausschlaggebend für die Entscheidung, die Verträge mit den Ratingagenturen S&P und Moody’s zu kündigen“, sagt CFO Heuwing. „Die Ratingentscheidungen lagen häufig ein oder zwei Notches unter der rechnerisch ermittelten Kreditqualität. Die Ratingeinstufungen folgten den Verbesserungen unserer Kreditqualität zum Teil mit größerer Verzögerung, und Investoren vertrauten neben der Ratinganalyse zunehmend auch eigenen Einschätzungen.“ Aus Sicht von Dürr habe sich daran nichts Grundlegendes verändert.
Auch andere Unternehmen im MDax verzichten auf Ratings. „Der Erfolg unserer Emission zeigt, dass das fehlende Rating nicht als Defizit angesehen wurde“, sagt Heuwing. Der Anleihe liegt eine Investmentgraderating-Dokumentation zugrunde.
Heuwing: „Mittelstandsanleihesegment nicht wie erwartet entwickelt“
2010 hatte Dürr als einer der ersten Emittenten am neuentstandenen Markt für Mittelstandsanleihen 225 Millionen Euro eingeworben. Dieses Segment hat sich inzwischen einen doch eher fragwürdigen Ruf errungen. Bei den Mittelstandsanleihen reiht sich inzwischen ein Ausfall an den nächsten, 15 Pleiten gibt es schon zu verzeichnen.
Dürr-CFO Heuwing sieht die Mittelstandsanleihensegmente differenziert: „Wir haben uns mit der Mittelstandsanleihe dem deutschen Retail- und Private-Wealth-Markt zugewendet und eine loyale Investorenbasis erschlossen, die sich auch jetzt wieder für die neue Anleihe interessierte.“ Das sei also durchaus positiv zu werten. „Das Mittelstandsanleihesegment hat sich aber leider nicht in der von uns erwarteten Form entwickelt, sondern viele Emittenten mit minderer Kreditqualität angezogen“, fügt Heuwing hinzu. „Wir hätten uns von den Marktbeteiligten mehr Sorgfalt in der Emittentenauswahl gewünscht.“
Über die Euro-Anleihe ist es Dürr aber auch noch einmal gelungen, die Investorenbasis zu verbreitern. Rund 30 Prozent der Investoren kommen beispielsweise aus Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und den Benelux-Ländern. Zudem haben überwiegend Versicherer und Fondsmanager die Anleihe gezeichnet. „In den vergangenen Jahren stammten Investoren von unrated Bonds vorwiegend aus Deutschland und hier insbesondere aus dem „Private-Wealth-Bereich“. Die breite internationale Platzierung der Dürr-Anleihe bei institutionellen Investoren unterstreicht somit die Weiterentwicklung dieses Marktsegments“, sagt HSBC-Experte Nolden.
Ein Großteil des Emissionserlöses aus der aktuellen Euro-Anleihe-Emission will Dürr nun dazu nutzen, die bestehende Mittelstandsanleihe abzulösen. Über den genauen Zeitpunkt der Ablösung hat Dürr aber noch keine Entscheidung getroffen, frühestmöglicher Termin ist aber der 28. September 2014. Die restlichen Mittel sollen dazu eingesetzt werden, den Konzern weiterzuentwickeln. „Dafür stehen auch Akquisitionen auf der Agenda“, sagt Heuwing.
Erhöhter Kreditrahmen für die nächsten Jahre
Vor der Anleiheemission hat Dürr im Rahmen eines Club Deals einen neuen Konsortialkredit abgeschlossen. Dieser hat ein Gesamtvolumen von ebenfalls 300 Millionen Euro, läuft bis 2019 und kann ohne zusätzliche Kosten um bis zu zwei Jahre bis 2021 verlängert werden. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die Commerzbank waren Koordinatoren der Transaktion. Auch die Deutsche Bank, die HypoVereinsbank und die KfW sind wie bei der bisherigen Kreditvereinbarung wieder mit an Bord. Neu im Konsortium ist die HSBC.
Mit dem neuen Kredit löst Dürr einen laufenden Konsortialkredit über 230 Millionen Euro, der 2015 fällig geworden wäre, vorzeitig ab. Der neue syndizierte Kredit diene zur allgemeinen Unternehmensfinanzierung, heißt es. Er besteht aus einer Barlinie über 100 Millionen Euro und einer Avallinie über 200 Millionen Euro, die Dürr für Bürgschaften und Garantien im operativen Geschäft nutzt. Der bisherige Kreditvertrag setzte sich aus einer Barlinie über 50 Millionen Euro und einer Avallinie über 180 Millionen Euro zusammen.
Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.