Der Spezialchemiekonzern Evonik will zur Finanzierung des geplanten Zukaufs des Silica-Geschäfts von JM Huber Geld am Kapitalmarkt einsammeln. Dazu wollen die Essener erstmals in der Firmengeschichte eine Hybridanleihe platzieren, das Volumen soll eine halbe Milliarde Euro betragen. Die Laufzeit des Bonds beträgt 60 Jahre, das Unternehmen kann 2022 das Papier zum ersten Mal zurückzahlen. Der Zinskupon wird bei 2,125 Prozent liegen. Deutsche Bank, Bank of America Merrill Lynch, Citi und Credit Suisse wurden mit der Platzierung der Anleihe, die eine Mischung und Eigen- und Fremdkapital ist, beauftragt. Der Zeitpunkt der Emission ist noch offen.
Mit der Begebung der Hybridanleihe will Finanzchefin Ute Wolf die negativen Effekte auf die Bilanz, die durch den Zukauf entstehen, abfedern. „Durch ihre Nachrangigkeit gegenüber anderen Finanzverbindlichkeiten und eine 50-prozentige Bewertung als Eigenkapital seitens der Ratingagenturen würde die erstmalige Begebung einer Hybridanleihe das solide Investment-Grade-Rating unterstützen“, so der MDax-Konzern in einer Pressemitteilung.
Evoniks Nettofinanzverschuldung hat sich stark erhöht
Evonik zahlt für das Silica-Geschäft 630 Millionen US-Dollar (rund 560 Millionen Euro). Die Eigenkapitalquote der Essener hatte sich im ersten Quartal gegenüber dem Jahresende nur leicht von 39,5 auf 39,2 Prozent verringert. Die Nettofinanzverschuldung hingegen hatte sich durch den Zukauf des Spezialadditiv-Geschäfts des US-Konzerns Air Products – der größte Deal der Unternehmensgeschichte – auf 2,3 Milliarden Euro erhöht. Zum Jahresende hatte Evonik noch ein Nettofinanzguthaben von 1,1 Milliarden Euro ausgewiesen.
Evonik wird aktuell von Moody’s und S&P mit Baa1 beziehungsweise BBB+ jeweils mit stabilem Ausblick bewertet. Der Konzern erwartet, dass die Hybridanleihe mit Baa3 beziehungsweise BBB- zwei Stufen unter dem Unternehmensrating bewertet wird, was immer noch einem Investment-Grade-Rating entsprechen würde.
Evonik rüstet sich für weitere Übernahmen
Der partielle Eigenkapitalcharakter des Hybrids dürfte dazu beitragen, dass sich die Bonität von Evonik im Zuge der Zukäufe nicht nennenswert verschlechtert. Finanzchefin Wolf, der neue Evonik-Chef Christian Kullmann und Aufsichtsratschef Werner Müller haben abgesehen davon angekündigt, dass Evonik gerne weiter zukaufen möchte, auch größere Übernahmen seien denkbar. Für derartige Deals bietet die Hybridanleihe eine bilanzielle Grundlage.
Evonik hat vor rund einem Jahr ein Rating-Upgrade erhalten, direkt im Anschluss an die Ankündigung des Air-Products-Zukaufs für 3,5 Milliarden Euro. Obwohl klar war, dass der Zukauf die Verschuldung in die Höhe treiben würde, argumentierte die Agentur Moody’s damit, dass der finanzielle Aufwand durch Steuerersparnisse von mehr als 400 Millionen Euro gesenkt werde. Die Akquisition überzeugte die Ratingagentur aber auch aus strategischer Sicht, da sie das Marktrisiko von Evonik diversifiziert.
Info
Lesen Sie alles über die bisherigen Karriereschritte von Evonik-CFO Ute Wolf in ihrem Profil bei FINANCE-Köpfe.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.