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Factoring: Erst Rekordhoch, jetzt Corona-Einbruch?

Factoring war auch im Jahr 2019 ein wichtiges Finanzierungsinstrument für CFOs.
Sarinyapinngam/iStock/Getty Images

2019 sah die Factoring-Welt noch sehr rosig aus: Die Umsatzzahlen der Mitglieder des Deutschen Factoring Verbandes (DFV) sind im vergangenen Jahr um 14 Prozent auf 275,6 Milliarden Euro gewachsen. Es ist der höchste Zuwachs seit 2011, damals wuchs das Factoring um 18,9 Prozent. Das zeigt die Jahresbilanz des Verbands, der nach eigenen Angaben über 98 Prozent des deutschen Marktes abbildet.

Für das rasante Wachstum im vergangenen Jahr war hauptsächlich das erste Halbjahr verantwortlich – in diesem Zeitraum verzeichnete der Verband bereits ein Umsatzplus von 12 Prozent. Der zweite Faktor, der für das Wachstum verantwortlich war: Im vergangenen Jahr konnte der Verband eine Vielzahl an Kunden gewinnen. Mittlerweile nutzen nach Angaben des DFV 90.300 Kunden Factoring als Finanzierungsform – das sind mehr als doppelt so viele Kunden wie in 2018.

Gesundheitswesen nutzt mehr Factoring

Der starke Anstieg der Neukunden hatte 2019 auch eine Verschiebung bei den Schwerpunktbranchen zur Folge: Auf Rang zwei – direkt nach den klassischen Factoring-Kunden aus dem Handel und der Handelsvermittlung mit knapp 20 Prozent Marktanteil – rangiert nun mit 13,2 Prozent Marktanteil das Gesundheitswesen. Noch vor zehn Jahren lag diese Branche innerhalb des DFV auf Rang zehn. Der Dienstleistungssektor wurde dementsprechend mit 8,1 Prozent Marktanteil vom zweiten auf den dritten Platz verdrängt.

Mit Blick auf die Kundenstruktur zeigt sich aber ein ähnlicher Trend wie schon in den Vorjahren: Immer mehr Mittelständler nutzen Factoring für kleinere Forderungsvolumina. 2019 haben 93,5 Prozent der Kunden Volumina von bis zu 10 Millionen Euro finanziert (Vorjahr: 92,2 Prozent). 4,5 Prozent der Unternehmen machten einen Factoring-Umsatz zwischen 10 bis 50 Millionen Euro. Lediglich 2 Prozent der Unternehmen machten einen Factoring-Umsatz zwischen 50 und 250 Millionen Euro – das sind die Großunternehmen und Konzerne.

DFV: Coronakrise bedeutet Zäsur für Factoring

Seit Jahren zeigten die Factoring-Umsätze nur nach oben – doch das dürfte jetzt vorerst vorbei sein. Die Mitglieder des Deutschen Factoring Verbandes gehen davon aus, dass der Factoring-Markt bedingt durch die Ausbreitung des Coronavirus in diesem Jahr deutlich einbrechen wird. 40 Prozent der Mitglieder erwarten, dass sich der Factoring-Markt hierzulande nur „ausreichend“ entwickeln wird. Dass der Markt sich „mangelhaft“ oder „ungenügend“ entwickeln wird, schätzen 13 Prozent der Mitglieder. Die Aussichten seien so „dramatisch“ wie in keiner Ergebung zuvor, heißt es in der Mitteilung des Verbands.

Die Bedenken der DFV-Mitglieder sind wohl berechtigt. Denn einerseits rücken in der Krise alternative Finanzierungen wie das Factoring wieder stärker in den Blickpunkt. Doch weniger Geschäft bedingt durch die Coronakrise bedeutet auch weniger Forderungsvolumen – zumal die Factoring-Anbieter auch nur Forderungen annehmen, bei denen sie eine Begleichung für wahrscheinlich halten.

Optimistisch sind immerhin knapp ein Drittel der Befragten: Sie rechnen mit „guten“ oder „besseren“ Aussichten für 2020. Rund 20 Prozent der Mitglieder bewerten die Aussichten für das Factoring mit „befriedigend“. Etwas Trost versucht der Verband mit Blick auf die Finanzkrise 2008 und 2009 zu spenden, als viele Unternehmen Factoring als alternative Finanzierung für sich entdeckten und dem Instrument auch nach der Krise treu geblieben sind. Wer jetzt die Krise überstehe, könne von einem „sicherlich auf Kundenseite perspektivisch wieder nachfragegesteigerten Factoring-Markt“ profitieren.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Info

Alles über die wichtigsten Anbieter, Personalwechsel und Marktzahlen erfahren Sie auf unserer Themenseite zum Factoring. Wie sich der deutsche Factoring-Markt entwickelt, zeigt diese Factoring-Studie der Universität zu Köln. Mehr zu den Auswirkungen der Coronakrise auf die Corporate-Finance-Welt lesen Sie auf der Themenseite zum Coronavirus.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.