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FINANCE-Schuldschein-Update: Kaum noch Jumbo-Deals

Dem Gabelstaplerhersteller Kion gelang die bislang größte Schuldscheinemission des Jahres 2017.
Kion Group AG

Der Boom am Schuldscheinmarkt schwächt sich etwas ab: In den ersten sechs Monaten haben Unternehmen Papiere im Wert von 12,2 Milliarden Euro platziert. Davon entfallen lediglich 6,7 Milliarden Euro auf das zweite Quartal – 5 Prozent weniger als im ersten Quartal des Jahres. Das geht aus dem aktuellen Schuldschein-Marktüberblick von Thomson Reuters LPC hervor, den der Datendienstleister für FINANCE vierteljährlich exklusiv aufbereitet, und der hier heruntergeladen werden kann.

Im ersten Halbjahr 2016 hatte das Emissionsvolumen noch bei 14,4 Milliarden Euro gelegen. Allerdings war das vergangene Jahr für den Schuldschein in jeglicher Hinsicht ein Rekordjahr. Experten hatten deshalb bereits damit gerechnet, dass der Markt dieses Jahr nicht an die Volumina von 2016 wird anknüpfen können.

Von einem Ende des Booms zu sprechen, wäre allerdings verfrüht: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre lag das Emissionsvolumen im ersten Halbjahr nur 2016 höher. Die Anzahl der Transaktionen toppte im ersten Halbjahr 2017 mit 74 Deals den vergleichbaren Vorjahreszeitraum sogar deutlich, als 60 Schuldscheine platziert wurden.

Kion platziert größten Schuldschein im ersten Halbjahr

Der Rückgang im Volumen liegt also vor allem daran, dass die Zahl der Jumbo-Schuldscheine sinkt. Während im ersten Halbjahr 2016 acht Emittenten mindestens 500 Millionen Euro am Schuldscheinmarkt einsammelten, waren es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres lediglich sechs Unternehmen. Im schwächeren zweiten Quartal gab es sogar nur eine Transaktion, die ein Volumen von mehr als einer halben Milliarde hat: Der Medienkonzern Axel Springer platzierte im Mai einen 636-Millionen-Euro-schweren Schuldschein.

Die Emission, die CFO Julian Deutz eingefädelt hat, war zugleich die fünftgrößte Emission im bisherigen Jahr. Die Rangliste führt der Gabelstaplerhersteller Kion an. CFO Thomas Toepfer platzierte im Februar einen Schuldschein über gut 1 Milliarde Euro.  Es folgen die ebenfalls zu Jahresauftakt platzierten Papiere von Fresenius (1 Milliarde Euro), Volkswagen (900 Millionen Euro) und der Lufthansa (660 Millionen Euro). Zum Vergleich: 2016 war der Schuldschein der Aldi-Süd-Tochter Hofer mit 1,6 Milliarden Euro die größte Transaktion.

Ausländische Emittenten erobern Schuldscheinmarkt

Unter den zehn größten Schuldscheinemissionen des ersten Halbjahres finden sich Thomson Reuters zufolge mit der österreichischen Bahngesellschaft ÖBB und dem österreichischen Maschinen- und Anlagenbauer Andritz auch zwei ausländische Unternehmen. Das urdeutsche Finanzierungsinstrument gewinnt bereits seit längerem bei ausländischen CFOs an Beliebtheit. Noch nie war das jedoch so deutlich wie im ersten Halbjahr 2017: Laut der Ratingagentur Scope steuerten nicht-deutsche Emittenten in diesem Zeitraum die Hälfte der Schuldscheinemissionen bei. 

Waren es früher vor allem österreichische, Schweizer und französische Unternehmen, zapften zuletzt auch polnische, russische, tschechische und ungarische Firmen den Schuldscheinmarkt an. Auch daraus erklärt sich die steigende Anzahl an Transaktionen mit niedrigerem Emissionsvolumen.

Scope: Risikoaufschläge für Schuldscheine auf Rekordtief

In einem weiteren Punkt übertrumpft das Halbjahr 2017 das Rekordjahr 2016: Die Finanzchefs, die im ersten Halbjahr Schuldscheine platzieren, durften sich über die bis dato besten Konditionen überhaupt freuen. Für fünfjährige Euro-Schuldscheine mussten die Emittenten in den ersten sechs Monaten im Schnitt einen Risikoaufschlag von gerade einmal 118 Basispunkten zahlen, hat Scope errechnet. 2016 waren es laut der Ratingagentur im Schnitt noch 138 Basispunkte.

Exemplarisch für diesen Trend steht die Emission des Medizintechnikherstellers B.Braun, die am Markt für Furore sorgte: Finanzchefin Annette Beller sammelte 400 Millionen Euro ein. Die kürzeste Tranche über sechs Jahre wurde der Finanznachrichtenplattform „Global Capital“ zufolge bei einer Preisspanne von 50 bis 60 Basispunkten platziert. Es wäre ein Rekord für einen ungerateten Mittelständler.

In den Marktdaten von Thomson Reuters ist der Schuldschein des Familienunternehmens noch nicht erfasst, da die Transaktion dem Datenanbieter zufolge erst am 7. Juli geclosed wurde.

LBBW baut Marktführerschaft bei Schuldscheinen aus

Unter den Banken profitiert besonders die LBBW von den aktuellen Entwicklungen am Schuldscheinmarkt, wie ein Blick auf die Bookrunner League Tables von Thomson Reuters zeigt: Die Landesbank konnte ihren Marktanteil in den ersten sechs Monaten des Jahres gemessen am Volumen auf 22,2 Prozent ausbauen. Von den 74 Deals haben die Stuttgarter 27 betreut. Im Gesamtjahr 2016 deckte die LBBW 21,3 Prozent des Schuldscheinmarktes ab.

Hinter dem Marktführer klafft eine große Lücke: Auf Platz 2 folgt mit 12,6 Prozent und 21 begleiteten Transaktionen die BayernLB. Die drittplatzierte HSBC verbesserte sich gegenüber 2016 um vier Plätze und kommt nun auf einen Marktanteil von 10,6 Prozent. Abgestürzt ist dagegen die Helaba, die mit 8,9 Prozent nur noch auf Rang vier rangiert.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Hinweis: In der ursprünglichen Version des Textes wurde das Schuldscheinvolumen im ersten Halbjahr 2017 mit 12,2 Milliarden Euro sowie 5,1 Milliarden Euro im zweiten Quartal angegeben. Die Zahl der Deals wurde ursprünglich mit 63 angegeben. Diese Angaben hat Thomson Reuters später korrigiert. Grund war ein Datenbankfehler. In der Folge haben sich auch die begleiteten Deals sowie die Volumina in den League Tables verändert.

Info

Wie sich das Emissionsvolumen entwickelt, und wer die Top-Transaktionen am Schuldscheinmarkt emittiert und begleitet hat, erfahren Sie vierteljährlich im FINANCE-Schuldschein-Update, das registrierte MeinFINANCE-Nutzer im Bereich FINANCE-Research kostenlos herunterladen können.

Mehr Informationen über laufende Marktentwicklungen und einzelne Transaktionen finden Sie auf unserer Themenseite Schuldschein.