Die Insolvenz des Immobilienunternehmens Golden Gate entwickelt sich zum Krimi. FINANCE-Informationen zufolge plant die Münchener Rechtsanwaltskanzlei Mayrhofer & Partner, der Treuhänder für die Gläubiger der inzwischen ausgefallenen Mittelstandsanleihe, wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs, der Insolvenzverschleppung und der Untreue bei der Staatsanwaltschaft München Strafanzeige gegen den Anfang Oktober abgetretenen früheren Golden-Gate-Chef Uwe Rampold zu stellen.
Aufgabe von Mayrhofer war es, ein Treuhandkonto zu überwachen, auf das die laufenden Mieteinnahmen aus einer Immobilie in Leipzig – einem früheren Bundeswehrkrankenhaus – fließen sollten. Aus diesen Mitteln sollte der jährliche Zinskupon für die Mittelstandsanleihe in Höhe von 1,95 Millionen Euro bezahlt werden. Dafür wären freilich Zahlungseingänge von mehr als 150.000 Euro monatlich notwendig gewesen, doch laut Aussage von Mayrhofer & Partner gegenüber FINANCE habe der Zahlungseingang schon seit langem bei lediglich 82.000 Euro im Monat gelegen. Der Treuhänder vermutet daher, dass dieser Betrag den aktuellen Mieteinnahmen der Immobilie entspricht. Bereits im vergangenen Jahr habe Golden Gate die fehlende Summe für die Zinszahlungen aus anderen liquiden Mitteln des Konzerns ausgeglichen.
Seit März dieses Jahres sollen die Zahlungseingänge auf das Treuhandkonto nach Darstellung des Treuhänders gänzlich ausgeblieben sein. Rampold habe der Kanzlei gegenüber zugesagt, wie im Vorjahr die notwendigen Mittel für die Kuponzahlung zu beschaffen, erklärt Kanzleichef Thomas Mayrhofer. Rampold habe seine Zusagen jedoch nicht eingehalten.
Treuhandkonto: Wohin wurden die Gelder transferiert?
Die Situation ist für die Gläubiger der 30 Millionen Euro umfassenden Mittelstandsanleihe doppelt bitter, weil die niedrigen Mieterlöse aus Leipzig auch den Wert der Immobilie mindern, die den Bondgläubigern als Sicherheit dient. Im jüngsten vorliegenden Geschäftsbericht von Golden Gate per 30. Juni 2013 wird der Verkehrswert des ehemaligen Bundeswehrkrankenhauses mit 30,75 Millionen Euro angegeben. Bei Mieterträgen von lediglich rund 1 Million Euro pro Jahr dürfte der tatsächliche Wert aber wohl eher bei 10 bis 15 Millionen Euro liegen.
Noch im jüngsten vorliegenden Halbjahresabschluss von Golden Gate (zum 31.Dezember 2013) wurde der Wert des gesamten Immobilienbesitzes von Rampold auf 40,7 Millionen Euro beziffert, 17,5 Millionen Euro mehr als ein halbes Jahr zuvor. Diese Angabe könnte nun Anlass für die drohende Strafanzeige gegen Rampold sein, denn die Insolvenz weckt Zweifel daran, dass die zuletzt bilanzierten Wertansätze zutreffend sind. Weiterhin offen ist, wo die Mieterlöse der Leipziger Immobilie aus den vergangenen Monaten geblieben sind. Seit März wurde laut Mayrhofer nichts mehr auf das Treuhandkonto eingezahlt.
Juristisch fraglich ist, ob die Verantwortlichen bei Golden Gate das Recht hatten, die Mietzahlungen auf ein anderes Konto als das Treuhandkonto zu leiten. Und auch für die Mieter könnte dies zum Problem werden: Es ist nicht sicher, dass eine Mietzahlung auf ein anderes Konto den Mieter – in erster Linie die Bundeswehr – tatsächlich von der Mietschuld befreit. Rampold wollte sich auf FINANCE-Anfrage zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht äußern und verwies stattdessen auf den Insolvenzverwalter und die neue Geschäftsführung von Golden Gate.
Rampolds Vermögen: „In gewissem Umfang plausibel“
Völlig im Dunkeln liegen auch die tatsächlichen Vermögensverhältnisse von Rampold, der eine Patronatserklärung für die Mittelstandsanleihe abgegeben hat. Inzwischen gibt es erhebliche Zweifel an der Werthaltigkeit von Rampolds Patronatserklärung. Zum Zeitpunkt der Emission der Mittelstandsanleihe im Frühjahr 2011 besaß Rampold FINANCE-Informationen zufolge ein Vermögen in Höhe von rund 180 Millionen Euro. Unter anderem soll Rampold eine wertvolle Wohnung in München-Bogenhausen und Immobilien auf Mallorca besitzen. Zudem hat Rampold viele Jahre lang erfolgreich Investments im Shipping-Sektor getätigt, von denen sich möglicherweise noch immer einige in seinem Besitz befinden.
Zumindest scheint Rampold noch im Frühjahr gegenüber Wirtschaftsprüfern entsprechende Angaben gemacht zu haben. Anfang Mai stützte die Ratingagentur Creditreform ihre Bonitätseinstufung des Unternehmens von „B“ explizit auf eine „durch den Wirtschaftsprüfer aufgestellte Vermögenssituation von Uwe Rampold“, welche die Creditreform „in gewissem Umfang“ für plausibel hielt. Den Jahresabschluss 2012/13 hatte die WP-Gesellschaft Roever Broenner Susat testiert, die aus „standesrechtlichen Gründen“ eine FINANCE-Anfrage zum Thema Golden Gate unbeantwortet ließ. Den Namen des Hauses, das Rampolds Vermögensdarstellung geprüft hat, möchte die Creditreform unter Verweis auf Vertraulichkeitsvereinbarungen nicht nennen.
Sollte Rampold nicht in der Lage sein, seine Patronatszusage einzuhalten, wären die Recovery-Aussichten für die Bondgläubiger schlecht. Dem in der Bilanz dargestellten und in der Höhe ohnehin umstrittenen Immobilienvermögen von 40,7 Millionen Euro standen zuletzt neben den 30 Millionen Euro Anleiheschulden auch noch Bankverbindlichkeiten in Höhe von 7,5 Millionen Euro gegenüber. Daneben gibt es nur noch einen zweiten wesentlichen Vermögenswert: Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen in Höhe von 14,1 Millionen Euro, wovon 13,7 Millionen Euro als Darlehen bezeichnet werden.
Steubing-Fonds hat sich von Golden Gate-Anleihen getrennt
Im Zusammenhang mit der Emission der Mittelstandsanleihe, die letztlich zu dem für die Anleger möglicherweise bittere Kapitalmarktintermezzo von Golden Gate geführt hat, waren auch noch andere namhafte Häuser beteiligt.
Als Emissionsberater fungierte Blättchen & Partner, Emissionsbank war Steubing. Im Mai hat sich der Mittelstandsanleihe-Fonds von Steubing – eigenen Aussagen zufolge im Anschluss an die aktualisierte Rating-Einschätzung der Creditreform – von der zuvor recht umfangreichen Position an Golden-Gate-Anleihen getrennt, wie ein Sprecher der Bank FINANCE gegenüber bestätigte – rückblickend ein gutes Timing, denn der große Kursrutsch setzte erst im August ein. Inzwischen ist die Mittelstandsanleihe auf rund 20 Prozent des Nennwerts abgestürzt.