Eigentlich sind die Finanzierungsbedingungen am Anleihemarkt gerade ideal: Die Zinsen sind für Großkonzerne niedrig, die Nachfrage ist groß. Dennoch ist für die Deutsche Lufthansa eine Benchmark-Transaktion am Euro-Markt geplatzt. Die Fluggesellschaft konnte sich mit den Investoren nicht auf einen angemessenen Preis einigen. Die Lufthansa ist damit das erste Unternehmen seit fast einem Jahr, das eine geplante Transaktion in diesem Stadium am Euro-Markt abgeblasen hat.
Lufthansa bot für die Anleihe über 500 Millionen Euro einen Spread von 95 Basispunkten über Midswap. Den Investoren war das zu wenig. Das Dax-Unternehmen werde die Anleihe zu einem späteren Zeitpunkt platzieren, teilte ein Sprecher des Unternehmens mit.
S&P setzt Rating-Ausblick von Lufthansa auf negativ
Ein Grund für die wachsende Zurückhaltung der Investoren könnte darin liegen, dass Standard & Poor’s Mitte September den Ausblick des Ratings, das bei BBB- liegt, auf negativ gesenkt hat. Die Agentur erwartet, dass die operative Performance der Fluggesellschaft in diesem Jahr unter den Erwartungen liegen werde. Dazu kommt ein weiterhin hoher Preisdruck auf die gesamte Luftfahrtbranche.
Hinzu kommen neue Nachrichten über mögliche Streiks sowie die noch offenen Verhandlungen über den Leasing-Vertrag über 40 Flugzeuge von Air Berlin. Der Trubel um die Airline könnte vor allem bei größeren Privat-Investoren zur Zurückhaltung führen, die Marktkreisen zufolge in der Investorengruppe von Lufthansa eine wichtige Rolle spielen. Bisher war es der Fluggesellschaft aufgrund ihres guten Namens häufig gelungen, Konditionen für ihre Bonds zu erhalten, die deutlich besser waren als es das Rating vermuten ließ.
Ein Indikator für den Druck, der auf der Branche lastet, lässt sich in Asien erkennen. Dort hat die Fluggesellschaft Korean Air Lines laut Bloomberg-Informationen Abstand von einer neuen Dollar-Emission genommen.
NordLB zieht ebenfalls Bond-Emission zurück
Die Lufthansa ist in dieser Woche nicht der einzige deutsche Emittent, der kurzfristig eine Bondemission absagt. Die NordLB wollte am heutigen Dienstag eine siebenjährige Anleihe platzieren. Das Initial Price Offering soll bei 90 Basispunkten über dem Midswap gelegen haben, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Auch hier war die Investorennachfrage nicht groß genug, um den Bond in der geplanten Größe, die nicht bekannt ist, zu platzieren. In Finanzkreisen gelten unter anderem die Nachrichten um die Deutsche Bank als einer der Gründe für die Schwierigkeiten bei der Emission. Es kursieren Spekulationen über eine Kapitalerhöhung bei der Bank, die ihre Bilanz entlasten muss.
Branchenspezifische Schwierigkeiten
Insgesamt seien die ersten zwei Tage der Woche am Euro-Anleihemarkt von den Nachrichten um die Großbank beeinflusst gewesen, heißt es aus Marktkreisen. Investoren verhielten sich zurückhaltend. Dennoch sehen Bondexperten den Markt nach wie vor als stabil an. Dafür sorgt nicht zuletzt die Europäische Zentralbank mit ihrem Kaufprogramm für Corporate Bonds. Die Zentralbank hat zuletzt ihr Engagement am Primärmarkt verstärkt.
Allerdings deuten die geplatzten Emissionen möglicherweise einen Sinneswandel bei den Investoren an. Die hohe Aktivität am Anleihemarkt und die vielen milliardenschweren Neuemissionen erlauben es ihnen, wieder etwas wählerischer bei ihren Käufen vorzugehen und sich die Preise weniger stark diktieren zu lassen.
antonia.koegler[at]finance-magazin.de
Info
Gewinnwarnungen, ein Streik nach dem nächsten, ein groß angelegter Konzernumbau – und jetzt auch noch das Coronavirus: Die Lufthansa ist im Krisenmodus. Wie die größte deutsche Airline um die Wende ringt, lesen Sie auf unserer Themenseite zur Lufthansa.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.