Im August 2017 läuft die Mittelstandsanleihe über 10 Millionen Euro aus, die der österreichische Mittelständler Sanochemia 2012 begeben hat. Am gestrigen Mittwoch machte das Unternehmen den Bondholdern bereits ein Rückkaufangebot für 103 Prozent des Nennbetrags. Damit läutet das Pharmaunternehmen, das einen Umsatz von rund 35 Millionen Euro macht, den Abschied vom Mini-Bond-Markt ein. Es wird für die Wiener die erste und vorerst letzte Mittelstandsanleihe sein.
CFO Stefan Welzig, der seit 1998 für das börsennotierte Unternehmen tätig ist und auch den Bereich Produktion und Technik verantwortet, geht diesmal für die Refinanzierung einen anderen Weg. Er verlässt das in Verruf geratene Marktsegment und platziert stattdessen ein Schuldscheindarlehen. Damit liegt er ganz im Trend, der Schuldscheinmarkt ist auch in diesem Jahr wieder auf Rekordkurs.
Mit dem Debütschuldschein von 7 Millionen Euro gehört Sanochemia auch in diesem Markt zu den kleineren Emittenten. Das Papier ist mit einer Hypothek auf ein Grundstück besichert und wurde an mehrere Banken verkauft. Die genauen Konditionen teilt der Finanzchef nicht mit, doch sie dürften deutlich unter dem liegen, was Sanochemia für den Mini-Bond zahlt. Der wird mit 7,75 Prozent pro Jahr verzinst. Die verbleibenden 3 Millionen Euro, die nicht durch den Schuldschein refinanziert werden, deckt Welzig mit einem neuen bilateralen Kredit ab.
CFO Stefan Welzig: Refinanzierung über Anleihe wäre deutlich teurer
Sanochemia prüfte unterschiedliche Wege zur Refinanzierung. Eine Kapitalerhöhung kam aufgrund des aktuellen Aktienkurses nicht in Frage, berichtet Welzig. Die Aktie der Wiener hatte sich nie von den Krisen der Vorjahre – dem Einbruch des Neuen Markts und den Folgen der Finanzkrise – erholt. Seit langem liegt der Kurs zwischen 1 und 2 Euro, der Ausgabepreis lag 1999 bei 21,50 Euro.
Eine Umtauschanleihe oder eine neue Anleihe waren zwar prinzipiell denkbar. „Die Situation mit German Pellets hat aber den Markt mehr oder weniger lahm gelegt“, sagt Stefan Welzig. Der prominente Pleitefall des Mini-Bond-Emittenten wird die Bondgläubiger viel kosten. Und treibt Emittenten wie Sanochemia aus dem Markt. „Der angeschlagene Ruf der KMU-Anleihen hätte eine Refinanzierung über eine Anleihe wesentlich teurer gemacht“, so Welzig.
Sanochemia gehört im Hinblick auf den Bondkurs zu den stabilen Kandidaten in dem Segment. Der Kurs liegt stetig bei rund 100 Prozent. Nur Ende 2014 sackte er schlagartig auf rund 66 Prozent ab und erholte sich erst im März 2015 wieder. Schuld war das schlechte Jahresergebnis: Sanochemia machte in dem Geschäftsjahr rund 3,6 Millionen Euro Verlust, schaffte im darauffolgenden Jahr jedoch wieder den Sprung zurück in die Gewinnzone. Die gerade abgeschlossene Refinanzierung führte im September zudem zu einem Rating-Upgrade von Creditreform auf B mit stabilem Ausblick, obwohl die Profitabilität des Unternehmens weiterhin unterdurchschnittlich sei.
Mehr Risikokontrolle bei Mittelstandsanleihen notwendig
Stefan Welzig kann sich vorstellen, bei einer Stabilisierung des Mini-Bond-Markts auch wieder eine Mittelstandsanleihe zu begeben. „Von der Idee her ist es positiv, um auch kleineren Unternehmen Finanzierungen – andere als über Banken – zu ermöglichen.“ Solange die Zahl der Ausfälle auch gute Unternehmen in Mitleidenschaft zieht, will Welzig allerdings nicht an den Markt zurückkehren. Er fordert deshalb in Zukunft eine erhöhte Risikokontrolle, zum Beispiel durch ein einheitliches Monitoring.
Die Diskussionen um eine Verbesserung der Kontrollmechanismen gibt es schon lange. Als Vorbild wird der skandinavische High-Yield-Markt gehandelt. Dort herrschen strengere Marktstandards. Auf den großen Wurf müssen Emittenten und Investoren aber warten. Zudem wird es wohl eine Weile dauern, bis das Segment sich von dem Schaden erholt hat, den die teilweise dubiosen Pleitefälle an dem Markt verursacht haben. Immerhin ist das Thema mittlerweile auch im Bundestag angekommen.
Info
Pleiten, Pech und Pannen der anderen Emittenten treiben Sanochemia aus dem Mini-Bondsegment. Bleiben Sie auf dem Laufenden über die aktuellen Entwicklungen mit der FINANCE-Themenseite Mittelstandsanleihen.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.