German Pellets, Singulus und Steilmann – die Liste der Emittenten von Mittelstandsanleihen, die pleite sind oder ihren Gläubigern einen Forderungsverzicht abringen mussten, ist lang. Da man schon mal den Überblick verlieren kann, hat Patrimonium, ein alternativer Finanzierungsanbieter mit Sitz in Baar (Schweiz), die Entwicklung seit 2010 statistisch ausgewertet.
„Wir sind bei 173 Mittelstandsanleihen auf ein Marktvolumen von insgesamt 6,8 Milliarden Euro gekommen“, sagt Daniel C. Heine, Managing Director Private Debt bei der Patrimonium Asset Management. „Von diesem Volumen sind bereits rund 23 Prozent ausgefallen.“ Bei der Auswertung hat Patrimonium große Platzierungen wie die von Air Berlin nicht berücksichtigt. Es wurden auch keine angrenzenden Assetklassen wie Schuldscheine oder Genussrechte einbezogen.
Ganz besonders gebeutelt sind die Erneuerbaren Energien. Unternehmen aus diesem Sektor machen nach der Analyse mit 1,1 Milliarden Euro 16,2 Prozent des Gesamtmarktes aus. „Nach unseren Erkenntnissen sind stolze 68 Prozent der Emittenten aus der Energiebranche ausgefallen“, erklärt Heine. Auch für noch übrigen Unternehmen aus anderen Branchen dürfte eine Refinanzierung schwierig werden. „Viele Unternehmen sind überschuldet und bräuchten eher Eigenkapital“, erklärt Heine und unterstreicht den Eindruck, dass Mittelstandsanleihen in der Finanzstruktur falsch eingesetzt wurden.
Patrimonium: Mini-Bonds über 500 Millionen Euro ausfallgefährdet
Fatal: Bei den Insolvenzen ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. „Wir rechnen mit weiteren Defaults in Höhe von 500 Millionen Euro“, sagt Heine. Viele Unternehmen seien angezählt, wie auch FINANCE bei der Zusammenstellung der Daten für seine Watchlist im vergangenen Sommer festgestellt hat. In einem weiteren Punkt hat Heine beobachtet: „Bei den Ausfällen haben wir keinen Zusammenhang mit der Höhe des Kupons festgestellt.“ Sprich: Bei Mittelstandsanleihen gab es kein risikoadäquates Pricing.
Insbesondere die Refinanzierung wird viele Emittenten vor große Herausforderungen stellen: Laut Patrimonium steht der Höhepunkt der Refinanzierungswelle im Jahr 2018 bevor, wenn insgesamt 41 Mittelstandsanleihen mit einem Volumen von rund 1,4 Milliarden Euro fällig sind. Nach Heines Auffassung wird sich der Markt spalten: Einerseits gebe es diejenigen, die signifikant überschuldet seien und für die es deswegen sehr schwierig werde. Auf der anderen Seite stehen „wirklich sehr gute Unternehmen, die trotzdem Probleme haben, bestehende Anleihen zu refinanzieren“.
Debt-Fonds könnten Mittelstandsanleihen ersetzen
Hier sieht Heine auch für das eigene Debt-Fonds-Angebot Chancen. Durch eine Ablösung mit Fremdkapital aus den Fonds entstehe ein bilaterales Verhältnis, Darlehensverträge könne man besser auf die unternehmerische Situation anpassen als bei den relativ starren Anleihen. Dafür führt der Debt Fonds allerdings auch eine Due Diligence – sprich eine tiefe Prüfung des Geschäftsmodells – durch und durchleuchtet die Situation somit wesentlich genauer als die bisherigen Käufer der Mittelstandsanleihen, häufig kleine Vermögensverwalter und Privatanleger.
Laut Heine müssten sich Mini-Bond-Emittenten, denen eine Anschlussfinanzierung über den Bondmarkt trotz einer ordentlichen Unternehmensentwicklung schwerfällt, immerhin nicht groß umstellen: Kupons in der Spanne von 6 Prozent bis 9 Prozent, die sich bei Mittelstandsanleihen eingebürgert haben, seien je nach Situation durchaus auch bei einer Debt-Fonds-Finanzierung realistisch. Eine jüngst auf der von FINANCE veranstalteten „Deutschen Distressed-Assets-Konferenz“ durchgeführte Umfrage kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Debt Fonds in vielen Fällen Mittelstandsanleihen ablösen könnten. Konkret hat Patrimonium sich bereits an der Refinanzierung der Anleihe von Joh. Friedrich Behrens beteiligt, die im März zurückgezahlt wurde.
Info
Mehr zur schweren Marktkrise der Mini-Bonds finden Sie auf unserer FINANCE-Themenseite Mittelstandsanleihen.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.