Newsletter

Abonnements

Scope warnt vor Qualitätsverlust am Schuldscheinmarkt

2015 war nicht nur das Jahr der Jumbo-, sondern auch der Mini-Schuldscheine. Die Transaktion von First Sensor, ein Hersteller von Smart-Home-Anwendungen, war so ein Fall.
scyther5/iStock/Thinkstock/Getty Images

Die Qualität des Schuldscheinsegments droht zu verwässern, wenn der Anteil kleinerer Emittenten weiter steigt. Das sagt die Ratingagentur Scope: „Zwar ist die Unternehmensgröße nicht per se ein Indikator für die Kreditqualität einzelner Emittenten, kleinere Emittenten können jedoch die durchschnittliche Bonität am Schuldscheinmarkt beeinflussen“ sagt Analyst Sebastian Zank.

Erst im November hatte etwa der ungeratete Sensorikspezialist First Sensor einen Schuldschein über 28 Millionen Euro platziert. Der Chemiehersteller Nabaltec sammelte im vergangenen Sommer 70 Millionen Euro ein. Der Mittelständler machte 2014 gerade einmal 143 Millionen Euro Umsatz.

Kleinere Volumina bei Schuldscheinen

Die Transaktionen von First Sensor und Nabaltec sind keinesfalls untypisch: Der Ratingagentur Scope zufolge, die nach eigenen Angaben etwa 80 Prozent des Schuldscheinmarktes erfasst, machten im vergangenen Jahr 41 Prozent der Emittenten weniger als 1 Milliarde Euro Umsatz. 2014 hatte der Anteil noch bei 37 Prozent gelegen. 2012 zählte sogar nur jeder fünfte Emittent in diese Kategorie.

Dieser Trend macht sich auch bei den platzierten Volumina bemerkbar. Zwar legte das Durchschnittsvolumen im vergangenen Jahr von 120 auf 180 Millionen Euro zu, wie aus Zahlen der LBBW hervorgeht. Die milliardenschweren Schuldscheine von ZF Friedrichshafen, Mann + Hummel und Daimler verzerrten jedoch das Bild: „Im vergangenen Jahr gab es etwa 50 Transaktionen mit einem Emissionsvolumen von weniger als 100 Millionen Euro gab“, schätzt Analyst Zank. Das entspräche knapp 40 Prozent aller deutschen Schuldscheinemissionen im vergangenen Jahr, die Thomson Reuters mit 133 Deals angibt. 

Genaue Zahlen zu ermitteln, ist allerdings schwierig. Der Schuldscheinmarkt ist intransparent, nicht alle Emissionen werden öffentlich. „In der Tendenz sind es eher die kleineren Transaktionen, die nicht erfasst werden“, sagt Zank.

Scope: „Schuldscheinmarkt ist zum Cross-Over-Segment geworden“

Klar ist: Ein Garant für erstklassige Bonitäten ist der Schuldscheinmarkt inzwischen nicht mehr. Scope hatte bereits im vergangenen Sommer analysiert, dass etwa 38 Prozent aller Schuldscheinemittenten eine Bonitätsbewertung im spekulativen Bereich haben. Die Ratingagentur hatte dafür auch die Zahlen einiger ungerateter Emittenten unter die Lupe genommen, die etwa drei Viertel des Schuldscheinmarktes ausmachen.

Auch eine vor rund einem Jahr veröffentlichte FINANCE-Studie hatte ergeben, dass mehr als jeder fünfte der 218 befragten  Investoren Schuldscheine unterhalb des Investment-Grade-Bereichs zeichnen würde. Das haben einige seither auch getan: So konnten mit dem Anlagenbauer Voith, dem Roboterhersteller Kuka und Heidelberg Cement gleich drei Unternehmen, die die Ratingagenturen jeweils knapp unterhalb des Investmentgrades einstufen, seit Oktober sehr erfolgreich Schuldscheine platzieren.

„Der Schuldscheinmarkt ist zu einem Segment für Emittenten im Cross-Over-Bereich geworden“, sagt Scope-Analyst Zank. Das sei an sich noch nicht beunruhigend; auch hohe Non-Investmentgrade-Ratings seien ja nicht schlecht. „Allerdings ist bei einigen Investoren noch nicht angekommen, dass damit auch das Risiko steigt. Sie vertrauen zu sehr auf den guten Ruf des Schuldscheinmarktes.“

Kleine Unternehmen zahlen höheren Risikoaufschlag

Der Analyst geht davon aus, dass sich der Trend hin zu kleineren Emittenten fortsetzen wird: Die Transaktionsbanken würden inzwischen gezielt kleinere Unternehmen ansprechen und auch die Investoren seien im aktuellen Niedrigzinsumfeld bereit, kleinere Schuldenscheine zu zeichnen: „Die Jagd nach Rendite treibt sie in diese Transaktionen.“ Während Großunternehmen mit Investment-Grade-Rating laut Scope rund 150 Basispunkte Aufschlag zum risikolosen Referenzzins zahlten, rentierten Schuldscheine kleinerer Firmen bis zu 350 Basispunkte über dem Referenzsatz.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Unternehmen