Rickmers durchlebt stürmische Zeiten: Im ersten Halbjahr 2014 kämpft der Hamburger Traditionskonzern mit dem weltweiten Druck auf die Schifffahrtsmärkte und konnte mit Mühe rote Zahlen abwenden: Der konsolidierte Konzernumsatz fiel um 5,9 Prozent auf 271,7 Millionen Euro. Der operative Gewinn (Ebitda) sank von 111,9 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 101,5 Millionen Euro. Auf EBT-Basis erzielte Rickmers nur noch 1,1 Millionen Euro Gewinn gegenüber 22,7 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Marktbedingt ist keine baldige „substanzielle“ Verbesserung in der Container- und Mehrzweck-Schifffahrt zu erwarten. Im ersten Halbjahr machten Rickmers Währungseffekte und die niedrigen Frachtraten zu schaffen, die nicht durch Kostensenkungen kompensiert werden konnten. Vor allem das Segment Rickmers-Linie verliert immer mehr Geld. Im ersten Halbjahr fielen bei einem Segmentumsatz von 93,1 Millionen Euro ein Verlust von 12,1 Millionen Euro auf Ebitda-Basis an. Beim Vorsteuerergebnis (EBT) fiel sogar ein Verlust von 12,4 Millionen Euro an. Nun kündigt der im April zum Rickmers-CFO aufgerückte Mark-Ken Erdmann weitere Personaleinsparungen an.
Rickmers verhandelt Covenants neu
In finanzieller Hinsicht steht die hochverschuldete Gruppe vor einem Neuanfang: Die noch aus der Zeit der reinen Bankenfinanzierung und HGB-Bilanzierung stammenden Covenants verhandeln CFO Mark-Ken Erdmann und der leitende Treasurer Frank Bünte gerade neu. „Wir befinden uns in einem Transformationsprozess“, sagt Erdmann mit Blick auf die Platzierung der Mittelstandsanleihe 2013 und die Umstellung auf die Berichterstattung nach IFRS, die allein durch ein Impairment auf die Schiffswerte das Eigenkapital um 154 Millionen Euro reduziert habe: „Die Bankencovenants entsprechen nicht mehr den Notwendigkeiten eines am Kapitalmarkt aktiven Unternehmens“, sagt CFO Erdmann zu FINANCE.
In den nächsten zwei bis drei Jahren soll die gesamte Kapitalstruktur der Schifffahrtgruppe neu ausbalanciert werden. „Wir wollen Fremd- und Eigenkapital in die Gruppe bringen.“ Bislang ist Rickmers noch vor allem durch bilaterale Bankenverträge und durch einen syndizierten Kredit mit 6 Banken finanziert. „Hier wollen wir Komplexität herausnehmen“, sagt Erdmann. Zudem will Rickmers nach der in Frankfurt notierten Mittelstandsanleihe im Volumen von insgesamt 250 Millionen Euro auch den internationalen Kapitalmarkt erschließen.
Joint Venture mit PE-Investor Apollo investiert
Das Eigenkapital der Gruppe soll durch die Aufnahme von Investoren gestärkt werden, entweder durch die börsennotierte Singapurer Tochter oder auf Holding-Ebene. Denkbar ist auch der Einstieg eines PE-Investors. Mit dem Private Equity-Haus Apollo arbeite man im Joint Venture gut zusammen. Das im September 2013 gegründete Joint Venture mit dem PE-Investor Apollo, das bis zu 500 Millionen Euro in Containerschiffe investieren soll, hat im ersten Halbjahr bereits 12 Schiffe erworben. Rickmers agiert dabei als Minderheitsinvestor. Eine vertiefte Zusammenarbeit wäre denkbar – aber auch einen Börsengang will der CFO nicht ausschließen. Noch sei keine Entscheidung getroffen.
Assetverkäufe zur Senkung der hohen Nettofinanzschulden von rund 1,5 Milliarden Euro plant Rickmers derzeit nicht. An der Flotte von 52 Schiffen soll vorerst festgehalten werden, ebenso an der Struktur aus den drei Geschäftsbereichen Linie, Maritime Assets und Maritime Services.
Die Finanzierung gestaltet sich für Schifffahrtsunternehmen immer schwieriger. Namhafte Banken wie die Commerzbank und Société Générale sind aus der Schiffsfinanzierung bereits vollständig ausgestiegen, andere Banken wie die HSH Nordbank und andere Landesbanken kämpfen noch immer mit dem Abbau von Problemkreditportfolios.
Info
Alles Wichtige zur aktuellen Situation der Traditionsreederei und zu den Versuchen des Managements, die Lage zu stabilisieren, finden Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Rickmers.