Der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 macht seine IPO-Pläne konkret: Noch im ersten Quartal dieses Jahres peilt das Unternehmen die Notiz im Prime Standard der Frankfurter Börse an. Der Gang aufs Parkett soll dem Einhorn einen Bruttoerlös von 1 Milliarde Euro einbringen, teilte Auto1 am heutigen Mittwochvormittag mit. Laut dem „Handelsblatt“ rechnen Insider damit, dass das deutsche Einhorn mit bis zu 5 Milliarden Euro bewertet werden könnte. Beim Einstieg des Großaktionärs Softbank im Jahr 2018 wurde der Wert von Auto1 auf rund 2,9 Milliarden Euro angesetzt.
Die Berliner wollen nach derzeitigem Planungsstand neu geschaffene Aktien aus einer Kapitalerhöhung und bestehende Aktien in das Angebot einbeziehen sowie Aktien aus einer möglichen Mehrzuteilung, die durch eine Aufstockungsoption von einzelnen verkaufenden Aktionären gedeckt ist.
Auto1 will Autohero-Geschäft ausbauen
Mit dem frischen Geld aus dem IPO-Erlös will der Onlinehändler das Geschäft weiter ausbauen, insbesondere das Angebot „Autohero“, mit dem Auto1 sein bisheriges Kerngeschäft – den Ankauf alter Fahrzeuge und deren Verkauf an Autohändler – um das Endkundengeschäft erweitert. Über die Plattform Autohero sollen Fahrzeuge an Privatkunden vertrieben werden. Für den Ausbau dieses hart umkämpften Geschäftsfelds hat Auto1 sich bereits im Frühjahr 2020 ein 225 Millionen Euro schweres Wandeldarlehen von den Fondsgesellschaften Farallon Capital Management und The Baupost Group gesichert.
Rund 750 Millionen Euro des Nettoerlöses aus dem Börsengang sind für Wachstumsinvestitionen eingeplant: Auto1 will stärker in Marketing und Kundenbetreuer investieren, zudem sollen die frischen Mittel dafür sorgen, dass das Unternehmen das Umlaufvermögen steigern und den Ankauf zusätzlicher Transporter finanzieren kann. Mit dem verbleibenden Teil des Erlöses soll voraussichtlich die bestehende Wandelanleihe zurückgezahlt werden.
Auto1 sieht strategische Chancen
Das Einhorn will Autohero künftig in neun europäischen Märkten etablieren. „Wir glauben, dass dies eine große Chance für uns ist, die wir mit unserer bestehenden Plattform nutzen können“, kommentiert CFO Markus Boser, der vor seinem Wechsel zu dem Start-up lange Jahre Investmentbanker war, die IPO-Pläne.
Der Gebrauchtwagenmarkt ist derzeit stark fragmentiert. Auto1 will sich mit seiner Plattform als Platzhirsch positionieren. Eine starke finanzielle Basis böte dem Unternehmen dann die Möglichkeit, als aktiver Konsolidierer am Markt aufzutreten.
Auto1 beobachtete IPOs von Palantir und Doordash
Mit der jetzigen konkreten Verkündung des Börsengangs hat sich Auto1 Monate Zeit gelassen. Das Start-up liebäugelte schon seit August vergangenen Jahres mit einem IPO. Zur Orientierung wollte das Start-up jedoch abwarten, wie sich die Technologie-IPOs von Palantir und Doordash in den USA entwickeln.
Und diese beiden Unternehmen legten jeweils einen fulminanten Börsenstart hin. Nachdem Palantir mit einem Wert je Aktie von rund 10 US-Dollar startete, notiert das Papier jetzt bei rund 26 US-Dollar. Bei Doordash lief es noch besser: Nachdem die Aktie mit rund 102 US-Dollar ausgegeben wurde, liegt sie derzeit bei 192 US-Dollar.
Auto1 hofft offenbar auf einen ähnlichen Erfolg seines Börsengangs. Den IPO des deutschen Einhorns begleiten BNP Paribas, Citigroup, Goldman Sachs, und Deutsche Bank als Joint Global Coordinators und Joint Bookrunners, während Barclays, HSBC, Numis Securities Limited und RBC Capital Markets die Transaktion als Joint Bookrunners fungierten. Crédit Agricole Corporate und Investment Bank, Commerzbank, Mizuho Securities und Wells Fargo sind Co-Lead Managers.
Auto1 noch nicht profitabel
Den positiven Vorbildern zum Trotz findet der Auto1-Börsengang in einem herausfordernden Umfeld statt. Im vergangenen Jahr litt das Online-Gebrauchtwagengeschäft unter Corona, Straßenverkehrsämter waren während des Lockdowns teilweise komplett geschlossen.
Im dritten Quartal 2020 sank der Umsatz des Onlinehändlers zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf 769 Millionen Euro, allerdings steigerte das Start-up seine Profitabilität. Das bereinigte Ebitda legte auf 16 Millionen Euro zu, nach einem Verlust von 11,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Die Bruttogewinnmarge stieg von 9,5 auf 11,3 Prozent.
Zahlen aus dem vierten Quartal veröffentlichte das Unternehmen noch nicht. 2019 lag der Umsatz bei 3,5 Milliarden Euro, Auto1 konnte in dem Jahr nach eigenen Angaben 615.000 Fahrzeuge verkaufen. Zum Vergleich: Von Anfang Juli bis Ende September 2020 wurden knapp 120.000 Fahrzeuge verkauft.
Das bereinigte Ergebnis im dritten Quartal war für Auto1 der bislang deutlichste Sprung in die schwarzen Zahlen – allerdings kündigte das Management bereits an, dass der Fokus künftig zunächst auf Investitionen liegen soll. Firmenmitgründer Christian Bertermann machte kürzlich in einem Interview mit der Onlineplattform „Business Insider“ deutlich, dass das Unternehmen wegen der hohen Ausgaben für die Expansion von Autohero „in den nächsten Jahren nicht profitabel“ sein werde.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.