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Moody’s rechnet mit Ende des Anleihebooms

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Matthias Hellstern von Moody's berichtet über das Ende des Anleihebooms.
FINANCE-TV

Nach dem Rekordjahr 2017, in dem deutsche Unternehmen Anleihen über rund 105 Milliarden Euro ausgegeben haben, rechnet die Ratingagentur Moody’s für dieses Jahr bestenfalls mit einer Stagnation, eher sogar einem Rückgang des Volumens – trotz der erwarteten milliardenschweren neuen Papiere, die Bayer im Lauf des Jahres zur Refinanzierung der Monsanto-Übernahme begeben dürfte.

Zwar stehen nach Berechnungen von Moody’s in diesem und im nächsten Jahr ähnlich viele Kapitalmarktfinanzierungen zur Refinanzierung an wie 2017, und auch Erstemittenten dürften wieder rege den Bondmarkt nutzen. „Aber die Aktivität 2017 hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen, was den Schluss zulässt, dass für weiteres Wachstum nicht mehr viel Raum ist“, schreibt Moody’s.

2017 lag das Volumen neu ausgegebener deutscher Unternehmensanleihen um 30 Prozent höher als in den Jahren davor. Seit 2012 erreichten die Bondemissionen jeweils rund 80 Milliarden Euro pro Jahr. Einen großen Anstieg und das mit Abstand höchste Volumen verzeichneten 2017 Emittenten aus der Automobilindustrie.

Ratings dürften sich nicht mehr weiter verbessern

Trotz der sehr gut laufenden Konjunktur rechnet Moody’s nicht damit, dass sich die Kreditqualität der deutschen Bondemittenten 2018 verbessern wird. Die Ratingagentur rechnet mit einer stabilen Entwicklung. 2016 und 2017 gab es noch deutlich mehr Ratinghochstufungen als -abstufungen. Von 15 Ratingaktionen bei deutschen Konzernen entfielen im vergangenen Jahr 80 Prozent auf Hochstufungen, 2016 waren es mehr als zwei Drittel.

Ein Grund dafür ist die schwieriger werdende Lage in zwei Schlüsselsektoren, der Auto- und der Chemiebranche. In der Autobranche sieht Moody’s Margendruck, ausgelöst durch die hohen Investitionen in neue Technologien wie Schadstoffminderung und autonomes Fahren.

Ratingdruck bei Chemiekonzernen außer Covestro

Vergleichbare Umwälzungen gibt es im Chemiesektor nicht. Die von Moody’s beobachteten großen Chemiekonzerne BASF, Evonik, K+S und Lanxess operieren nach zahlreichen Zukäufen und Milliardeninvestitionen inzwischen bilanziell aber schon in Regionen, in denen der Druck auf das Kredit-Rating wächst und perspektivisch eine Herabstufung droht.

Lediglich Covestro hat genügend Spielraum. Da Covestro jetzt schon von Moody’s auf der Ratingstufe Baa2 mit einem positiven Ausblick geführt wird, könnte das Kreditrating der Ex-Bayer-Tochter vor einer Anhebung stehen.

Moody’s relativiert Ängste vor Zinsschock

Andererseits drohen aber auch keine breit angelegten Ratingabstufungen – selbst dann nicht, wenn die Zentralbanken einen Zins- oder gar Konjunkturschock auslösen würden. „Vor allem die CFOs der Investmentgrade-Unternehmen haben aus der Finanzkrise gelernt und große Finanzpuffer für Krisenzeiten angelegt“, sagte Moody’s-Analyst Matthias Hellstern heute gegenüber FINANCE-TV.

Zudem würde es vier bis fünf Jahre dauern, bis ein deutlicher Zinsanstieg die Cashflows der Unternehmen nennenswert belasten würde: „Die meisten Unternehmen haben die vergangenen Jahre genutzt, um ihre Fremdfinanzierungen sehr langfristig auszurichten“, so Hellstern.

sarah.jordan[at]frankfurt-bm.com

„Vor allem die CFOs der Investmentgrade-Unternehmen haben große Finanzpuffer angelegt.“

Matthias Hellstern, Ratinganalyst, Moody‘s