Das Coronavirus beschert Tui und dessen Finanzchefin Birgit Conix schwere Zeiten: Die Ratingagentur Moody’s hat die Bonität des Reisekonzerns ein weiteres Mal gesenkt. Mit Caa1 (vorher: B2) ist das Rating nur noch einen Schritt von der Rating-Stufe entfernt, die Moody’s selbst als „hoch spekulativ“ bezeichnet. Der Ausblick für Tui ist zudem negativ.
Moody’s begründet die erneute Herabstufung mit den verschlechterten Finanzkennzahlen und dem negativen Free Cashflow von Tui, womit der Reisekonzern die Voraussetzungen für ein B-Rating nicht mehr erfülle. Die Rating-Analysten schätzen, dass sich der negative Free Cashflow von Tui in diesem Jahr auf 3,5 bis 4 Milliarden Euro belaufen wird.
Tui und das 2,2-Milliarden-Euro-Fragezeichen
Das operative Geschäft von Tui wird sich nach Einschätzung der Analysten auf absehbare Zeit nicht erholen. Die Erträge würden für die nächsten zwölf bis 18 Monate unter Vorkrisenniveau verharren, selbst wenn sich die im Zuge von Corona verhängten Reisebeschränkungen wieder lockern sollten.
Ein Grund: Die Menschen würden nach wie vor Reisen scheuen, um ihre Gesundheit nicht zu gefährden, glaubt Moody‘s. Darüber hinaus „würde eine sich verschärfende wirtschaftliche Rezession, die mit wachsender Arbeitslosigkeit und sinkendem verfügbaren Einkommen einhergeht, die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen zusätzlich beeinträchtigen“, heißt es weiter.
FINANCE-Köpfe
Ein großer Unsicherheitsfaktor für Tui seien zudem die Stand Ende März 2,2 Milliarden Euro an bereits erfolgten Vorauszahlungen für gebuchte Reisen, die Tui auf der Bilanz hat. Hier ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob der Reisekonzern seinen Kunden diese Summe bar zurückerstatten muss, ob er sie in Gutscheine umwandeln kann oder ob dafür womöglich ein staatlich finanzierter Hilfsfonds aufkommt, der derzeit diskutiert wird. Spätestens falls Tui die Rückzahlungen der Kundenanzahlungen selbst vornehmen muss, rechnen Marktteilnehmer mit einer Kapitalerhöhung.
Moody’s fordert schnelle Bond-Refinanzierung
Die Liquiditätslage von Tui ist in der Tat schwach, weshalb die Rating-Analysten zusätzliche Maßnahmen erforderlich sehen, um die Liquidität von Tui zu sichern. Stand Ende März verfüge Tui über rund 1 Milliarde Euro Cash, wovon jedoch 200 Millionen Euro Einschränkungen unterlägen. Zudem kann Tui noch freie Teile seiner 1,75 Milliarden Euro schweren Kreditlinie ziehen, die erst 2022 fällig wird.
Im April sicherte Birgit Conix Tui zudem über die staatliche KfW eine weitere Linie über 1,8 Milliarden Euro, die bis Juli 2022 läuft. Doch laut Moody’s bestehe „eine erhebliche Unsicherheit darüber, ob die zusätzliche Finanzierung es Tui ermöglichen würde, in den nächsten 12 bis 18 Monaten liquide zu bleiben“. Hinzu kommt, dass Tui so schnell wie möglich eine Refinanzierungslösung für die im Oktober nächsten Jahres fällige 300 Millionen Euro schwere Anleihe finden muss, um den vollen Zugriff auf die Linie bei der KfW zu behalten.
Tui spart Kosten und könnte Assets verkaufen
Ein paar Pfeile im Köcher hat CFO Conix allerdings noch, was auch Moody’s in dem Bericht honoriert. So sollen Tui im September rund 600 Millionen Euro aus dem Verkauf von Hapag-Lloyd Cruises zufließen. Zudem verhandelt Tui mit dem Flugzeugbauer Boeing über eine Entschädigung für den finanziellen Schaden, der dem Reisekonzern durch das Grounding der 15 Flugzeuge der Marke 737 Max entstanden ist.
Finanzchefin Conix setzt außerdem bei den Fixkosten die Axt an. Der Konzern will wegen Corona 8.000 Arbeitsplätze streichen. Außerdem soll durch Sale-and-Lease-Back-Lösungen die Bilanz entlastet werden. Vor wenigen Tagen bestätigte Tui außerdem, dass unrentable Geschäftsbereiche auf den Prüfstand kommen. Bereiche, die nicht restrukturiert werden können, sollen entweder verkauft oder eingestellt werden.
Info
Noch mehr Hintergrundinformationen zu der Finanzchefin von Tui finden Sie auf dem Profil von Birgit Conix bei FINANCE-Köpfe. Wie der Konzern versucht, die Coronakrise zu überstehen, können Sie auf unserer Themenseite zu Tui nachlesen.
