Die Abspaltung von Siemens Energy ist noch nicht vollzogen, da gibt Siemens schon die nächsten Details des Konzernumbaus bekannt: Der Konzern will die Antriebssparte Flender per Spin-off an die Börse bringen.
Dafür will Siemens in einem ersten Schritt die Einheit „Wind Energy Generation“ in Flender integrieren. Das kombinierte Unternehmen soll dann einen Pro-forma-Umsatz von rund 2 Milliarden Euro erwirtschaften. Im zweiten Schritt soll das neue Unternehmen an die Börse gebracht werden. Über diesen Plan werden die Siemens-Aktionäre auf der Hauptversammlung im Februar 2021 entscheiden.
Siemens-Flender galt als Verkaufskandidat
Flender ist eine eigenständige Einheit unter dem Dach von Siemens. Sie war im Oktober 2017 aus der Siemens-Sparte für mechanische Antriebe „Mechanical Drives“ hervorgegangen. Das Unternehmen mit Sitz in Bochholt produziert unter anderem Gewinde und Kupplungen. Zu den weiteren Leistungen gehört die Instandhaltung und Modernisierung der Systeme. Konkrete Finanzkennzahlen zu Flender veröffentlicht Siemens nicht.
Die Sparte führt der Konzern derzeit unter dem Segment „Portfolio Companies“, zu dem neben Flender noch weitere fünf Gesellschaften, darunter etwa Siemens Logistics, gehören. Das Segment erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2019, das bei Siemens am 30. September endet, 5,5 Milliarden Euro.
Übernommen hatte Siemens Flender im Jahr 2005 für einen Milliardenbetrag, schrieb das „Manager Magazin“ damals. Bereits Anfang 2018 kamen Gerüchte auf, Siemens wolle die Antriebstochter veräußern. Einige Medien berichteten, ein Verkauf könnte mehr als 1 Milliarde Euro einbringen.
Siemens sieht sich bei Energy-Spin-off auf Kurs
Bei einer weiteren Abspaltung – der Trennung von Siemens Energy – sieht sich das Unternehmen auf Kurs: „An der Abspaltung und dem Börsengang von Siemens Energy vor Ende des Geschäftsjahrs 2020 hält Siemens fest“, heißt es in der Unternehmensmitteilung. Die Teilkonzernbildung habe Siemens zum 1. April abgeschlossen. Ursprünglich war CFO Klaus Patzak mit dem Spin-off beauftragt worden. Doch Ende März warf der Vorstand um CEO Michael Sen und Finanzchef Patzak das Handtuch, offenbar wegen eines Streits über die Bilanzstruktur des Spin-offs.
Auf der einen Seite erwartet Siemens einen Gewinn aus der Abspaltung, den man aber derzeit noch nicht zuverlässig beziffern könne, heißt es. Es gibt aber auch gegenläufige Effekte: Die Kosten aus der Abspaltung sowie weitere Aufwendungen in Zusammenhang mit der Transaktion würden den Gewinn nach Steuern „wesentlich“ belasten. Daher will Siemens aktuell keine Prognose für das unverwässerte Ergebnis je Aktie geben.
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Coronakrise lässt Gewinn von Siemens einbrechen
Doch nicht nur der geplante Spin-off verschlingt massive Ausgaben. Auch die „spürbaren Auswirkungen“ der Ausbreitung des Coronavirus „auf Volumen, Ergebnis und Zahlungsströme“ machen dem Konzern zu schaffen. Das zeigen die heute vorgelegten Zahlen zum zweiten Quartal 2019/20, das bei Siemens am 1. Januar beginnt und am 31. März endet.
So brach der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr stark ein, um 64 Prozent auf 697 Millionen Euro. Die Umsatzerlöse im zweiten Quartal stagnieren auf Vorjahresniveau bei rund 14 Milliarden Euro. Der Free Cashflow lag bei 134 Millionen Euro, im zweiten Quartal 2018/19 kamen noch 487 Millionen Euro an Cash rein.
Als Grund für den drastischen Einbruch des Geschäfts führt Siemens einen Auftragsrückgang insbesondere bei Großaufträgen der Sparte Siemens Mobility an, wo die Umsatzerlöse um knapp ein Drittel auf rund 2,4 Milliarden Euro gesunken sind. Und der Einbruch im Konzerngeschäft hätte noch heftiger ausfallen können: Siemens zufolge habe ein Zuwachs um 6 Prozent im Geschäft von Siemens Healthineers auf 3,8 Milliarden Euro den Negativeffekt ausgeglichen.
Siemens zieht Prognose für 2020 zurück
„Wir haben trotz komplizierter Umfeldbedingungen ein robustes Quartal abgeliefert“, lässt sich CEO Joe Kaeser in der Mitteilung zitieren. Dennoch erwartet Siemens im dritten Quartal einen noch höheren Einfluss der Coronakrise auf die Geschäftsentwicklung. Deshalb zieht der Konzern seine ursprüngliche Prognose zurück und erwartet stattdessen für das Geschäftsjahr „einen moderaten Rückgang der vergleichbaren Umsatzerlöse sowie ein weiterhin über 1 liegendes Verhältnis von Auftragseingang zu Umsatz (Book-to-Bill)“.
Größere Bedenken scheint der Konzern dennoch nicht zu haben. „Für die Herausforderungen der kommenden Monate durch Covid-19 ist Siemens gleichwohl gerade finanziell sehr gut gerüstet“, heißt es in der Mitteilung. Zudem verfüge das Unternehmen über ein starkes Rating und eine sehr solide Liquiditätsposition, ergänzt CFORalf P. Thomas. Bei Bedarf könne das Unternehmen „unmittelbar auf über 11,4 Milliarden Euro an Nettoliquidität“ zugreifen.
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Mehr über die Finanzchefs lesen Sie auf den FINANCE-Köpfe-Profilen von Klaus Patzak und Ralf P. Thomas.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.