Es hatte sich schon abgezeichnet, jetzt ist es offiziell: Der Schuldscheinmarkt hat 2016 ein neues Rekordjahr hingelegt. Das Emissionsvolumen stieg auf 25,8 Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs von rund 28 Prozent im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2015, als die 20-Milliarden-Marke geknackt wurde. Die genauen Entwicklungen können Sie im aktuellen Schuldschein-Update von Thomson Reuters LPC nachlesen, das der Datenanbieter vierteljährlich exklusiv für FINANCE aufbereitet.
In einem Punkt konnte 2016 allerdings nicht mit dem alten Rekordjahr mithalten: Die Anzahl der Deals ging leicht zurück. Statt 133 wurden 2016 nur 129 Schuldscheine platziert. In Sachen Aktivität bleibt das Jahr 2015 laut Daten von Thomson Reuters LPC also nach wie vor Spitzenreiter.
Weniger Jumbo-Schuldscheine im zweiten Halbjahr
Den Rekord konnte das vergangene Jahr vor allem aufgrund der vielen großvolumigen Schuldscheine knacken. Allerdings hat sich die Zahl solcher Jumbo-Transaktionen in den letzten Monaten des Jahres etwas reduziert, wie ein Blick auf die zehn größten Schuldscheine des Jahres zeigt. In den Top 3 finden sich der Schuldschein der Aldi-Süd-Tochter Hofer mit 1,6 Milliarden Euro aus dem März, der Bosch-Schuldschein über 1,5 Milliarden Euro aus dem August und der ebenfalls im März platzierte Schuldschein von Porsche mit einem Volumen von 1,1 Milliarden Euro. Aus dem vierten Quartal schaffte lediglich die französische Groupe SEB den Sprung in die Top 10. Der Hersteller von Elektrogeräten und Kochgeschirr platzierte im Dezember ein Papier über 800 Millionen Euro und landet damit auf Platz 6.
Doch vorbei ist der Trend hin zu den Jumbo-Schuldscheinen noch lange nicht. Im Dezember gingen bereits zwei Großkonzerne wieder an den Markt. Lufthansa gab eine Transaktion über 1,2 Milliarden Euro bekannt, Fresenius sammelte 1 Milliarde Euro am Schuldscheinmarkt ein. Dass diese Schuldscheine in den Top 10 des FINANCE-Schuldschein-Updates noch nicht berücksichtigt sind, liegt am Auszahlungstermin: Sie werden in Teilen erst 2017 ausgezahlt. Lufthansa sind im Dezember rund 500 Millionen Euro aus der Transaktion zugeflossen. Fresenius erhält die gesamten Mittel erst Ende Januar.
Gewobag platziert Schuldschein mit längster Laufzeit
Wie auch an anderen Finanzierungsmärkten war das Jahr 2016 am Schuldscheinmarkt von dem niedrigen Zinsumfeld und einem großen Investoreninteresse geprägt. Überzeichnungen und Aufstockungen gehörten laut Thomson Reuters LPC zum Standard. Auch die bereits erwähnte französische Group SEB könnte ihren Jumbo-Schuldschein um 300 Millionen Euro aufstocken.
Das Volumen fast verdoppelt hat auch das Immobilienunternehmen Gewobag und dabei gleich noch einen neuen Rekord aufgestellt. Die Berliner platzierten eine Tranche ihres 147 Millionen Euro schweren Schuldscheins mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Laut der BayernLB, die den Schuldschein arrangierte, ist das die längste Laufzeit für einen deutschen Emittenten jemals.
LBBW verteidigt die Spitze, Helaba und HSBC holen auf
Im Wettstreit der Banken um die meisten Marktanteile hatte das vierte Quartal 2016 es in sich. Die LBBW konnte ihre Spitzenposition mit einem Marktanteil von knapp 22 Prozent zwar verteidigen, doch auf den Rängen darunter gab es gemessen an den begleiteten Volumina große Veränderungen. Die Helaba kletterte zwei Plätze nach oben und erkämpfte sich mit einem Anteil von 15,4 Prozent Rang 2. Sie vertrieb die BayernLB auf Rang 3.
Viel Boden gutmachen konnten die HSBC und die Deutsche Bank. Die HSBC erarbeitete sich einen Marktanteil von etwa 8,3 Prozent und stieg damit um vier Plätze auf. Sie liegt nun auf Rang 4. Auf Platz 8 schaffte es mit einem Marktanteil von circa 5 Prozent diesmal die Deutsche Bank, die ganze sechs Positionen vorrückte.
Wie geht es am Schuldscheinmarkt 2017 weiter?
Marktexperten gehen davon aus, dass die Banken auch 2017 um genügend Transaktionen konkurrieren können. Doch um wie viel kann der Markt, der nach wie vor als Investmentgrade-Segment gilt, noch wachsen? Für 2017 rechnet kein Marktexperte mit einem neuen Rekord. Marktführer LBBW erwartet ein Emissionsvolumen von 20 bis 25 Milliarden Euro. Die BayernLB ist noch zurückhaltender, sie geht nur von einem Volumen von 20 Milliarden Euro aus.
Die Beratungsgesellschaft Capmarcon prognostiziert ebenfalls ein Volumen zwischen 20 und 25 Milliarden Euro. Gleichzeitig warnt sie vor möglichen Risiken, die das enorme Wachstum mit sich bringt. Der Erfolg des Schuldscheinmarkts könne weniger professionelle und gar unseriöse Akteure anlocken, die dem Markt schaden könnten. Im vergangenen Jahr hatte bereits Christoph Dorsch, Leiter Credit Rating bei Feri EuroRating gewarnt, einige der Debütemittenten seien nicht kapitalmarktfähig.
Info
Wie sich das Emissionsvolumen entwickelt, und wer die Top-Transaktionen am Schuldscheinmarkt emittiert und begleitet hat, erfahren Sie vierteljährlich im FINANCE-Schuldschein-Update, das Sie im Bereich FINANCE-Research nach kurzer Registrierung kostenlos herunterladen können.
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Mehr Informationen über laufende Marktentwicklungen und einzelne Transaktionen finden Sie auf unserer Themenseite Schuldschein.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.