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Schuldscheinmarkt mit neuem Rekordjahr

Schuldscheine im Gesamtwert von 19 Milliarden Euro wurden 2015 emittiert – ein neuer Rekord. Getrieben wurde die Entwicklung vor allem durch den Automobilsektor.
Thinkstock/Getty Images

Der Schuldscheinmarkt hat im Jahr 2015 einen neuen Rekord aufgestellt. Wie aus einer Analyse der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hervorgeht, erreichte das Gesamtvolumen im vergangenen Jahr in Deutschland rund 19 Milliarden Euro, was einem Anstieg im Volumen von satten 65 Prozent im Vergleich zu 2014 entspricht. Im bisherigen Rekordjahr 2008 hatten Unternehmen Schuldscheine im Gesamtwert von 18,5 Milliarden Euro emittiert.

Seinerzeit trieb die Finanzkrise Schuldscheinemissionen nach oben, da viele Großkonzerne sich nicht mehr zuverlässig am Anleihemarkt finanzieren konnten. Dass das Jahr 2015 am bisherigen Rekordvolumen kratzen könnte, hatte sich in den vergangenen Monaten bereits abgezeichnet.

ZF, Mann+Hummel und Daimler mit Milliarden-Schuldscheinen

Das neue Rekordniveau lässt sich leicht erklären: Besonders eine hohe Anzahl an M&A-Finanzierungen trieb den Schuldscheinmarkt im vergangenen Jahr auf sein neues Spitzenniveau. Das zeigt sich in den Volumina: Die Zahl besonders großer Darlehen hat in den vergangenen Monaten zugelegt. Laut LBBW gab es in den vergangenen zehn Jahren lediglich fünf Schuldscheine, die ein Volumen von mehr als 1 Milliarden Euro erreichten. Allein drei davon wurden im vergangenen Jahr begeben.

Besonders die Automobilbranche schlug 2015 ordentlich zu: Der Getriebehersteller ZF Friedrichshafen etwa begab einen neuen Rekordschuldschein über 2,2 Milliarden Euro zur Finanzierung der Übernahme von TRW Automotive. Zudem emittierte der Automobilzulieferer Mann+Hummel im Oktober einen Schuldschein, der die Milliardengrenze knackte, um damit die Übernahme des Filtergeschäft vom US-Konzern Affinia zu finanzieren. Der Autokonzern Daimler platzierte ebenfalls einen Schuldschein über 1,1 Milliarden Euro, der allerdings keiner Übernahmefinanzierung diente.

Unternehmen aus anderen Branchen nutzten den Schuldscheinmarkt ebenfalls rege. Der Duft- und Aromastoffhersteller Symrise etwa begab einen Schuldschein über 500 Millionen Euro zur Finanzierung der Übernahme des US-amerikanischen Wettbewerbers Pinova. Auch der Verpackungshersteller Gerresheimer (425 Millionen Euro) und der Roboterbauer Kuka (250 Millionen Euro) zapften den Markt an, um größere M&A-Deals zu finanzieren.

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Schuldscheine besonders geeignet für M&A-Finanzierung

Schuldscheine sind insbesondere bei M&A-Finanzierungen beliebt, weil sie ein höheres Maß an Flexibilität bieten als Anleihen. Speziell für ausschließlich intern geratete Unternehmen ist ein Schuldscheindarlehen eine interessante alternative zum Corporate Bond-Markt. Zwar sind die Zinskosten bei Schuldscheinen oft noch höher als bei Anleihen, die relativ teuren externen Ratings fallen jedoch weg und es besteht keine regelmäßige Publikationspflicht gegenüber dem Kapitalmarkt, wodurch die langfristigen Kosten niedriger sind.

Schuldscheintransaktionen legen um 9 Prozent zu

Der Schuldscheinmarkt 2015 war aber nicht ausschließlich M&A-getrieben: Auch die Anzahl der Schuldscheinemissionen nahm gegenüber dem Vorjahr um 9 Prozent auf 104 Transaktionen zu. Das durchschnittliche Volumen je Schuldschein stieg von 120 auf 180 Millionen Euro je Platzierung, wobei die Mega-Emissionen aus dem Automobilsektor dazu freilich erheblich beigetragen haben.

Für 2016 erwartet die LBBW einen leichten Rückgang des Schuldscheinmarkts. Das Volumen werde zwischen 14 und 15 Milliarden Euro liegen, glauben die Analysten. Als erster heißer Kandidat gilt der Winturbinenhersteller Nordex, der die Übernahme des spanischen Konkurrenten Acciona Windpower ausfinanzieren und eine Alt-Anleihe über 150 Millionen Euro refinanzieren will. Der scheidende CFO Bernard Schäferbarthold hatte das Instrument gegenüber FINANCE als Favorit genannt.

League Tables für Schuldscheine: BayernLB vor LBBW und Helaba

Bei den League Tables für Beratungen am Schuldscheinmarkt lag nach drei von vier Quartalen die BayernLB an der Spitze mit einem begleiteten Gesamtvolumen von 5,1 Milliarden Euro. Das zeigen Zahlen des Datendienstleisters Thomson Reuters zum 30. September des vergangenen Jahres. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen die LBBW (4,9 Milliarden Euro) und die Helaba (2,4 Milliarden Euro).

In der Rangfolge kann sich aber noch einiges ändern: In den Daten ist der milliardenschwere Schuldschein von Mann+Hummel aus dem Oktober noch nicht enthalten, den LBBW und ING als Joint-Bookrunner begleitet haben.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

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Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.