Mit Avocodo und Pierer E-Commerce sind zwei weitere Unternehmen aus der KTM-Gruppe insolvent. Über die Vermögen der beiden Pierer-Mobility-Töchter wurden am gestrigen Dienstag Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet, wie der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) mitteilte. Im Fall des Softwaredienstleisters Avocodo, der seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, hat das Landesgericht Linz Peter Shamiyeh zum Insolvenzverwalter bestimmt. Für die zweite Pierer-Tochter Pierer E-Commerce hat das Landesgericht Ried Peter Virtbauer zum Masseverwalter bestimmt.
Damit reihen sich die beiden Unternehmen in die Liste der Insolvenzen der Pierer-Gruppe ein. Die KTM AG, die Forschungs & Entwicklungs GmbH sowie die KTM Components GmbH befinden sich bereits in Sanierungsverfahren. Die Schulden von KTM belaufen sich auf rund 2 Milliarden Euro, davon 1,2 Milliarden bei Banken. Die KTM-Mutter Pierer Mobility befindet sich derweil im Visier der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA). Diese untersucht, ob im Fall der KTM-Insolvenz alle Publizitätsvorschriften eingehalten, also alle Informationen fristgerecht veröffentlicht wurden.
Avocodo-Insolvenz folgt aus KTM-Pleite
Avocodo agiert als Softwaredienstleister vor allem für Unternehmen der KTM-Gruppe; mehr als 80 Prozent der Umsätze generiert Avocodo aus Aufträgen von KTM und der KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH. Jedoch haben beide Gesellschaften „nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt bezahlt“, berichtet der AKV. Damit fehle es Avocodo an Liquidität, um eigene Rechnungen zu bezahlen.
Diese Verbindlichkeiten sollen laut AKV etwa 3,3 Millionen Euro gegenüber 83 Gläubigern betragen, wobei 1,1 Million Euro davon gegenüber verbundenen Unternehmen bestehen. Insgesamt wird das vorhandene Vermögen mit etwa 1 Million Euro angegeben.
Der Geschäftsbetrieb des Softwaredienstleisters mit 126 Beschäftigten solle weiterlaufen, zumal die Fortführung der Avocodo „auch für das Fortbestehen der KTM AG und der KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH unabdinglich“ sei, so der AKV. Auch ein Verkauf scheint möglich, es sollen bereits Gespräche mit potenziellen externen Investoren geführt worden sein.
Pierer E-Commerce fast ausschließlich für KTM tätig
Auch Pierer E-Commerce wurde von der Gruppe mit in die Insolvenz gezogen. Der Webseitenbetreiber mit 25 Beschäftigten erwirtschaftet etwa 96 Prozent seines Umsatzes mit Dienstleistungen für KTM, er ist nahezu ausschließlich innerhalb des KTM-Konzerns tätig. Mit der Insolvenz des Motorradbauers wurden offene Forderungen nicht mehr beglichen, es handelt sich also um eine direkte Folgeinsolvenz.
Pierer E-Commerce hat Verbindlichkeiten bei 42 Gläubigern, die laut AKV-Mitteilung insgesamt etwa 3,6 Millionen Euro betragen sollen. Die Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen machen dabei mit etwa 3,4 Millionen Euro das Gros aus. Insgesamt bestehen Aktiva im Buchwert von rund 2 Millionen Euro, im Falle der Zerschlagung verbliebe ein Wert von rund 62.000 Euro.
Auch Pierer E-Commerce soll weiter bestehen. Die Muttergesellschaft habe sich zudem bereit erklärt, allenfalls erforderliche Mittel für die Unternehmensfortführung bereitzustellen.
Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.