Die Konsolidierungswelle in der deutschen Modebranche hält an: Der fränkische Modehändler Madeleine hat Insolvenz angemeldet und sucht einen Investor. Das Amtsgericht Fürth hat gestern einen Antrag der Geschäftsführung des 1977 gegründeten Modehändlers auf Sanierung in Eigenverwaltung genehmigt. Das Unternehmen wird bei der Restrukturierung und Investorensuche von Detlef Specovius, Michael Böhner und Christoph von Wilcken von der Kanzlei Schultze & Braun unterstützt. Als Sachverwalter wurde Stefan Debus von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen bestellt.
Der Geschäftsbetrieb läuft vorerst ohne Einschränkungen weiter. Die Löhne der 230 Beschäftigten sind für die nächsten drei Monate gesichert, teilt Schultze & Braun mit. Auslöser für die Neuaufstellung sei die Kombination aus Preissteigerungen bei den Kollektionen und einem inflationsbedingten Umsatzrückgang, heißt es weiter. Die bisherigen Gesellschafter und Finanzierungspartner hätten die Liquiditätslücke nicht schließen können.
Madeleine gehört zu Private Equity-Investor Equistone
Madeleine gehört seit 2015 zur Tristyle Group, zu der auch der Modehändler Peter Hahn gehört. Dieser ist von der Insolvenz nicht betroffen, gleichwohl soll Tristyle laut „Handelsblatt“-Informationen mit seinen Banken aktuell über Krediterleichterungen für Peter Hahn verhandeln, da das Unternehmen aufgrund schwindender Gewinne sonst Gefahr laufe, die Covenants zu reißen.
Tristyles Umsatz schrumpfte zuletzt laut im Bundesanzeiger hinterlegtem Jahresabschluss für das Ende September 2022 zu Ende gegangene Geschäftsjahr von 610 Millionen Euro auf rund 545 Millionen Euro zusammen. Zu Tristyle gehören noch der Textileinkäufer Tristyle Sourcing sowie die Digitalsparte Customerce. Tristyle selbst ist seit 2015 im Besitz des Private-Equity-Investors Equistone.
Der Finanzinvestor musste kürzlich eine weitere Beteiligung enger betreuen: Um eine Insolvenz zu vermeiden, reichte Equistone den kriselnden Motorradequipmenthersteller Polo an den Private-Debt-Fonds Ares weiter.
Madeleine sucht Investor
Während die Zukunft von Polo nun in den Händen von Private Debt liegt, müssen Equistone und Tristyle bei Madeleine noch selbst Hand anlegen. Vor zwei Jahren stand das Unternehmen bereits zum Verkauf – allerdings erfolglos. Bei Madeleine sollen nun ein neuer Investor und die digitale Transformation des Geschäftsmodells die Rettung bringen, mit dem M&A-Prozess soll zeitnah begonnen werden.
„Wir wollen das Sanierungsverfahren und die Möglichkeiten des Sanierungsrechts nutzen, um eine Zukunftsperspektive für Madeleine zu schaffen, und wir sehen gute Chancen, dass das gelingen kann“, sagt Geschäftsführerin Daniela Angerer. Der Einstieg eines Investors wäre in das bestehende Unternehmen denkbar, es ist aber auch die Integration der Marke und der Vertriebsstrukturen von Madeleine Mode in das Portfolio eines anderen Modehändlers möglich.
Insolvenzen bei Modehändler legen zu
Der wirtschaftlichen Entwicklung sind dieses Jahr schon einige Modehändler zum Opfer gefallen. Zuletzt hatten etwa Peek & Cloppenburg, Hallhuber oder Gerry Weber Insolvenz angemeldet, aber auch Schuhhändler wie Reno, Görtz oder Salamander.
Nach Berechnungen der Restrukturierungsberatung Falkensteg hat sich die Zahl der Insolvenzen im Fashion-Bereich im Vergleich zum 1. Halbjahr 2022 verdoppelt: Mussten im Vorjahr 40 Modehändler in der ersten Jahreshälfte Insolvenz anmelden, waren es dieses Jahr 82 Unternehmen. Bei Großinsolvenzen ab 10 Millionen Euro Umsatz hat sich die Zahl von 2 auf 16 verachtfacht. Insgesamt mussten knapp 7.000 Unternehmen in den ersten sechs Monaten des Jahres Insolvenz anmelden, fast ein Viertel mehr als im Vorjahr.
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.
