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Krise bei Leoni spitzt sich zu

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Leoni: Die Abspaltung der Kabelnetzsparte soll für frisches Geld sorgen.
Leoni

Der kriselnde Kabel- und Bordnetzspezialist Leoni kommt nicht zur Ruhe: Die vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 sind noch schlechter als erwartet ausgefallen. So lag der Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) für das Gesamtjahr 2019 bei 384 Millionen Euro, teilte der Automobilzulieferer mit. Im Jahr zuvor konnte der Konzern noch einen Gewinn von 144 Millionen Euro ausweisen. Währenddessen lag der Umsatz mit 4,8 Milliarden Euro noch in der Nähe des Vorjahrwerts von 5,1 Milliarden Euro, was auch der Prognose des Unternehmens entspricht.

Neben der rückläufigen Nachfrage im Automobilsektor und dem kostenintensiven Konzernumbau – zwei Faktoren, mit denen Leoni bereits seit einiger Zeit kämpft – hat noch ein unerwartetes Ereignis die Zahlen gedrückt: Aufgrund „aktueller Erkenntnisse zu einem Kundenprojekt“ musste Leoni eine Rückstellung für Drohverluste in Höhe von rund 80 Millionen Euro vornehmen.

Großprojekt macht Leoni Probleme

Das Problem ist zurückzuführen auf „geänderte Rahmenbedingungen“ für ein Großprojekt im Geschäftsbereich Wiring Systems, mit Angebotsphase Ende 2016. Es wird Leoni über längere Zeit begleiten: Die Verluste können im Laufe des Jahres 2021 und „danach über einen mehrjährigen Zeitraum“ liquiditätswirksam werden.

Hinzu kam eine nicht liquiditätswirksame Abschreibung auf Anlagevermögen in Höhe von 20 Millionen Euro im Geschäftsbereich Wire & Cable Solutions, also der Kabelnetzsparte. Aufgrund „der erfolgten und bekanntgegebenen Prüfung von Sondereffekten und Anpassungen für Drohverluste“ verschiebt Leoni nun außerdem die Veröffentlichung des Geschäftsberichts vom 17. auf den 30. März.

„Das abgelaufene Geschäftsjahr war für Leoni besonders herausfordernd. Wir haben mit aller Kraft an der Stabilisierung unseres Geschäfts gearbeitet und dabei wichtige Fortschritte erzielt. Insbesondere die deutliche Verbesserung des Free Cashflows sowie die Umsetzung der Initiativen unseres VALUE 21-Programms sind positive Entwicklungen“, sagte Leoni-CEO Aldo Kamper.

An der Börse sahen Anleger dies anders und straften die Aktien ab, die mit einem Minus von 5,7 Prozent auf 10,38 Euro die größten Verlierer im SDax darstellten.

Leoni verbrennt weiterhin viel Geld

Von dem Restrukturierungsprogramm konnte Leoni eigenen Aussagen zufolge mehr als 60 Prozent umsetzen und geht weiterhin davon aus, dass die Maßnahmen „zu nachhaltigen Kosteneinsparungen von brutto 500 Millionen Euro jährlich ab 2022 führen“ werden.

Zudem konnte der negative Free Cashflow im Vergleich zum 1. Halbjahr 2019 von minus 385 auf minus 308 Millionen Euro eingedämmt werden, allerdings hat sich der Cash-Abfluss im Vergleich zum Gesamtjahr 2018 (minus 144 Millionen Euro) mehr als verdoppelt.

FINANCE-Köpfe

Ingrid Jägering, Leoni AG

Ihre Karriere startet Ingrid Jägering 1998 bei Siemens und hat dort mehrere Führungspositionen im In- und Ausland inne, unter anderem als CFO der Windenergiesparte Siemens Wind Power in Dänemark. Nach vierzehn Jahren bei Siemens geht Jägering zu dem Großmotorenbauer Man Diesel & Turbo, wo sie zwischen 2012 und 2016 als Geschäftsführerin und CFO verschiedener Geschäftsbereiche tätig ist. Anschließend übernimmt sie verschiedene Führungspositionen bei Osram Opto Semiconductors. Seit August 2019 ist Jägering Finanzchefin bei dem Autozulieferer Leoni.

zum Profil

Das Management um CFOIngrid Jägering wies außerdem auf die im Vergleich zum Vorquartal von 583 auf 624 Millionen Euro angestiegene verfügbare Liquidität inklusive freier Kreditlinien hin. Im Jahr 2018 lag sie aber noch bei über 1 Milliarde Euro. Den Cash-Drain zu stoppen, ist aktuell eine der dringendsten Aufgaben der im Mai angetretenen Finanzchefin. Gerade im kapitalintensiven Automotive-Geschäft benötigen Unternehmen immer ein großes Liquiditätspolster für ihr operatives Geschäft.

IPO der Leoni-Kabelsparte wird unwahrscheinlicher

Auch die angekündigte Abspaltung des Kabelnetzsparte dürfte wieder frisches Geld in die Kassen spülen. Auf FINANCE-Nachfrage sagte ein Sprecher, dass derzeit ein Verkauf oder Teilverkauf statt eines Börsengangs favorisiert werde.

Erst Ende vergangener Woche gab es noch gute Nachrichten, als Leoni eine unmittelbare Liquiditätskrise abwenden konnte: Dem Nürnberger Unternehmen ist offenbar mit Hilfe des installierten Restrukturierungsberaters Hans-Joachim Ziems gelungen, den Kernbanken Finanzierungszusagen abzuringen, um die Refinanzierung einer fälligen Schuldscheintranche zu meistern.

martin.barwitzki[at]finance-magazin.de

Info

Lesen Sie mehr über die aktuellen Entwicklungen bei dem Automobilzulieferer auf unserer Themenseite zu Leoni. Mehr über die bisherige Karriere von Finanzchefin Ingrid Jägering erfahren Sie auf ihrem Profil bei FINANCE-Köpfe.

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