Ist das der Durchbruch in der Hängepartie um den insolventen Flughafen Frankfurt-Hahn? Anstatt einer Komplettübernahme strebt die kaufwillige NR Holding AG um den russischen Pharmamilliardär Viktor Charitonin jetzt nur noch eine Beteiligung von unter 25 Prozent an.
Damit bliebe die umstrittene Besitzgesellschaft mit Sitz in Erlensee unterhalb der Sperrminorität und hätte folgerichtig weder ein Vetorecht noch Einfluss auf die operative Geschäftsführung, betont die NR Holding gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Antwort, warum man sich plötzlich mit einem derart geringen Einfluss zufrieden gäbe, liefert die Eigentümerin des Nürburgrings gleich mit: Charitonin gehe es bei dem Airport ausschließlich um ein finanzielles und nicht um ein strategisches Engagement.
NR Holding hat Kaufpreis bereits bezahlt
Zu klären bliebe indes, wem in einem solchen Fall die übrigen gut 75 Prozent der Anteile am Flughafen Hahn zuteilwürden. Laut NR Holding sollen diese künftig jedenfalls in den Händen deutscher Investoren liegen: „Von welchen genau, wird noch geklärt“, heißt es.
Die Rettung des insolventen Flughafens hat sich in den vergangenen Wochen zu einem echten Politikum entwickelt: Anfang Februar hatte der zuständige Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner bereits einen Kaufvertrag mit der NR Holding abgeschlossen. Den vereinbarten Kaufpreis über rund 20 Millionen Euro überwies die Holding auch umgehend auf ein Treuhandkonto.
Dann jedoch regte sich massiver Widerstand: Der hessische Finanzminister Michael Boddenberg etwa warnte angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vor dem Deal: „Im Moment sollte und kann man keine Geschäfte mit russischen Oligarchen machen.“
Kurz darauf reichte Boddenberg die Transaktion zur Prüfung an das Bundeswirtschaftsministerium weiter: „Wir bitten die Bundesregierung, die gemäß dem Außenwirtschaftsgesetz mit der Prüfung des Vorgangs betraut ist, all ihre Möglichkeiten auszuloten, diesen Verkauf zu verhindern“, so das Statement des hessischen Finanzministeriums.
Flughafen Hahn ist seit Oktober 2021 insolvent
Das Land Hessen hält aktuell noch 17,5 Prozent an dem Airport im Hunsrück. 2017 hatte der chinesische Logistikkonzern HNA 82,5 Prozent der Anteile erworben. Anfang 2021 brach HNA allerdings unter einem hohen Schuldenberg zusammen. Im Oktober desselben Jahres musste dann schließlich auch der Flughafen Hahn Insolvenz anmelden. Beide Unternehmen hatten stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu leiden.
Seitdem läuft die bislang erfolglose Suche nach einem neuen Investor. Als aussichtsreichster Kandidat galt ursprünglich Swift Conjoy: Das Joint Venture der Frankfurter Swift Group hatte Mitte 2022 sogar bereits den erfolgreichen Kauf vermeldet, nach Informationen der Nachrichtenagentur Dpa-afx soll das Unternehmen jedoch nie die vereinbarte Kaufsumme bezahlt haben.
Im Anschluss daran trat erst die NR Holding als weitere Bieterin auf den Plan. Das Kuriose: Angesichts des politischen Widerstands gegen den Verkauf schloss Insolvenzverwalter Plathner jüngst kurzerhand einen zweiten Kaufvertrag ab. Laut Dpa-afx handelt es sich dabei um die auf Immobilieninvestments spezialisierte Firmengruppe Richter, die den Kaufpreis ebenfalls bereits auf ein Treuhandkonto überwiesen haben soll.
Robert Habecks Ministerium ist am Zug
Plathners Intention: Sollte die Bundesregierung den Verkauf an die NR Holding untersagen, kommt Richter automatisch zum Zug. Unklar ist freilich, wie sich der nun vollzogene Kurswechsel Charitonins auf dieses Konstrukt auswirkt. Viel Gewicht wird am Ende wohl die Einschätzung aus dem Bundeswirtschaftsministerium haben.
Auf der am 7. Februar abgehaltenen Gläubigerversammlung war dem Komplettverkauf an Charitonins Holding jedenfalls schon einmal keine Genehmigung erteilt worden. Laut Plathner zeigten sich die Gläubiger dabei aber nicht gänzlich abgeneigt: „Das fragliche Angebot ist nicht aus politischen Gründen und auch nicht endgültig abgelehnt worden“, so Plathner. Stattdessen habe man sich dabei ebenfalls entschlossen, den Vertrag dem Bundeswirtschaftsministerium zur Entscheidung vorzulegen.
Philipp Hafner ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth sowie an der University of Amsterdam studiert. Vor FINANCE arbeitete Philipp Hafner mehr als sechs Jahre bei der Verlagsgruppe Knapp/Richardi, zunächst als Volontär, anschließend dann als Redakteur für die Fachzeitschrift „Immobilien & Finanzierung“.
