Newsletter

Abonnements

Deutsche Bank will im Mittelstand aufholen

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Die Deutsche Bank will sich wieder stärker auf ihren Heimatmarkt konzentrieren. Im Mittelstand hat sich einiges nachzuholen.
Deutsche Bank

Die Deutsche Bank will sich wieder stärker als Mittelstandsbank profilieren. Inmitten der Debatten um Skandale, Milliardenstrafen und mögliche Kapitalerhöhungen ruft Firmenkundenchef Stefan Bender, der seit Oktober vergangenen Jahres im Amt ist, eine Strategieänderung aus. Die Bank will den Blick erweitern und neben den Großkunden nun auch wieder die kleineren Unternehmen stärker in den Blick nehmen. „In der Gruppe der Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab 5 bis 10 und bis zu 250 Millionen Euro haben wir anderen zu leicht das Feld überlassen“, übt sich Bender gegenüber der F.A.Z. in deutlicher Selbstkritik.

In ihrem Mittelstandsgeschäft unterscheidet die Deutsche Bank zwischen Firmen- und Geschäftskunden. Bei den 400.000 Geschäftskunden, zu denen Freiberufler wie Ärzte oder Anwälte mit standardisiertem Geschäftsmodell gehören, könne die Bank dank zahlreicher Zusatz-Tools und großer Datenbanken laut Bender inzwischen auf gute Beratungsmöglichkeiten zurückgreifen.

Anders sieht es bei den rund 30.000 Firmenkunden in der genannten Umsatzgruppe aus. Dort will Bender die Deutsche Bank wieder stärker ins Spiel bringen. Eine Brücke zu den CFOs dieser Unternehmen sollen Ratschläge zum Beispiel zur Finanzierung von Pensionszusagen sein, wo die Deutsche Bank ihre Kontakte zu institutionellen Investoren in die Waagschale werfen will. Die Deutsche Bank will im Mittelstand zudem verstärkt Finanzierungsinstrumente wie Hybrid- und Mezzanine-Kapital oder Schuldscheinen absetzen.

Deutsche Bank hat im Mittelstand Kunden verloren

Der neu entdeckte Fokus auf den Mittelstand könnte der Deutschen Bank helfen, ihren unter Druck geratenen Zinsertrag zu stabilisieren, da die Zinsmargen bei diesen Kunden wesentlich höher sind als bei den begehrten Multinationals, auf die sich die Deutsche Bank in den zurückliegenden Jahren konzentriert hatte. Dort ist der Wettbewerb so stark, dass für die Banken mittlerweile nur noch wenig zu verdienen ist, selbst mit einst lukrativen Zusatzgeschäften.

Doch dürfte die Umsetzung von Benders Plänen für die Deutsche Bank nicht leicht werden, da sie das Marktsegment der Mittelständler lange vernachlässigt hat. Die Folgen waren in einer FINANCE-Umfrage unter CFOs und Treasury-Chefs im vergangenen Jahr deutlich abzulesen. Nur 9 Prozent der Befragten mit einem Umsatz bis zu 1 Milliarde Euro bezeichneten die Verankerung der Deutschen Bank im Mittelstand als stark, 25 Prozent nannten sie sogar schwach – klägliche Werte für eine Bank, die sich lange als unangefochtener Marktführer im deutschen Firmenkundengeschäft betrachtete.

Eine Umfrage von Greenwich Associates aus diesem Sommer hat gezeigt, dass die Deutsche Bank bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 50 und 500 Millionen Euro weiter an Boden verliert. Mittelständler setzen laut dieser Analyse stattdessen auf Sparkassen und die Commerzbank. Bei der Qualität der Beratung schnitten auch die Landesbanken durch ihre regionale Aufstellung gut ab. Dem will Stefan Bender jetzt entgegentreten: „Wir müssen wieder mehr zum Kunden kommen“, sagte er gegenüber der F.A.Z.. Es gebe zu viele Kunden, mit denen man lange nicht mehr geredet habe.

Commerzbank, Landesbanken, HSBC haben ihre Claims abgesteckt

Die Zeiten, in denen der deutsche Mittelstand under-banked war, sind aber schon wieder vorbei. Viele Banken haben in diesem Segment in den vergangenen Jahren aggressive Wachstumskurse eingeschlagen, darunter die wiedererstarkten Landesbanken und der Erzrivale Commerzbank. Die Mittelstandsbank brachte ihr lange stabil wachsende Einnahmen, doch das Niedrigzinsumfeld belastete in diesem Jahr das Ergebnis. Im Rahmen ihrer neuen Strategie wird die Commerzbank im Segment der Mittelständler nun ebenfalls trennschärfer unterscheiden. Ähnlich wie die Deutsche Bank will sie kleine Firmenkunden von den größeren Mittelständlern trennen und der Privatkundensparte zuschlagen. Die großen Firmenkunden werden hingegen Teil des Kapitalmarktbereichs.

Möglicherweise bietet die Neuordnung bei der Commerzbank der Deutschen Bank Möglichkeiten, einzelne Kunden abzuwerben. Ein weiterer Ansatzpunkt könnte die internationalere Aufstellung der Deutschen Bank sein. In diesem Bereich sahen Finanzverantwortliche in der FINANCE-Umfrage aus dem vergangenen Jahr bei der Commerzbank Schwächen.

Die Deutsche Bank muss ihre Abstimmungswege verkürzen

Allerdings ist auch das kein unbestelltes Feld. Internationalen Banken werben aggressiv um deutsche Firmenkunden, die interessante globale Geschäftsmodelle haben. Dazu gehört etwa die HSBC, die 2013 eine Mittelstandsoffensive ausgerufen hat und sich auf Mittelständler mit internationaler Aufstellung fokussiert. Die Bank hat in diesem Jahr ihr Mittelstandsgeschäft mit dem Großkundengeschäft zusammengelegt und schaffte es, in beiden Bereichen zu wachsen. Die HSBC ist schon weit vorangekommen. Die Neukundengewinnung steht schon nicht mehr im Managementfokus, sondern der Ausbau der Geschäftsbeziehungen mit den neu akquirierten Firmenkunden. Bei vielen von diesen könnten die Deutschbanker zu spät kommen, um sich noch nennenswertes Geschäft zu sichern.

Erfolgsentscheidend beim neu erwachten Werben um die Mittelständler dürfte sein, dass die Beratung exzellent sein muss. Auf komplexe Abstimmungswege zwischen Frankfurt, London und den jeweiligen regionalen Kundenbetreuern haben Mittelständler wenig Lust, und genau dies war einer der Punkte, den sie bei der Deutschen Bank monieren, wie sie gegenüber FINANCE im vergangenen Jahr deutlich gemacht haben. Die gesamte Titelgeschichte zur Deutsche Bank – „Auf Kurssuche“ – können Sie in der Ausgabe Juli/August 2015 nachlesen oder weiter oben in diesem Artikel direkt herunterladen.

antonia.koegler[at]finance-magazin.de

Info

Wie andere Geldhäuser versuchen bei den begehrten Unternehmenskunden zu punkten, erfahren Sie auf unserer Themenseite zum Firmenkundengeschäft.

Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.