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„Über die Jahre den Fokus etwas verloren“

Berthold Fürst will das Corporate Finance der Deutschen Bank wieder zur Nummer eins machen.
Deutsche Bank

Herr Fürst, Sie leiten gemeinsam mit Patrick Frowein seit fast genau zwei Jahren das Corporate-Finance-Geschäft der Deutschen Bank im deutschsprachigen Raum. In dieser Zeit hat die Bank eine der schwierigsten Phasen ihrer Geschichte durchlebt. Wie lautet Ihre Zwischenbilanz, bezogen auf das Geschäft mit Anleihen, Eigenkapital und M&A-Transaktionen?
Es ist klar, dass wir wieder zur alten Stärke zurückfinden wollen. Unser Ziel ist, die Nummer 1 im Corporate Finance im deutschsprachigen Markt zu sein – und zwar mit deutlichem Abstand. Hier sind wir eindeutig auf dem richtigen Weg, wenngleich noch nicht ganz am Ziel. Viele unserer Initiativen der letzten zwei Jahre schlagen sich aber augenblicklich schon in einem starken Dealflow nieder.

Das Investmentbanking wurde vielfach umstrukturiert, Manager sind gekommen und gegangen. Ist das das größte Problem?

„Unser Ziel ist, die Nummer 1 im Corporate Finance im deutschsprachigen Markt zu sein.“

Der Lärmpegel um den Status der Bank hat zu höherem Erklärungsbedarf bei Kunden geführt. Wichtiger aber ist, dass die Bank über die Jahre etwas den Fokus verloren hatte. Zum Beispiel war in den Hintergrund gerückt, dass wir im gehobenen Mittelstand ein exzellentes Netzwerk haben. Dort besteht durchaus ein großer Beratungsbedarf bei Anleihen- oder Eigenkapitalplatzierungen sowie bei M&A-Mandaten. Das haben wir geändert und wir haben in der Folge ordentlich aufgeholt. Das sehen Sie beispielsweise am Verkaufsmandat für Stahlgruber, einer Milliardentransaktion.

Berthold Fürst weist Gerüchte von sich

Schaut man sich insgesamt die Deutschland League Tables von Dealogic an, fällt auf, dass die Deutsche Bank zwar bei Anleihe- und Eigenkapitalplatzierungen wieder vorne mitmischt, bei M&A aber Plätze eingebüßt hat. Was sind die Gründe dafür?
Was die Gebührenranglisten angeht, haben Sie recht: Hier schlägt unter anderem zu Buche, dass wir vor zwei Jahren bei der Bayer/Monsanto-Transaktion nicht in vollem Umfang dabei waren, weil wir anfangs „conflicted“ gewesen sind. Die Lage wird sich aber ändern, da wir nun wieder bei vielen Transaktionen beteiligt sind, deren Gebühren dann bei erfolgreichem Abschluss in der Zukunft fließen werden. Viel aussagekräftiger über den augenblicklichen Zustand unseres M&A-Geschäfts sind insofern die M&A-Ranglisten der angekündigten Transaktionen. Und hier sehen wir in Deutschland eine erfreuliche Entwicklung. 2016 standen wir auf dem zehnten Platz, 2017 auf dem sechsten und zur Mitte dieses Jahres schon auf Platz 2.

Konkurrenten haben in der Vergangenheit unterstellt, dass die Deutsche Bank bei Mega-Deals zurückhaltend sei, weil sie große Brückenfinanzierungen wie bei Bayer/Monsanto nicht mehr stemmen könne.
Das ist absoluter Unfug! Sehen Sie sich doch unsere milliardenschweren Underwritings bei den M&A-Projekten T-Mobile/Sprint, Disney/21st Century Fox und BAT/Reynolds an. Auch bei der Finanzierung über 100 Milliarden Euro im Rahmen der versuchten Übernahme von Qualcomm durch Broadcom waren wir in der ersten Reihe dabei. Diese Transaktionen sprechen für sich und nicht was Wettbewerber über uns erzählen, meinen Sie nicht?

„Wir haben in Deutschland mehr unserer europäischen Sektorkompetenzen angesiedelt.“

Gut – ein anderer Punkt: Früher wurde häufig die London-Zentriertheit Ihres Investmentbankings kritisiert. Welche Rolle spielt der deutsche Markt heute im Corporate-Finance-Geschäft der Deutschen Bank?
Das Geschäft mit Unternehmenskunden in der deutschsprachigen Region steht für ein Drittel der entsprechenden Erträge in Europa. Daran wird klar, wie wichtig insbesondere der deutsche Markt für die Bank ist. Unter anderem auch deswegen berichten wir direkt an den globalen Leiter des Corporate-Finance-Geschäfts. Und wir haben das Mandat, das Geschäft weiter zu stärken – das gelingt uns, was am Dealflow ablesbar ist.

Deutsche Bank setzt auf Mittelstand

Welche weiteren Maßnahmen haben Sie ergriffen?
Über unsere Mittelstandsinitiative sprach ich bereits. Wichtig ist zweitens, dass wir in Deutschland mehr unserer europäischen Sektorkompetenzen angesiedelt haben, etwa in den Bereichen Automotive, Chemie und Industrials. Das bedeutet, dass wir diese Expertise nun viel unmittelbarer für unsere Kunden hier in Frankfurt verfügbar haben. Und wir haben drittens unser Team personell verbreitert. So haben wir zum Beispiel Philipp Leising als Leiter des Bereichs Capital Goods für uns gewonnen. Er ist seit Anfang Mai an Bord. Gleichzeitig haben wir so viele Hochschulabsolventen in unser Team in Frankfurt eingestellt wie nie zuvor.

Wandern angesichts des Brexits auch in Ihrem Bereich Arbeitsplätze von London nach Frankfurt?
Andere Bereiche der Bank sind zwar stärker davon betroffen, Stellen zu verlagern. Trotzdem fokussieren auch wir unsere Teams zunehmend auf Frankfurt. So ist zum Beispiel mit Susanne Schröter zu Jahresbeginn eine Eigenkapitalspezialistin innerhalb der Bank von London nach Frankfurt gewechselt. Zudem stellen wir verstärkt Talente und Hochschulabsolventen hier ein. Dennoch bleibt es aber so, dass wir wie bisher auch in Teams zusammenarbeiten, bei denen die Spezialisten an unterschiedlichen Orten sitzen.

Berthold Fürst rechnet mit mehr Aufspaltungen

Sprechen wir zum Schluss über den Markt: Rechnen Sie damit, dass der Trend zur Konzernaufspaltung weiter anhält oder sich sogar noch verstärken wird?

„Ohne klare Governance können in Joint Ventures eine Menge Konflikte entstehen.“

Dieses Thema wird bei vielen Managern auf der Agenda bleiben. Viele Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen unter anderem wegen des rapiden technologischen Wandels. Deshalb stellt sich die Frage, wie Konzerne Einheiten schaffen können, die auf Marktentwicklungen flexibel reagieren können. Siemens und Bayer sind in dieser Hinsicht sicher Vorbilder. Hinzu kommen die Angriffe aktivistischer Investoren, die ebenfalls mehr Flexibilität und Agilität fordern. Einen interessanten Trend sehe ich übrigens auch bei Joint Ventures.

Warum? Joint Ventures galten ja lange als unattraktiv.
Ja, aber sie können ein interessanter, unternehmerischer Zwischenschritt bei der Separierung von Geschäftseinheiten sein, um das Portfolio zu sortieren, Kräfte zu bündeln und Werte zu generieren. Siemens/Alstom, Lanxess/Arlanxeo oder auch Wintershall/Dea, die augenblicklich in Verhandlungen stehen, zeigen meines Erachtens genau in diese Richtung. Ich denke, da wird noch einiges geschehen. Aber richtig ist auch: In Joint Ventures ist immer eine klare Governance entscheidend, denn andernfalls können eine Menge Konflikte entstehen.

markus.dentz[at]finance-magazin.de

Info

Banker-Wechsel, Restrukturierungen, angriffslustige Auslandsbanken: Alles Wichtige zum harten Kampf im deutschen Firmenkundengeschäft, finden Sie auf unserer Themenseite.

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.