Zum 20. Mal hat das Fachmedium „Juve“ in der Alten Oper in Frankfurt die besten Wirtschaftskanzleien des Jahres ausgezeichnet. Insgesamt werden Awards in 18 Kategorien vergeben, FINANCE stellt die Preisträger in den für CFOs relevantesten Kategorien vor.
Ypog ist Kanzlei des Jahres
Die Kanzlei des Jahres ist eine Überraschung: Die Boutique Ypog wurde ausgezeichnet für ihr „modernes, technologieoffenes Kanzleimanagement“. Mit ihrem strategischen Ansatz ähnele sie der US-Elite von Tech-orientierten Deal-Kanzleien. In der Laudatio wurde die herausragende Entwicklung ihrer Praxis für Fondsstrukturierung hervorgehoben. Die Kanzlei nutze neue Technologien konsequent, um den Mandantenstamm zu erweitern. Zudem bewährte Ypog sich im Gesellschaftsrecht, „etwa beim komplexen Rechtsformwechsel von N26, als auch in M&A. Hier hat sie zum Beispiel Delivery Hero bei großen Deals im Ausland beraten.“
Ypog ist eine Ausgründung von Flick-Gocke-Schaumburg-Anwälten, die sich innerhalb kürzester Zeit besonders in Berlin einen Namen im Bereich Venture Capital gemacht hat. Bekannt wurde sie auch dafür, dass sie sich einen Nicht-Juristen als CEO an die Seite holte.
Das Fachmedium prämiert darüber hinaus die Kanzlei des Jahres für Mittelstand. Gewinnerin ist die Augsburger Kanzlei Seitz Weckbach Fackler & Partner. Sie überzeugte durch einen gelungenen Generationenwechsel, wodurch die Traditionskanzlei konsequent „Themen wie Digitalisierung, mobiles Arbeiten und Recruiting“ angeht und der Kanzlei neues Profil verschafft. Quereinsteiger aus Großkanzleien bestätigen den Kurs.
Linklaters und Hengeler Mueller ausgezeichnet
Linklaters gewinnt den Award für die Kanzlei des Jahres für Bank- und Finanzrecht. Die Fondspraxis habe sich beispielsweise auf die Beratung für Spezialimmobilienfonds fokussiert und damit ein Feld erschlossen, das trotz Krise floriere, heißt es zur Begründung. Mehr noch überzeugte die Leistung im Kapitalmarktrecht: Keine Praxis vereinte zuletzt so viele Highlight-Mandate wie Linklaters.
„Mit der Beratung von Porsche und VW beim Mega-IPO der Porsche AG hat die ECM-Praxis eine neue Dimension erreicht. Die Bond-Spezialisten stachen ebenfalls hervor. Die Wandelanleihe von Rheinmetall über 1 Milliarde Euro und große Anleihen für Heraeus und Adidas sind nur drei Beispiele, die zeigen, dass immer mehr Emittenten auf das Team vertrauen.“
Kanzlei des Jahres für M&A ist Hengeler Mueller. Besonders hervorgestochen ist die Kanzlei zuletzt bei Deals im Ausland. „Outbound-Transaktionen für die Deutsche Börse in Dänemark oder für RWE in den USA waren Meilensteine, besonders für die hoch gelobte Zusammenarbeit mit Kanzleien vor Ort.“ Juve hebt zudem die gute Nachwuchsarbeit hervor: „Der grenzüberschreitende Verkauf der Klimasparte von Viessmann war wirtschaftlich und juristisch komplex. Hengeler hat dort bravourös demonstriert, wie man alte und neue Stärken kombiniert, und läutet so den Generationswechsel ein.“
Diese Kanzleien gewinnen in PE und Regulierung
Die Hamburger Boutique Renzenbrink & Partner ist Kanzlei des Jahres für Private Equity und Venture Capital. Die Kanzlei um Namenspartner Renzenbrink dringe zunehmend in Richtung Large-Cap-Mandate vor und berät bei großen Exits. „Die Kanzlei hat eine starke junge Partnergeneration hervorgebracht“ heißt es in der Laudatio. Sie „machen Renzenbrink aktuell zur stärksten Boutique im Private-Equity-Markt.“
Den Award für die Kanzlei des Jahres für Regulierung hat Gleiss Lutz abgestaubt. „Die wachsende Nachfrage nach hochwertiger Regulierungsberatung fügt sich perfekt in das Portfolio der Großkanzlei ein. Dies zeigte die umfassende Beratung beim Verkauf der Steag zu Restrukturierung, Refinanzierung und regulierungsrechtlichen Fragen“, so die Redaktion.
Viele weitere Mandate im Energie- und Verkehrssektor belegten den Erfolg. „So beriet Gleiss den Abellio-Insolvenzverwalter zur 700-Millionen-Euro schweren Schadensersatzforderung an die NRW-Verkehrsverbünde. Den Energiekonzern Total begleitete sie beim Einstieg in den deutschen Offshore-Windmarkt. Mandate wie diese zeigen, dass Gleiss nun in einer höheren Liga spielt.“
Latham & Watkins für Restrukturierung prämiert
Neben den 18 Awards, die auf der Bühne prämiert werden, werden 19 weitere Rechtsgebiete im Juve Handbuch Wirtschaftskanzleien ausgezeichnet. Dazu zählt der Titel, den Latham & Watkins sich auf die Fahnen schreiben kann: Kanzlei des Jahres für Insolvenz und Restrukturierung. „Ganze Branchen sähen ohne das Team von Latham & Watkins heute anders aus. Allein bei den Autozulieferern bewältigte es in den vergangenen Monaten zahlreiche Großmandate wie etwa Benteler, Borgers, Huf Hülsbeck & Fürst, Leoni und WKW. Hinzu kommen viele komplexe Mandate aus anderen Branchen“, heißt es zur Begründung der Wahl.
Zuletzt gelang der Kanzlei beim Immobilienunternehmen Accentro „eine in dieser Größenordnung rare Restrukturierung unter Nutzung des Schuldverschreibungsgesetzes. Bei Arvos wiederum klappte mit dem englischen Scheme die finanzielle Restrukturierung eines deutschen Unternehmens nach dem Brexit. Und mit Leoni zog Latham ins bisher größte Starug-Verfahren. Diese Restrukturierung mit einem Finanzierungs- und Factoring-Volumen von über 2 Milliarden Euro sorgt als Präzedenzfall bis nach London für Aufsehen.“
Die Kanzlei des Jahres Gesellschaftsrecht ist in diesem Jahr Glade Michel Wirtz. Sie habe ihren hochkarätigen Mandantenkreis kontinuierlich erweitert, sodass sie heute dem „Who‘s who der deutschen Konzernlandschaft“ zur Seite stehen. „Aus der ehemaligen Mandantin Daimler erwuchsen mit Daimler Truck und Mercedes-Benz gleich zwei neue schwergewichtige Mandanten, die auf das Know-how der Düsseldorfer Kanzlei setzen. Zu diesen gesellten sich zuletzt die Deutsche Wohnen ebenso wie die zu VW gehörende Scania und Hella“, kommentiert Juve.
Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.
