Rund zwei Monate nach dem überraschenden Einstieg bei der Commerzbank sorgt die italienische Großbank Unicredit am heutigen Montag für einen neuerlichen Knall: Unicredit will die heimische Konkurrentin Banco BPM in einem rund 10 Milliarden Euro teuren Aktientausch übernehmen, wie die Mailänder mit CEO Andrea Orcel heute überraschend mitteilten.
Konkret kündigten die Mailänder an, 0,175 Stammaktien für jede BPM-Aktie zu bieten, was einem Angebotswert von 6,67 Euro je Aktie entspricht. Damit bietet dieses einen Aufschlag auf den Schlusskurs der BPM-Aktie vom Freitag von etwa 0,4 Prozent.
Man erwarte, dass die Übernahme bereits im Juni 2025 abgeschlossen sein könnte, heißt es von Unicredit. Mit dem Coup würde Unicredit mit einem Schlag zur wertvollsten Bank der Eurozone aufsteigen. Darüber hinaus rechnet Unicredit damit, dass sich der Deal, der von den Behörden noch genehmigt werden muss, innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss zu einem Gewinn je Aktie im hohen einstelligen Bereich führen dürfte.
BPM-Ankündigung schickt Commerzbank-Aktie auf Talfahrt
Was bedeutet der Deal für die Commerzbank-Übernahme? Ist sie jetzt womöglich passé? Nein, heißt es aus Mailand. Man habe das Angebot unabhängig vom Einstieg bei der Commerzbank abgegeben, wie Unicredit am Montag mitteilte. „Die Position bleibt eine wichtige Investition mit Abwärtsschutz und erheblichem Aufwärtspotential“, heißt es in der offiziellen Mitteilung.
Auswirkungen auf Letzteren hat der Vorstoß dennoch, wie auch die Reaktion des Kapitalmarktes nach Bekanntwerden des Angebots zeigte. Zuvor hatte sich auch der neue Bundesfinanzminister Jörg Kukies kritisch geäußert. „Wir haben da eine sehr kritische Grundhaltung, und der Vorstandsvorsitzende der Unicredit hat gesagt, dass er sich über die Kritik der Bundesregierung nicht hinwegsetzen will“, sagte der SPD-Politiker in der ARD. „Von daher gehe ich davon aus, dass er das dann auch nicht machen wird.“ Der Kurs der Commerzbank-Aktie gab am Montag zunächst rund 7 Prozent nach. Denn mit einem BPM-Deal rückt eine mögliche Übernahme der Commerzbank zunächst einmal in den Hintergrund.
Das hängt aber vor allem mit den Widerständen in Deutschland und der Neuwahl zusammen. Schließlich hält der deutsche Staat noch 12 Prozent und wird bei dem Bankverkauf mitreden wollen. Wahrscheinlich ist, dass Unicredit für weitere Schritte erst die Neuwahlen und sogar die Regierungsbildung abwarten muss, mit der sie dann Tuchfühlung aufnehmen wird. Das dürfte sich – je nach Ausgang und den potentiell komplizierten Koalitionsgesprächen – bis tief in das Frühjahr 2025 ziehen.
Coba-Übernahme: Mehr Zeit, höheres Risiko des Scheiterns
So lässt Mailand durchblicken, dass sich durch den Fokus auf den Banco-BPM-Deal die Zeitachse mit Blick auf die Commerzbank verlängern werde. Mit der Entscheidung in Sachen Übernahme von Deutschlands zweitgrößter Geschäftsbank muss sich Orcel erst einmal Zeit lassen. Die Unicredit werde niemals zwei Banken zur gleichen Zeit integrieren, bestätigte der Unicredit-CEO am Montag. Wenig Zweifel lassen die Italiener auch daran, dass zuletzt auch die Wahrscheinlichkeit für eine Übernahme merklich gesunken ist.
War Unicredit beim Erwerb des Aktienpakets des Bundes und weiterer Anteile an der Commerzbank noch davon ausgegangen, die Unterstützung der deutschen Politik und weiterer Stakeholder zu haben, hat sich diese Hoffnung nach den jüngsten Statements seitens der Bundesregierung und der neuen Commerzbank-Spitze sowie dem Medienecho inzwischen ziemlich gedreht.
Thomas Holzamer ist Redakteur bei FINANCE sowie Chef vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Banken-Sektor, speziell das Firmenkundengeschäft. Er hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Thomas Holzamer mehr als 12 Jahre in den Redaktionen der Mediengruppe Offenbach-Post, zunächst als verantwortlicher Redakteur für Sonderpublikationen, später im Lokalen.