500 Millionen Euro: So schwer ist das Leveraged-Loan-Portfolio der NIBC, das sich die Oldenburgische Landesbank (OLB) gemeinsam mit der niederländischen Versicherungsgesellschaft ASR einverleiben will. Es umfasst 36 Unternehmensfinanzierungen mit Sitz in Deutschland sowie den Niederlanden, hauptsächlich aus Private-Equity-Portfolios. Bei der Finanzierung von Private-Equity-Deals war die NIBC vor allem in der ersten Hälfte der 2010er-Jahre einer der aktivsten Player in Deutschland.
Das Kreditpaket der Holländer soll zwischen den beiden Käuferparteien aufgeteilt werden, wobei die OLB den überwiegenden Teil des deutschen Portfolios übernimmt. Wie groß dieser Anteil ist, wollte die Landesbank auf Nachfrage von FINANCE allerdings nicht preisgeben.
Der Deal soll schrittweise innerhalb der nächsten Monate abgeschlossen werden – und ist eine Kampfansage an den deutschen Leveraged-Finance-Markt, wo mit der NIBC nun die nächste Bank dem Vormarsch der Debt-Fonds zum Opfer gefallen ist. Der Verkauf des LBO-Portfolios hat aber auch massive Konsequenzen für das Firmenkundengeschäft der Niederländer – sowohl für die Aktivitäten als auch für die Mitarbeiter.
NIBC gibt Firmenkundengeschäft in Deutschland auf
Mit dem Verkauf des LBO-Portfolios zieht die NIBC nicht nur einen Schlussstrich unter das Leveraged-Finance-Geschäft, sondern unter das Firmenkundengeschäft in Deutschland als Ganzes. Auf Nachfrage von FINANCE teilt die Bank mit, „alle Corporate-Banking-Aktivitäten in Deutschland schrittweise auslaufen zu lassen“. Damit verabschiedet sich das Institut, das seit 2020 dem Finanzinvestor Blackstone gehört, von einem Bereich, in dem es außerhalb der LBO-Finanzierungen ohnehin nie als besonders stark galt. Mehrere erfahrene Firmenkundenbanker scheiterten in Führungspositionen der NIBC damit, die Bank in der Wahrnehmung von CFOs auf ein Niveau mit anderen Auslandsbanken in Deutschland zu bringen.
Den Schrumpfungsprozess habe die Bank bereits Ende vergangenen Jahres angestoßen, hieß es gegenüber FINANCE. Das „Phasing out“ geschehe in enger Zusammenarbeit mit den bestehenden Kunden. Künftig will die NIBC lediglich noch Retail-Geschäft in Deutschland machen. Hier sammeln die Holländer fleißig Tages- und Festgelder von Privatkunden ein.
Der Rückzug aus dem deutschen Firmenkundengeschäft hat auch personelle Konsequenzen. So wird die Bank in der nächsten Zeit Mitarbeiter aus verschiedenen Geographien entlassen, darunter auch Mitglieder des deutschen Leveraged-Finance-Teams. Wie groß das deutsche LBO-Team der NIBC aktuell ist, teilte das Institut auf FINANCE-Nachfrage nicht mit.
Geleitet wurde es bis Anfang dieses Jahres von dem Ex-Deutschbanker Michael Franz Müller, der laut seinem „Linkedin“-Profil derzeit eine berufliche Auszeit nimmt, um im Juli „eine neue Rolle im Bereich Mezzanine-Finanzierungen“ einzunehmen. Der ehemalige Leveraged-Finance-Chef für Deutschland Steffen Böhmert hat die NIBC bereits 2014 Richtung ICG verlassen und ist mittlerweile für die niederländische Corporate-Finance-Beratung Squarefield in Frankfurt aktiv.
Auch BayernLB zog sich aus Leveraged-Finance-Geschäft zurück
Für Marktteilnehmer kommt der offizielle Rückzug der NIBC aus dem Leveraged-Finance-Geschäft wenig überraschend. Die Niederländer haben schon seit längerem immer weniger Private-Equity-Deals finanziert und rangierten in den League Tables wie dem Midcap-Monitor von Houlihan Lokey (ehemals GCA) mit maximal einer Transaktion pro Quartal zuletzt meist im unteren Mittelfeld.
Einige Transaktionen hat das Institut 2021 dennoch finanziert, etwa den Recap von Oaktree beim Elektromechaniker Rafi im vierten Quartal sowie die Übernahme von Pflegebutler durch Armira und die Refinanzierung der Sportgroup von Equistone im zweiten Quartal. Das dritte und das erste Quartal 2021 blieben transaktionslos.
Und die NIBC ist nicht die erste Bank, die dem Leveraged-Finance-Geschäft den Rücken kehrt. Bereits Ende vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die BayernLB ihr Geschäft mit Private-Equity-Finanzierungen einstellen wird. Die Münchener begründeten dies mit dem „extrem hohen Wettbewerb“ in dem Marktsegment, der von Debt-Fonds „angeheizt“ werde und zu „aggressiven Finanzierungsstrukturen bei hohen Unternehmensbewertungen“ führe. Im Ranking der aktivsten Banken im LBO-Bereich von Houlihan Lokey erreichte die Landesbank damals Rang sechs – eigentlich eine solide Position, die mit der Rückzugsentscheidung aufgegeben wurde.
OLB will noch mehr Portfolios zukaufen
Ganz anders die Situation bei der OLB: Der Deal mit der NIBC katapultiert die Norddeutschen, die seit 2017 mit Apollo ebenfalls ein Finanzinvestor im Gesellschafterkreis haben, wahrscheinlich sogar an die Spitze des deutschen Leveraged-Finance-Marktes. Schon vor der NIBC-Transaktion gehörte die OLB zu den Top-Drei-Banken im Leveraged-Finance-Geschäft.
In manchen Quartalen haben die Oldenburger bis zu fünf Transaktionen finanziert. Mit zehn Deals im Jahr 2021 ergatterte die OLB im Midcap-Monitor von Houlihan Lokey den zweiten Platz nach der LBBW mit zwölf Deals. So finanzierte die OLB unter anderem den Recap von Aurelius bei dem Industriearmaturenhersteller VAG im vierten Quartal 2021. Die Übernahme des LBO-Portfolios der NIBC ist eine Kampfansage an die anderen Platzhirsche LBBW und Berenberg.
„Wir sind offen für weitere Portfolioakquisitionen.“
Statement der Oldenburgischen Landesbank
„Die Akquisition unterstreicht unsere führende Position bei Leveraged Loans im Mittelstandssegment“, heißt es in einem schriftlichen Statement von Giacomo Petrobelli, dem CIO für die Bereiche Corporate Banking und Acquisition Finance der OLB. Das Geschäft der NIBC sei „äußerst komplementär zum bestehenden Akquisitionsfinanzierungsgeschäft“ und könne daher gut in das eigene Portfolio integriert werden. Und der Hunger der OLB im Leveraged-Finance-Geschäft ist groß: „Wir sind auch offen für weitere Portfolioakquisitionen“, so die Landesbank gegenüber FINANCE. Bei Zukäufen gehe die OLB aber „sehr selektiv“ vor.
OLB finanziert vor allem Midcap-Deals
Ein deutlich größeres Portfolio ginge dann aber auch mit einem größeren Bedarf an Ressourcen einher, vor allem beim Personal. Aktuell arbeiten nach Aussage der OLB über 20 Teammitglieder im gesamten Geschäftsbereich Akquisitionsfinanzierung, der neben der Origination und dem Portfoliomanagement auch das Back Office umfasst. Die Abteilungsleiter der Einheit Michael Brand, Thorsten Dill, Frank Kiesewetter, Michael Lichius sowie Norbert Loeken sitzen in Frankfurt und berichten an Petrobelli.
Im deutschen Leveraged-Finance-Geschäft legt die OLB ihren Fokus auf Finanzierungen von Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 25 und 250 Millionen Euro und einem moderaten Risikoprofil. „Von Zeit zu Zeit“ arbeite die Bank auch mit Debt-Fonds in Super-Senior-Strukturen zusammen, sofern es das Risikoprofil der Transaktion zulasse.
olivia.harder[at]finance-magazin.de
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.