Newsletter

Abonnements

Warum Adler für Prüfer wie ein Mandant aus der Hölle wirkt

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Keiner will den Immobilienkonzern Adler – eigentlich kein Wunder. Foto: ah_fotobox-stock.adobe.com
Keiner will den Immobilienkonzern Adler – eigentlich kein Wunder. Foto: ah_fotobox-stock.adobe.com

So etwas gab es wohl noch nie: Ein großer und bekannter Immobilienkonzern aus dem SDax kann einfach keinen Abschlussprüfer finden. Seit Monaten ist die Adler Group auf der Suche, doch keine einzige deutsche WP-Gesellschaft will das börsennotierte Unternehmen prüfen.

Wie konnte es so weit kommen? Adler selbst sucht nach Gründen. Diesen Eindruck erweckt zumindest ein Brief, den das Unternehmen in seiner Not an die Prüfgesellschaften geschrieben hat. „Gerne möchten wir in einem persönlichen Gespräch mehr über Beweggründe Ihrer Entscheidung erfahren“, heißt es darin. Man gibt sich ganz arglos.

Kein Wunder, dass niemand Adler will

Dabei liegen die Gründe auf der Hand. Mit jeder Kommunikation nach außen macht Adler deutlich, was für ein unangenehmer und unerbittlicher Kunde der Konzern wäre – und durch welche Hölle ein Abschlussprüfer während des Mandats gehen müsste.

Das zeigte sich schon in der Beziehung mit KPMG, dem ehemaligen Abschlussprüfer und Forensiker des wankenden Immobilienkonzerns. Etliche von KPMG anforderte Dokumente hatte Adler nicht geliefert – das hat die Untersuchungen der Prüfer und Forensiker behindert und teils sogar unmöglich gemacht.

Eine Aussage aus KPMGs Sonderbericht bezeichnete Stefan Kirsten gar als „hanebüchen“. Der Verwaltungsratschef warf den Prüfern vor, keine volle Expertise zu haben. Für die anschließende Verweigerung des Testats zeigte er ebenfalls wenig Verständnis, obwohl die Corporate Governance des Konzerns zu wünschen übrig lässt. Viele Details kamen erst tröpfchenweise nach den Vorwürfen des Shortsellers Fraser Perring heraus.

Und auch das Ende der Beziehung mit KPMG glich einer schmutzigen Scheidung. Nur wenige Stunden, nachdem Adler verkündet hatte, dass KPMG als Prüfer weitermachen werde, schmiss die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hin. Was auch immer bei dem Rosenkrieg hinter den Kulissen geschehen sein mag.

Wirtschaftsprüfer sind keine Wohlfahrt

Das scheint viele Prüfer abgeschreckt zu haben. Kirsten schimpfte erst kürzlich im Interview mit FINANCE, dass es ein „Armutszeugnis für die Prüferbranche“ wäre, wenn keiner das Mandat wolle. Doch wer will es den Prüfern bei der Ausgangslage verübeln? KPMG, Deloitte, EY, PwC & Co. sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die sich ihre Kunden selbst aussuchen können. Adler strahlt ein nicht unerhebliches Risiko aus. Seit dem Wirecard-Skandal ist die finanzielle Haftung der Wirtschaftsprüfer bei Fehlern massiv gestiegen.

Wer also will schon einen Mandanten, bei dem der Ärger vorprogrammiert zu sein scheint? Der schon mehrfach deutlich gemacht hat, dass er vom neuen Prüfer ein Testat für den Jahresabschluss 2022 fest erwartet? Und der direkt zu Rechtsmitteln greift – Stichwort Bafin-Untersuchung – wenn ihm etwas nicht passt? Wer dieses Mandat annimmt, hat also nicht viel zu gewinnen, aber einiges zu verlieren – und daran ist Adler selbst nicht unschuldig.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.