Die Sonne strahlt über dem Kölner Stadtteil Deutz, als Michael Pontzen in den verglasten Konferenzraum im 20. Stock der Lanxess-Zentrale tritt und freundlich grüßt. Bereits im Jahr 2013 ist der Chemiekonzern vom einstigen Headquarter in Leverkusen in die Ex-Lufthansa-Zentrale am Deutzer Rheinufer gezogen. Aus dem Konferenzraum offenbart sich ein toller Blick auf die Kölner Innenstadt, die wie der Deutzer Bahnhof in Laufdistanz liegt.
Auch wenn der Lanxess Tower an jenem herbstlichen Oktobertag aufgeräumt und ruhig wirkt, täuscht der erste Eindruck. Denn CEO Matthias Zachert und Finanzchef Pontzen bauen den Konzern derzeit erheblich um. Speziell 2021 jagt ein M&A-Deal den nächsten. Rund einen Monat vor dem Interview, Ende August, hat der MDax-Konzern seinen zweiten Milliarden-Deal binnen eines Jahres bekanntgegeben.
Vom US-Wettbewerber IFF übernimmt Lanxess die Microbial-Control-Sparte, das Closing ist für das Frühjahr 2022 angepeilt. Kaufpreis: 1,3 Milliarden US-Dollar. Im Februar 2021 hatte Lanxess schon Emerald Kalama Chemical geschluckt, für einen Kaufpreis von rund 1,1 Milliarden US-Dollar. Dieser Deal wurde erst vor wenigen Wochen abgeschlossen. Finanzchef Pontzen profitiert dabei von rekordverdächtig niedrigen Zinsen: So konnte er jüngst eine Anleihe über 500 Millionen Euro platzieren – für einen Nullprozentkupon.
Kautschukgeschäft stürzte Lanxess in eine tiefe Krise
So rosig waren die Zeiten nicht immer. Gestartet ist Lanxess einst als „Bayers Resterampe“, wie es bei der Ausgliederung 2004 aus dem mächtigen Leverkusener Konzern immer wieder spöttisch hieß. Die Aktie entwickelte sich gut bis zur Finanzkrise, litt dann aber unter dem weltweiten Einbruch der Märkte. Damals emittierte Pontzen eine Anleihe, um Finanzierungssicherheit zu signalisieren; 8 Prozent musste Lanxess dem Kapitalmarkt in den damals turbulenten Zeiten bieten.
Lanxess überstand die Krise gut, 2012 stieg der Konzern gar in den Dax auf. Doch nach dem Höhenflug kam ein tiefer Fall: Unter dem damaligen CEO Axel Heitmann eröffnete Lanxess 2013 ein neues Kautschukwerk in Singapur für 400 Millionen Euro – ein folgenschweres Fehlinvestment, wie sich herausstellen sollte. Lanxess war mit seinen Kunststoff- und Gummiprodukten stark abhängig von zyklischen Endmärkten wie der Automobilindustrie, zudem ist das Geschäft mit dem formbaren Rohstoff ein niedrigmargiges Massengeschäft. Die Folge: Es häuften sich die Verluste, am Ende wurde es finanziell sehr eng bei den Kölnern, der Kautschuk-Verfechter Heitmann musste den Posten räumen.
An seine Stelle trat der ehemalige CFO Matthias Zachert, der im Frühjahr 2014 nach rund zwei Jahren als Finanzvorstand bei Merck nach Köln zurückkehrte. Seine Mission: Lanxess muss fit für die Zukunft werden, und die Zukunft liegt im profitablen und deutlich stabileren Spezialchemiegeschäft. Zachert gilt als der maßgebliche Treiber hinter dem 360-Grad-Wandel von Lanxess – und auch die Finanzen des Konzerns hat er als Ex-CFO so gut im Blick wie nur wenige CEOs. Das wird bei Analystenkonferenzen und auch bei der Vorstellung der großen M&A-Deals immer wieder deutlich.
CFO Michael Pontzen arbeitet seit 2004 bei Lanxess
Zu seinem Sparringspartner für die Transformation machte Zachert Michael Pontzen. Der seit dem Frühjahr 2015 amtierende Finanzchef kennt Lanxess wie seine Westentasche: Zu den Kölnern kam der gebürtige Mönchengladbacher nach Stationen bei Ferrostaal, MAN und EADS Ende 2004, zunächst als Leiter Investor Relations. Vier Jahre darauf wurde Pontzen, der im Gespräch stets darauf bedacht ist, Anglizismen zu vermeiden, Leiter Corporate Finance. Später verantwortete er zudem das Risk und Cash Management. Zachert und Pontzen gingen in den vergangenen Jahren nach eigenem Bekunden „durch dick und dünn“.
Der Befreiungsschlag gelang dem dynamischen Duo 2018: Damals verkaufte Lanxess das Kautschuk-Joint-Venture Arlanxeo – früher als ursprünglich geplant und äußerst gewinnbringend – an den Partner Saudi Aramco. Die Verkaufserlöse verschafften den Kölnern die dringend benötigte finanzielle Beinfreiheit – und Spielraum für Investitionen, auch in anorganisches Wachstum. Schon heute ist Lanxess nicht mehr der Konzern, der er nach der Trennung von Bayer einmal war.
Selbst die Coronakrise konnte Lanxess kaum etwas anhaben – die Manager haben ihre Lehren aus der Finanz- und der hausgemachten Unternehmenskrise gezogen. Unbeeindruckt von der Pandemie drückt der Vorstand mit den beiden Milliardentransaktionen aufs Gaspedal. Doch was verbirgt sich hinter der M&A-Offensive? Michael Pontzen stand im FINANCE-Interview Rede und Antwort.
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