Gerade in Umbruchsituationen kommt es darauf an, dass das Management die richtigen Entscheidungen trifft. Doch sind dafür auch die passenden Mitarbeiter eingesetzt? Um das herauszufinden, lassen Unternehmen ihre Führungskräfte in kritischen Situationen gern in Management Audits durchleuchten, etwa in einer Restrukturierung, der Transformation des Geschäftsmodells oder nach einem größeren M&A-Deal.
„In der Regel sind es die Eigentümer oder Aufsichtsgremien, die ihre Managementteams bewerten lassen möchten“, erklärt Stephan Lang, Partner bei der Personalberatung Indigo Headhunters. In Restrukturierungssituationen bestellen mitunter auch die Restrukturierungsberater ein Audit.
Management Audit soll objektiv sein
Mehr als 100 Audits vom Konzern bis zum Mittelstand hat Lang in seiner Berufslaufbahn schon begleitet – und keine zwei Konzepte waren identisch, erinnert sich der Berater. „Die Kernfrage lautet immer: Welche Kompetenzprofile soll das Managementteam mitbringen, was soll es konkret umsetzen können?“ Um das zu definieren, soll das Management Audit die Stärken und Schwächen der Führungskräfte möglichst objektiv aufzeigen. Um die Profile messbar und vergleichbar zu machen, nutzen die Auditoren standardisierte Testverfahren, eines der bekannteren ist etwa das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“.
„Ob mir jemand sympathisch ist oder nicht, darf keine Rolle spielen.“
In der Regel umfassen die Audits verschiedene Bausteine: „Es gibt strukturierte Interviews, bei denen wir in intensiven Gesprächen die Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz hinterfragen, strategische Fragestellungen beleuchten und mögliche Herausforderungen thematisieren“, erklärt Lang. Ein teilstrukturierte Interview-Leitfaden werde dabei von Fall zu Fall neu erarbeitet Auch die Besprechung fiktiver Fallstudien oder Rollenspiele können Teil eines Audits sein.
Persönliche Befindlichkeiten müssen die Berater dabei ausblenden: „Ob mir jemand sympathisch ist oder nicht, darf keine Rolle spielen, das Ziel ist eine objektive Bestandsaufnahme.“ In die Abschlussberichte dürfe daher nur einfließen, was durch die im Audit genutzten Diagnosetools belegbar sei.
Sind Management Audits ein Misstrauensvotum?
Mehrere Stunden müssen die Manager für die verschiedenen Audit-Bestandteile einkalkulieren – zusätzlich zum Tagesgeschäft. Die Einladung zum Gespräch löst nicht immer pure Begeisterung aus, räumt Lang ein. Die interne Kommunikation ist für ihn ein wichtiger Punkt, um Akzeptanz zu schaffen: „Wird das Audit von den Führungskräften als Misstrauensvotum aufgegriffen oder gar als letzte Chance, den eigenen Job zu retten, ist Widerstand vorprogrammiert“, sagt Lang.
Wichtig sei es, das Ziel der Audits deutlich zu machen – in der Regel ist das der Wunsch, das Unternehmen bestmöglich durch eine Umbruchsituation zu führen. „Im Audit geht es darum, mit Hilfe standardisierter Tools und Methoden zu erfassen, was jeder Einzelne zu diesem Prozess beisteuern kann.“ Für die Manager seien die Audits auch eine Möglichkeit, sich zu positionieren, rät Lang: „Die Ergebnisse werden mit den Auftraggebern ausführlich besprochen. Gerade Mitglieder der zweiten Führungsebene bekommen dadurch eine große Visibilität.“
„Wird das Audit als Misstrauensvotum aufgegriffen, ist Widerstand vorprogrammiert.“
Doch auch die Berater müssen ihren Teil dazu beitragen, Akzeptanz zu schaffen. „Erfahrung und Branchenexpertise sind unerlässlich, um mit den Managern, die das Audit durchlaufen, auf Augenhöhe sprechen zu können“, sagt Lang. Unter den agierenden Personalberatern sollten daher auch Branchenspezialisten und Psychologen sein.
Management Audit als Entscheidungsgrundlage
Sind die Bewertungen abgeschlossen, führen die Berater mit den Teilnehmern ein Feedback-Gespräch über die Ergebnisse. „Die Entscheidung darüber, wer auf dem richtigen Posten sitzt und wer nicht, treffen wir nicht“, betont Lang. Die Management Audits sollen lediglich als Entscheidungsgrundlage dienen und Aufschluss darüber geben, wo ein Mitarbeiter womöglich noch Hilfestellung braucht.
Mitunter ist es jedoch auch der Job der Berater, unangenehme Wahrheiten zu dokumentieren, die intern nur schwer zur Sprache kommen können. „Kein Mitarbeiter wird beispielsweise dem ins Management beförderten Unternehmenserben ins Gesicht sagen, dass er eine kritische Fähigkeit vermissen lässt“, sagt Lang. Die Berater seien dann auch als Diplomaten gefragt: „Es geht dann darum, die Managementteams so zu erweitern, dass bestehende Schwächen kompensiert werden.“
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