Bei der Deutschen Bahn zeichnet sich eine Überraschung ab: Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Angaben aus dem Aufsichtsrat berichtet, soll Deutsche-Bahn-CFO Richard Lutz als CEO auf Rüdiger Grube folgen, der den Konzern im Januar im Streit um seine Vertragsverlängerung verlassen hat.
Lutz hatte den Vorstandsvorsitz zuletzt interimistisch ausgeübt. Die Bahn kommentierte die Personalie bislang nicht öffentlich. Sollte Lutz zum CEO aufsteigen, dürfte auch der Posten des Finanzvorstands zur Neubesetzung anstehen. Die Aufsichtsratssitzung, auf der formal über die Grube-Nachfolge entschieden wird, findet in der kommenden Woche statt.
Lutz galt zuletzt im Rennen um die prestigeträchtige Position als Außenseiter. Einer ganzen Reihe an Branchengrößen wurden Chancen nachgesagt: Gehandelt wurden unter anderem die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe, Sigrid Nikutta, der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen, Andreas Meyer, aber auch der Vorstandsvorsitzende der Division Mobility von Siemens, Jochen Eickholt.
CFO Richard Lutz ist seit 1994 bei der Deutschen Bahn
Auch der frühere Kanzleramtsminister und heutige Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla galt als möglicher Nachfolger Grubes. Wie das "Handelsblatt" aus Konzernkreisen berichtet, hat die Bahn letztlich Lutz bevorzugt, weil der 52-Jährige fachlich der beste Kandidat gewesen sei. Pofalla dagegen wäre ein politischer CEO, den das Unternehmen letztlich nicht wollte.
Der passionierte Schachspieler Lutz, der in Saarbrücken studierte und in Kaiserslautern über Jahresabschlussanalysen promovierte, ist bereits seit 1994 bei der Deutschen Bahn. 2010 übernahm er den Posten als Vorstand für Finanzen und Controlling. Seit August 2015 verantwortet Lutz auch die internationalen Geschäftsfelder DB Arriva und DB Schenker Logistics sowie die Bereiche Beschaffung und IT.
Bei der Bahn stehen derzeit einige große Herausforderungen an. 2015 fuhr der Konzern einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro ein, bei einem Umsatz von rund 40 Milliarden Euro. Eine geplante Privatisierung der DB-Töchter Schenker und Arriva ist zuletzt verschoben worden. In den kommenden Jahren will der Konzern zudem 1 Milliarde Euro bereitstellen, um die Digitalisierung voranzutreiben.
Info
Eine ausführliche Geschichte zur Führungssituation bei der Deutschen Bahn finden Sie in der FINANCE-Ausgabe März/April 2017, die Sie hier beziehen können.