Der kriselnde Explosionsschutzkonzern R. Stahl kommt nicht zur Ruhe: Nach nur einem Jahr im Amt wird CFO Volker Walprecht das Unternehmen schon wieder verlassen. Wie das Unternehmen am späten Montagabend mitteilte, wird der 55-Jährige seinen Posten bereits zum Monatsende abgeben. Der Schritt erfolge „im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat, der heute dem Wunsch von Herrn Walprecht auf vorzeitige Beendigung der Vorstandsbestellung zugestimmt hat“, hieß es dazu aus dem Konzern.
Walprecht, der zuvor unter anderem CFO des Automobilzulieferers Grammer war, kam im März 2018 zunächst als Leiter Finanz- und Rechnungswesen zu dem in einer Restrukturierung steckenden Unternehmen. Am 1. Juli übernahm er den CFO-Posten. Walprecht habe „den Finanzbereich der Gesellschaft in einer schwierigen Phase übernommen und federführend dafür gesorgt, die Liquidität und Finanzierung der R. Stahl-Gruppe zu sichern sowie den Finanzbereich neu aufzustellen. Diese Aufgabe ist erfolgreich abgeschlossen“, heißt es in einer Unternehmensmitteilung zu dem Wechsel.
Noch 2017 hatte das Unternehmen seine Gewinnprognose binnen weniger Monate zweimal nach unten korrigieren müssen. Walprechts Vorgänger, der langjährige CFO Bernd Marx, verließ das Unternehmen Anfang 2018. Kurz darauf verschob R. Stahl die Vorlage des Geschäftsberichts für 2017.
R. Stahl durchläuft Effizienzprogramm
Gegenüber dem schwierigen Jahr 2017 hat sich die Situation bei R. Stahl inzwischen etwas beruhigt. Walprecht berichtete noch vor wenigen Monaten im Gespräch mit FINANCE, die Verlässlichkeit der Prognosen stärker in den Blick rücken zu wollen: Die Prozesse seien nicht zuverlässig genug gewesen, man habe „prozessual und inhaltlich kurzfristig scharf nachjustiert, um die Prognosegenauigkeit zu verbessern“, sagte der CFO.
Im Rahmen des Effizienzprogramms „R. Stahl 2020“ kam ein neuer Controlling-Ansatz zum Einsatz, der die Profitabilität der Produkte in den Fokus rückte. Erlösschwache Produkte wurden aussortiert, mit positiven Effekten für das Working Capital.
Die Maßnahmen zeigen Wirkung: Für das Geschäftsjahr 2018 vermeldete das Unternehmen im Rahmen der jüngsten Jahreszahlen einen steigenden Umsatz und rückläufige Kosten. Die Ertrags- und Finanzlage habe sich „deutlich verbessert“. Für 2018 weist R. Stahl einen Umsatz von 280 Millionen Euro aus, ein Plus von 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Jahresergebnis war zwar mit minus 7 Millionen Euro nach wie vor negativ, im Vorjahr hatte das Minus allerdings noch bei 21 Millionen Euro gelegen.
R. Stahl verhandelt bereits mit CFO-Kandidaten
Walprechts Nachfolger wird nun dafür sorgen müssen, dass die Restrukturierung weiter zügig voranschreitet. Das Umfeld dafür ist nicht einfach: Voraussetzung für eine steigende Profitabilität sei eine „anhaltend robuste Nachfrage“ in den wichtigsten Absatzmärkten, stellte das Unternehmen bei Vorlage der Jahreszahlen fest. Auf mögliche Schwierigkeiten wies der scheidende CFO Walprecht Anfang Mai bei Vorlage der Zahlen für das erste Quartal hin: die geopolitischen Entwicklungen und Handelskonflikte könnten „in einzelnen Branchen durchaus zu einer insgesamt verhaltenen Marktstimmung führen“, fürchtete er.
FINANCE-Köpfe
Zumindest beim Abbau der Verschuldung war R. Stahl zuletzt auf einem guten Weg: Nach dem ersten Quartal 2019 wies der Explosionsschutzkonzern eine Nettoverschuldung (ohne Pensionsrückstellungen) von 2,6 Millionen Euro aus. Zum Jahresende 2017 hatte der Wert noch bei 18,1 Millionen Euro gelegen, bis Ende 2018 war er bereits deutlich auf 5,5 Millionen Euro gesunken.
Bis ein neuer CFO für R. Stahl gefunden ist, übernimmt CEO Mathias Hallmann den Posten des Finanzvorstands interimistisch mit. Dem Unternehmen zufolge soll der Posten „zeitnah“ neu besetzt werden, ein genaues Datum nannte R. Stahl bislang nicht. Allerdings hat der Explosionsschutzspezialist offenbar schon einen Kandidaten im Blick. Das Unternehmen befindet sich einer Mitteilung zufolge bereits „in ersten Gesprächen“ über eine Nachbesetzung des CFO-Postens.
Info
Mehr über die Karriere des R. Stahl-CFOs erfahren Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Volker Walprecht.