Jürgen Geißinger, bisher Chef beim Windanlagenbauer Senvion, ist am heutigen Mittwoch mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurückgetreten. Einen Grund für seinen plötzlichen Weggang nannte Senvion nicht. Die Suche nach einem Nachfolger für den früheren Schaeffler-Chef, der den Windanlagenbauer mehr als zwei Jahre lang geführt hat, sei aber bereits auf einem sehr guten Weg, teilte das Unternehmen mit.
Bis ein neuer Chef berufen wird, übernimmt der bisherige CFO Kumar Manav Sharma den Posten als Interims-CEO. Zudem rückt David Hardy, bisher Chief Sales Officer, zum weiteren Vorstand von Senvion auf.
Senvion-CFO Manav Sharma schon lange an Bord
Mit Manav Sharma steht nun übergangsweise ein Manager an der Spitze, der das Unternehmen, bei dem 2015 der PE-Investor Centerbridge eingestiegen war, sehr gut kennt. Er war bereits für Suzlon, die ehemalige Mutter von Senvion, tätig. Seit 2013 leitet er das Finance-Team bei dem Windanlagenbauer, im Juli 2015 wurde er zum CFO berufen.
Gemeinsam mit Jürgen Geißinger brachte Sharma das Unternehmen im März 2016 mühevoll im zweiten Anlauf an die Börse. Um den Sprung an die Börse zu schaffen, musste das Unternehmen beim Preis und Volumen hohe Abstriche machen. Während seiner Amtszeit schloss Senvion zudem einen Zukauf in Indien ab und platzierte einen Green Bond, mit dem ein teurerer High Yield Bond refinanziert werden konnte.
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Senvion leidet unter Preisdruck in der Windbranche
Die Aufgaben, die der zukünftige Senvion-CEO gemeinsam mit Finanzchef Sharma zu bewältigen hat, sind keine leichten. Senvion leidet – wie die Branche insgesamt – unter dem starken Preisdruck am Markt für Windanlagen. Aufträge werden mittlerweile häufig über Auktionsverfahren vergeben, was das Preisniveau insgesamt drückt.
Wie schwierig die Lage für Senvion ist, wurde vor wenigen Tagen deutlich, als Senvion die Zahlen für das erste Quartal 2018 vorlegte: Das Unternehmen muss einen deutlichen Umsatzeinbruch von rund 392 Millionen Euro im Vorjahr auf 256 Millionen Euro verkraften. Unterm Strich steht ein Verlust, den Senvion allerdings von knapp 50 Millionen Euro im ersten Quartal 2017 zum Jahresauftakt 2018 auf rund 28 Millionen Euro senken konnte. Als Grund dafür nennt Senvion unter anderem geringere Restrukturierungs- und Zinskosten.
Senvion selbst gibt sich trotz des schwierigen Marktumfelds optimistisch: Immerhin verzeichnet der Windanlagenbauer einen Auftragseingang, der um 37 Prozent über dem Vorjahresquartal liegt. Auch die heutige Personalie will das Unternehmen als ein Einläuten der „nächste Phase des Wachstumskurses und der internationalen Expansion“ verstanden wissen. Damit wird auch klar, worauf ein Schwerpunkt für den neuen CEO – neben den notwendigen Kosteneinsparungen – liegen dürfte.
Info
Mehr über die Karriere von Senvion-CFO Kumar Manav Sharma finden Sie in seinem Profil bei FINANCE-Köpfe.
Hohe Schulden, Führungswechsel, verpatzte Projekte: Der Windturbinenbauer Senvion ist pleite. Wie es dazu kam und welche Geldgeber jetzt um die Macht bei Senvion kämpfen, erfahren Sie auf der FINANCE-Themenseite Senvion.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.