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Verliert Gilde sein nächstes Portfoliounternehmen?

Eismann schreibt seit Jahren rückläufige Umsätze. Nun haben die Banken die Reißleine gezogen und dem Investor Gilde die Führung genommen.
Eismann

Gilde droht, das nächste deutsche Portfoliounternehmen zu verlieren: Aus übereinstimmenden Medienberichten geht hervor, dass Banken den niederländischen Private-Equity-Investor auch bei seiner Beteiligung Eismann an den Rand gedrängt haben. Nach Berichten der „Börsenzeitung“ und der „Lebensmittelzeitung“ hat die auf Unternehmen in Sondersituationen spezialisierte Cornelius Treuhand Holding aus Frankfurt die Aufsicht über Eismann übernommen.

Der Treuhänder soll im Auftrag der Geldgeber einen neuen Anlauf nehmen, um Eismann doch noch im Rahmen eines strukturierten M&A-Prozesses zu veräußern. Verkaufsversuche durch Gilde sollen zuvor ergebnislos im Sande verlaufen sein. Gilde wollte sich hierzu auf FINANCE-Anfrage nicht äußern. Auch die genaue Höhe der Eismann-Beteiligung wollte der Finanzinvestor nicht nennen.

Eismann-Umsätze sind seit Jahren rückläufig

Dass Gilde Schwierigkeiten haben würde, den Mehrheitsanteil an Eismann loszuwerden, war schon zum Start des Verkaufsprozesses im Herbst im Markt vermutet worden, denn die Umsatzentwicklung von Eismann zeigt einen dramatischen Trend: Konnte der Lieferant von Tiefkühlprodukten im Jahr 2008 noch 603 Millionen Euro umsetzen, schmolz die Umsatzbasis gemäß Statista seitdem in jedem einzelnen Jahr weiter ab.

Bis 2016 summierten sich die Rückgänge auf eine neue Umsatzzahl von 321 Millionen Euro. Zusätzlich schrieb Eismann in diesem Jahr nach Recherchen der Börsenzeitung einen Fehlbetrag von 11,5 Millionen Euro. Aktuellere Zahlen zu Eismann sind nicht bekannt. Einem Bericht der Wirtschaftswoche zufolge peilte Eismann für das Jahr 2018 aber lediglich einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 15 Millionen Euro an.

Geschäftsmodell von Eismann geht nicht auf

Eigentlich war Gilde 2011 angetreten, um Eismann durch die Hinzunahme von mehr als 300 zusätzlichen Produkten und einen Ausbau des Geschäfts in Italien größer zu machen. Stattdessen litt Eismanns Geschäftsmodell unter dem Ausbau des Tiefkühlgeschäfts bei diversen Supermarktketten und dem Markteintritt von Kochboxversendern wie Hello Fresh. Zusätzliche Konkurrenz entstand durch Online-Lieferdienste, wie sie beispielsweise Rewe aufbaute.

Hinzu kommt: Als Gilde bei Eismann einstieg, hatte das Unternehmen mehrere Optimierungsrunden durch Private-Equity-Investoren bereits durchlaufen. Vor Gilde besaß ICG den Food-Logistiker, davor die Mittelstandsfonds ECM und Parcom Ventures.

Deutschlandportfolio von Gilde drittelt sich

Besonders kritisch für Gilde – mit Assets under Management von 3 Milliarden Euro einer der größeren pan-europäischen Mid-Cap-Fonds – ist, dass erst vor wenigen Wochen ein anderes Portfoliounternehmen auf Drängen der Banken in den Händen eines Treuhänders landete: Bei dem angeschlagenen Zeltbauer Losberger de Boer übt der bekannte Dentons-Anwalt Andreas Ziegenhagen inzwischen diese Funktion aus.

Damit hat sich die Gruppe der deutschen Portfoliounternehmen von Gilde auf einen Schlag um ein Drittel reduziert: Noch im Portfolio befinden sich der Schmuckhändler Amor, der Bildungsanbieter Comcave, der Autozulieferer Gundlach und Caseking, ein Anbieter von Zubehör für die Gaming-Industrie. Auch bei diesen Investments stehen die Niederländer vor anspruchsvollen Aufgaben, denn sowohl bei Amor als auch bei Caseking konnten die Vorbesitzer 3i und Equistone in der ersten Runde bereits sehr hohe Renditen erwirtschaften. Auch dort dürften – wie schon bei Losberger und Eismann – die tief hängenden Früchte bereits gepflückt sein.

Bei Amor ist Gilde angetreten, um insbesondere den Vertrieb der Produkte in Deutschland zu stärken. Caseking hingegen will der Finanzinvestor mithilfe einer dezidierten Buy-and-build-Strategie zum „klaren Marktführer“ für Gaming-Zubehör in ganz Europa machen.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Info

In die Private-Equity-Branche fließt so viel Geld wie nie. Das heizt den Wettbewerb der Finanzinvestoren um Zielunternehmen an. Lesen Sie mehr auf der FINANCE-Themenseite Private Equity.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.