Nun ist es offiziell: Adidas wird seine Sportmarke Reebok verkaufen. Wie der Sportartikelhersteller mitteilte, hat er die „Prüfung von strategischen Alternativen für Reebok abgeschlossen“ und beschlossen, einen M&A-Prozess für die Tochter einzuleiten. Adidas will sich nun wieder auf die Weiterentwicklung der eigenen Marke konzentrieren. Um diesen Schritt zu untermauern, wird Reebok ab dem ersten Quartal 2021 als aufgegebener Geschäftsbereich bilanziert.
„Die langfristigen Wachstumschancen in unserer Branche sind sehr attraktiv, insbesondere für ikonische Sportmarken. Nach sorgfältiger Abwägung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Reebok und Adidas ihr Wachstumspotenzial unabhängig voneinander deutlich besser ausschöpfen können“, kommentiert CEO Kasper Rorsted die bevorstehende Transaktion.
Mit dem Verkauf von Reebok soll Adidas die US-Investmentbank J.P. Morgan mandatiert haben, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Ein Verkauf könnte rund 1 Milliarde Euro erlösen, heißt es in dem Bericht. Im Geschäftsbericht 2019 wies Adidas den Wert der Marke Reebok mit 842 Millionen Euro aus.

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Adidas stellt Reebok ins Schaufenster
Adidas wurde mit Reebok nicht glücklich
Mit der Veräußerung von Reebok findet eine lange Leidensgeschichte ihr Ende. Adidas hatte Reebok im Jahr 2006, damals noch unter der Führung von Konzernchef Herbert Hainer, für rund 3,1 Milliarden Euro übernommen. Die Übernahme sollte eine Kampfansage an den US-Wettbewerber Nike sein. Doch es kam anders, die hohen Erwartungen an den Reebok-Deal konnte Adidas nie erfüllen.
Die Umsätze stagnieren seit der Übernahme faktisch, im Jahr 2019 erzielte Reebok einen Umsatz von 1,75 Milliarden Euro. Damit steht Reebok lediglich für 7 Prozent des gesamten Konzernumsatzes. Zwischendurch hagelte es operative Verluste, enttäuschende Umsätze und umfangreiche Goodwill-Abschreibungen.
Attraktive Lizenzdeals wie mit der US-Football-Liga NFL wurden nach der Übernahme aufgelöst, und auch eine Revitalisierung der Marke im Markt für Damensportbekleidung glückte nicht. Gleichzeitig sorgten Entscheidungen wie die Ausrüstungsvereinbarung mit dem Kampfsportveranstalter UFC für Stirnrunzeln hinsichtlich der Markenführung.
Adidas musste Reebok restrukturieren
Auch die im Jahr 2016 aufgesetzte Transformation mit dem Namen „Muscle up“ fruchtete nur bedingt. Zwar verbesserten sich gemäß Adidas die Wachstums- und Profitabilitätsaussichten, und Reebok schaffte den Sprung in die schwarzen Zahlen, aber das erhoffte profitable Wachstum blieb aus.
Zuletzt wurde Reebok auch noch stärker von der Coronavirus-Krise erwischt als Adidas: Der Umsatz brach in den ersten neun Monaten 2020 um 20 Prozent ein. Bei Adidas war es währungsbereinigt ein Umsatzminus von 18 Prozent.
Und das letzte Kapitel der Geschichte ist noch nicht geschrieben: Analysten gehen davon aus, dass Adidas bei einem Verkauf von Reebok weitaus weniger erzielen wird als die 3,1 Milliarden Euro, die der Konzern 2006 auf den Tisch gelegt hatte.
FINANCE-Köpfe
Private Equity könnte bei Reebok zugreifen
An Reebok – einer halbwegs bekannten Marke, die aber schlecht gemanaged wurde – könnten jedoch gerade aufgrund des Bekanntheitsgrads und des Verbesserungspotentials eine Reihe von potentiellen Käufern Interesse zeigen. Als Käufer kommen vor allem zwei Gruppen in Frage.
Da wären zum einen Private-Equity-Investoren wie Triton, Permira oder Advent, die mit frischen finanziellen Mitteln und Management-Skills den Hebel bei Reebok umlegen könnten. All diese Häuser verfügen bereits über Erfahrungen mit anderen Investments aus der Mode- und Sportartikelbranche. Finanzinvestoren hätten bei Reebok freie Hand, was die neue Strategie betrifft und könnten der ehemaligen Aerobic-Marke wieder einen klaren, modernen Fokus verpassen.
Auch für Sport-Holdings wie die finnische Amer Group, die US-Bekleidungsfirma VF Corporation oder die chinesischen Firmen Anta Sports und Li Ning könnte eine Reebok-Übernahme vor allem mit Blick auf Synergien zum eigenen Geschäft sinnvoll sein. Insbesondere chinesische Strategen könnten an einem Deal mit Reebok interessiert sein, weil er ihnen den ersehnten Einstieg in den US-Markt eröffnen könnte, wo Reebok stark etabliert ist.
Neben den üblichen Verdächtigen aus den Kreisen der Strategen und der Finanzinvestoren haben sich aber auch kuriose Kaufinteressenten ins Gespräch gebracht. Dazu zählen verschiedene Rapper und die Basketballlegende Shaquille O’Neal.
olivia.harder[at]finance-magazin.de

Mehr über den Adidas-CFO erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Harm Ohlmeyer.