Wenn der US-Hedgefonds Elliott sich an einem Unternehmen beteiligt, schrillen auf der Vorstandsetage deutscher Konzerne häufig die Alarmglocken. Jetzt könnte der aktivistische Investor, unter der Führung von Paul Singer, den nächsten Coup planen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, soll Elliott bereits vor rund einem Jahr unbemerkt bei dem Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer eingestiegen sein.
Wie hoch seine Beteiligung ist, ist nicht bekannt, jedoch muss sie weniger als 3 Prozent betragen, da sie ansonsten meldepflichtig gewesen wäre. Dem Bericht zufolge drängt Elliott Bayer zur Aufspaltung – wenn das stimmt, stehen dem Management schwierige Zeiten bevor.
Deutschland bleibt im Fokus von aktivistischen Investoren
Der Fall Bayer wäre im Jahr 2018 nur einer von vielen: Aktivistische Investoren haben in diesem Jahr 15 Kampagnen gegen börsennotierte deutsche Unternehmen und deren Management gefahren. Das ergab eine Auswertung der Investmentbank JP Morgan. Im Vergleich zu 2017 sind dies zwar fünf Attacken weniger, Grund zur Entspannung sehen Experten in diesem Rückgang allerdings nicht. Das Interesse von Aktivisten an deutschen Unternehmen ungebrochen groß, sagt Patrick Siebert, Managing Director bei der Unternehmensberatung Alvarez & Marsal.
Aktivistische Investments würden insgesamt an Bedeutung gewinnen, da Aktionäre deutscher Großkonzerne vermehrt auf kurzfristige Veränderungen pochten. „Den Aktivisten gelingt es durch exzellente Vorbereitung, Veränderungen in der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens oder im Management zu bewirken“, erklärt Siebert. Das bekamen in diesem Jahr gleiche mehrere namhafte Konzerne zu spüren, darunter auch der Anlagenbauer Gea und der Autozulieferer Grammer.
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Cevian und Elliott sorgten für Unruhe bei ThyssenKrupp
Den spektakulärsten Aktivisten-Fall lieferte in diesem Jahr allerdings ThyssenKrupp. Der aktivistische Fonds Cevian, der 18 Prozent an dem Essener Industriekonzern hält, sorgte im Juni für viel Aufmerksamkeit, als er das Management heftig in der Öffentlichkeit kritisierte. Gemeinsam mit Elliott setzten sich die Schweden für eine Zerschlagung von ThyssenKrupp ein.
Der Druck von außen und interne Unstimmigkeiten wurden schließlich so groß, dass CEO Heinrich Hiesinger und Aufsichtsratschef Ulrich Lehner zurücktraten. Finanzchef Guido Kerkhoff, der inzwischen zum dauerhaften Hiesinger-Nachfolger benannt wurde, gab im September dem Druck der Aktivisten nach und kündigte eine Aufspaltung des Konzerns an.
„Die Aktivisten nutzen die Zeit bis zur Meldepflicht, um das Unternehmen unter dem Radar analysieren zu können.“
Auffällig ist aus Sieberts Sicht die Vorgehensweise der Investoren, die sich in den vergangenen Jahren gewandelt hätte: „Die Aggressivität mancher Aktivisten ist beachtlich“, stellt er fest. Immer häufiger würde die Öffentlichkeit genutzt, um die Führungsebene unter Druck zu setzen und die eigenen Forderungen durchzusetzen. Eine Kontaktaufnahme mit dem Aktivisten im Vorfeld eines Investments ist aus Sieberts Sicht nahezu unmöglich. „Die Aktivisten nutzen die Zeit bis zur Meldepflicht, um das Unternehmen unter dem Radar analysieren zu können.“
Den Aktivisten mit Carve-outs zuvorkommen
Um eine Eskalation wie im Fall Thyssen zu verhindern, gibt es Patrick Siebert zufolge jedoch mehrere Handlungsoptionen, mit denen Unternehmen aktivistischen Kampagnen vorbeugen können. „Zuallererst muss das Managements sich selbst kritisch hinterfragen und die eigenen Schwachstellen identifizieren“, erklärt er. Somit könnten die Unternehmen Präventivmaßnahmen einleiten, die einen Angriff unwahrscheinlicher machten.
Auffällig ist zudem, dass in diesem Jahr eine ganze Reihe von Großkonzernen komplexe Umbaumaßnahmen angekündigt oder bereits vorgenommen haben. Unternehmen wie Siemens, Daimler oder Continental verpassen sich eine neue (Holding-)Struktur und bündeln unabhängige Geschäftsbereiche unter einem Dach. „Diese Maßnahmen können auch als eine indirekte Antwort auf die Aktivisten gesehen werden“, glaubt Siebert. Alte Konglomerate würden aufgebrochen und die Geschäftsteile flexibler gemacht. Zudem seien (Teil-)Börsengänge der abgespaltenen Sparten sehr wahrscheinlich, so Siebert.
„Nicht mit dem Aktivisten zu kommunizieren, ist häufig ein großer Fehler.“
Sollte ein Aktivist sich trotzdem in das Unternehmen eingekauft haben, sollte die Unternehmensführung die Situation keinesfalls aussitzen. „Nicht mit dem Aktivisten zu kommunizieren ist häufig ein großer Fehler“, mahnt Siebert. Der konstruktive Dialog sei stets die beste Variante. Das allerdings setzt voraus, dass der Aktivist überhaupt gesprächsbereit ist.
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Aktivistische Investoren wie Elliott werden auch in Deutschland immer stärker. Wen sie im Visier haben, lesen Sie auf unserer Themenseite.