Tom Tailor muss schon wieder einen Rückschlag verkraften: Das Hamburger Modehaus darf seine Krisentochter Bonita nicht wie vereinbart verkaufen. Wie Tom Tailor am Freitag nach Börsenschluss mitteilte, haben die Konsortialbanken dem Verkauf von Bonita nicht mit der ausreichenden Mehrheit zugestimmt. Das Bankenkonsortium von Tom Tailor besteht aus acht Banken, angeführt von BNP Paribas, LBBW sowie Unicredit.
Der Tom-Tailor-Vorstand findet dafür klare Worte: „Wir sind sehr enttäuscht über diese Entwicklung“, lässt sich CEO Heiko Schäfer zitieren. „Zum einen, da der Verkauf von Bonita trotz aller Bemühungen nicht zum Abschluss kommt. Zum anderen, weil wir dies nach wie vor als beste Option betrachten.“
Der Vorstand werde sich zwar weiter bemühen, die Zustimmung der Banken zu erhalten, halte diese aber für unwahrscheinlich. Daher prüft Tom Tailor nun „sämtliche strategische Alternativen“ für Bonita. Auch eine Wiederaufnahme des Verkaufsprozesses sei nicht ausgeschlossen. Parallel sollen die laufenden Restrukturierungsmaßnahmen „weiter intensiviert“ werden.
Bonita sollte ursprünglich an Victory & Dreams gehen
Dabei schien bereits im März dieses Jahres der Bonita-Verkauf in trockenen Tüchern, als Tom Tailor mit der niederländischen Victory & Dreams International einen Kaufvertrag abgeschlossen hatte. Die kriselnde Tochter ist eine große Belastung für gesamten Konzern, Tom Tailor musste den Markenwert von Bonita, den das Modehaus bei 184,5 Millionen Euro ansetzt, mittlerweile komplett abschreiben.
Und auch schon einen Monat zuvor sah die Situation bei dem angeschlagenen Modehaus hoffnungsvoll aus, als sich der chinesische Großaktionär Fosun zu einer 8,6 Millionen Euro schweren Finanzspritze bereit erklärte. Das frische Kapital der Chinesen, die aktuell 35,35 Prozent an Tom Tailor halten, braucht CFO Thomas Dressendörfer dringend, um Tom Tailor wirtschaftlich zu stabilisieren.
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Banken, Fosun und Tom Tailor werden sich nicht einig
Doch zuletzt verdüsterte sich die Lage wieder: Überraschend gab das Modehaus vor wenigen Wochen zu, dass sich die Verhandlungen mit den Konsortialbanken und Fosun „entgegen der Einschätzungen des Vorstandes als zunehmend schwieriger“ gestalteten. Es war sogar offen, „ob und wann die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss kommen werden“. Bereits damals war klar, dass die Unstimmigkeiten auch den Verkauf von Bonita betreffen. Zudem stand ein Fragezeichen hinter der Art und Höhe weiterer Kapitalzusagen von Fosun.
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Vergangene Woche stürzte Fosun dann auch noch den Aufsichtsrat von Tom Tailor: Der Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Tochtermann musste Platz für die Fosun-Managerin Jenny Shao machen. Zudem übernahm Fosun-Fashion-Group-CFO Michael Chau den frei werdenden Platz im Tom-Tailor-Aufsichtsrat. Mit dieser Handlung strebe Fosun „in der derzeitigen Sondersituation eine größere Repräsentanz im Aufsichtsrat an“, erklärte Tom Tailor.
Derweil warten die Aktionäre immer noch auf die Zahlen des Modehändlers: Die Veröffentlichung des Jahresabschlusses sowie die Hauptversammlung hat Tom Tailor wegen der stockenden Verhandlungen auf einen unbestimmten Termin verschoben. Mit jeder weiteren schlechten Nachricht scheint eine Rettung des Modehauses unwahrscheinlicher zu werden.
Info
Wie es zu der Finanzierungskrise des bekannten Modehauses kam und wie die Akteure bislang agiert haben, können Sie auf der FINANCE-Themenseite zu Tom Tailor nachlesen.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.


