Abschied von Automotive: Indus verkauft den Fahrzeugtechnikkonzern Selzer an Mutares. Über die Details des Deals, dessen Abschluss vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden für das dritte Quartal 2023 erwartet wird, haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart.
Mit der Transaktion endet für Indus das Kapitel Automotive. Das entspricht den Plänen der Holding, die zum Jahresanfang 2023 eine neue Unternehmensstrategie bekanntgegeben hatte. Danach plant Indus, seine Beteiligungen in bisher fünf Segmenten auf künftig drei zu reduzieren. Aufgegeben werden demnach die Sparten „Medizin- und Gesundheitstechnik“ mit fünf Portfoliounternehmen, die allesamt in den Bereich „Materials“ wandern, sowie „Fahrzeugtechnik“.
Vier Unternehmen hat die Holding aus Bergisch Gladbach in die drei neuen Segmente geschoben, Selzer und den Prototypenbauer Schäfer wollte man losschlagen. Das ist nun binnen eines Monats gelungen, denn in der ersten Juliwoche hatte bereits der Private-Equity-Investor Callista die Schäfer-Gruppe erworben.
Indus will sich auf Industrietechnik fokussieren
„Mit dem Verkauf der Selzer-Gruppe schließen wir die Neuordnung unseres Portfolios deutlich vor dem Jahresende 2023 ab“, sagt Johannes Schmidt, Vorstandsvorsitzender bei Indus. „Damit haben wir das letzte Unternehmen aus den aufgegebenen Geschäftsbereichen veräußert.“
Insgesamt wird das abgestoßene Familienunternehmen aus dem Westerwald das Ergebnis der aufgegebenen Geschäftsbereiche im Geschäftsjahr 2023 letztmalig mit rund 21 Millionen Euro belasten, heißt es von Indus. Diese Belastungen werden zum größten Teil noch im zweiten Quartal 2023 gebucht werden. Wegen der geplanten Aufgabe des Segments Fahrzeugtechnik hatte Indus die Erträge und Aufwendungen der Selzer-Gruppe für den Konzernabschluss 2022 bereits in das Ergebnis aufgegebener Geschäftsbereiche umgegliedert. Nach dem Closing will Indus die Gruppe entkonsolidieren.
Selzer gehört künftig zu Ferral United
Für die Selzer-Gruppe mit ihren rund 440 Beschäftigten könnte der Verkauf an Mutares durchaus Vorteile bieten. Das Private-Equity-Haus verfügt über reichlich Erfahrung in Sachen Turnaround im Automotive-Bereich. Bei Mutares wird Selzer künftig zur Metals Group gehören, die unter dem Namen Ferral United firmieren wird. Dabei handelt es sich um einen Zulieferer für metallbasierte Komponenten und Systeme, der die Mutares-Portfoliounternehmen Primotecs, Cimos und die Franzosen von MMT-B vereint.
Für Indus dürfte der Abschied derweil eine Erleichterung darstellen. Im Interview mit FINANCE im Januar 2023 nannte Indus-Vorstandschef Schmidt Selzer mehrfach in einem Atemzug mit dem insolventen Portfolio-Unternehmen SMA, dem Indus im Herbst 2022 den Geldhahn zugedreht hatte. Dabei berichtete er, dass sich Selzer in der Restrukturierung befinde. Diese entwickle sich zwar gut, aber das Familienunternehmen benötige „viel Aufmerksamkeit und Finanzmittel“. Zudem sei Indus kein Restrukturierungsexperte. Mutares hingegen ist spezialisiert auf die Übernahme von Unternehmen in Umbruchsituationen.
Die Münchener planen, das Wachstum von Selzer zu beschleunigen und die operativen Strukturen neu zu gestalten. Ob dadurch einer der vier Standorte wegfallen wird, wurde nicht gesagt. Jedoch will Mutares „zahlreiche Synergieeffekte innerhalb der Ferral United Group“ heben, „um die Selzer-Gruppe als Montagespezialist zu positionieren und die schlanke und kosteneffiziente Gruppenstruktur zu nutzen“, heißt es in einer Mitteilung.
Aufgrund der bereits getätigten Investitionen und der anstehenden Serienanläufe rechnen beide Seiten für Selzer mit einem Wachstumssprung beim Jahresumsatz von derzeit rund 65 Millionen Euro auf 130 Millionen Euro im Jahr 2025.
Schäfer ging Anfang Juli an Callista
Wie Selzer hat Indus Anfang Juli bereits die Schäfer-Gruppe verkauft. Der Mittelständler erwirtschaftete 2022 einen Jahresumsatz von gut 16 Millionen Euro. Der neue Eigentürmer Callista will vorhandene Kundenbeziehungen intensivieren und neue Geschäftsfelder ausbauen. „Durch die Vielseitigkeit haben wir die Möglichkeit in mehreren Branchen zum führenden Entwicklungspartner für zahlreiche Unternehmen zu werden“, erklärte Christopher Irion, Chief Investment Officer von Callista.
Bei Schäfer wird der Fokus künftig stärker auf Luxusgütern und Luftfahrt liegen, da die Münchener hier „sowohl umsatzseitig als auch im Hinblick auf die Profitabilität große Potentiale“ sehen. Die bisherigen Standorte sollen „im Wesentlichen unverändert fortbestehen“.
Für Indus wird der Verkauf von Schäfer an Callista zu einer Entkonsolidierung im dritten Quartal 2023 führen. Die Transaktion habe laut der Holding nur noch geringe bilanzielle Auswirkungen, die im zweiten Quartal berücksichtigt werden.
Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.