Die Finanzlage des Reiseportals Travel24 gilt schon seit Längerem als undurchsichtig und angeschlagen. Jetzt hat sich die Lage der Tochter des Unister-Konzerns dramatisch verschärft: Die Wirtschaftsprüfer von BDO haben Travel24 einen so genannten Versagungsvermerk ausgestellt. Das heißt, die Prüfer haben sich geweigert, der Firma den Jahresabschluss für 2014 zu testieren.
Der Grund sind „wesentliche Prüfungshemmnisse“, wie Travel24 in einer Pflichtmitteilung angibt, ohne Details zu nennen. Dies lässt sich so deuten, dass nach Ansicht von Travel24 BDO dem Leipziger Unternehmen die Bestätigung nicht wegen inhaltlicher Einwände versagt, sondern deswegen, weil sich die Prüfer nicht in der Lage sehen, ein Urteil abzugeben.
Welche Hindernisse es der Hamburger Prüfgesellschaft unmöglich gemacht haben, ein Urteil abzugeben, bleibt im Dunkeln. Das Unternehmen gibt in der Mitteilung keine näheren Auskünfte und war auch für eine Anfrage zunächst nicht erreichbar. Mögliche Gründe für einen Versagungsvermerk aufgrund von Prüfungshemmnissen ist eine Verweigerung der Kooperation durch das geprüfte Unternehmen – oder auch die Zerstörung von Unterlagen aufgrund von höherer Gewalt.
Versagungsvermerk bei Travel24 versetzt Investoren in Panik
Klar ist aber eins: Das Signal, das Travel24 mit der Nachricht sendet, ist verheerend. Dass eine Prüfgesellschaft das Urteil verweigert – sei es wegen Einwendungen oder Prüfungshemmnissen – ist extrem selten. Selbst wenn der Prüfer wesentliche Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen Finanzlage des Unternehmens und dem Jahresabschluss sieht, vergibt er in der Regel einen so genannten eingeschränkten Bestätigungsvermerk. BDO stand schon einmal im Mittelpunkt solcher Vorkommnisse: Im Juli 2013 hatte die WP-Gesellschaft dem chinesischen Handtaschenhersteller Powerland ein Versagungsvermerk ausgestellt. Ein Jahr später, im Sommer vergangenen Jahres, erhielt die damals auf der US-Sanktionsliste stehende Deutsche Forfait von BDO kein Testat.
Die Investoren der Mittelstandsanleihe von Travel 24 nehmen die neue Hiobsbotschaft zum Anlass, aus dem Papier zu flüchten. Der Kurs gab zum Handelsstart um knapp 10 Prozent nach. Jetzt steht die Mittelstandsanleihe bei 33 Prozent ihres Nennwerts und damit auf einem Stand so tief wie nie zuvor seit der Begebung des Bonds im September 2012.
Doch die Investoren sind nicht erst seit heute skeptisch bezüglich der Aussichten des Online-Reiseportals. Schon vorher waren die Zweifel groß, dass Unister die 25 Millionen Euro schwere Anleihe im Herbst 2017 zurückzahlen kann. Auch eine groß angelegte Vertrauensoffensive des Unternehmens am Kapitalmarkt verfing nicht. Die Geschäfte trübten sich derweil ein: Erst Anfang Juli musste das Unternehmen außerdem die Prognose einkassieren. Jetzt rechnen die Leipziger für 2015 mit einem operativen Gewinn (Ebit) von gerade mal 2,5 Millionen Euro, davor waren es 2,8 bis 3,0 Millionen Euro gewesen.Zudem hatte Anfang Dezember Aufsichtsratschef Daniel Kirchhof seinen Rücktritt angekündigt – ohne öffentliche Angabe von Gründen.
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