Bei dem Automobilzulieferer Grammer in der Oberpfalz spitzt sich die Lage weiter zu: Zwei Wochen vor der Hauptversammlung, auf der der aktivistische Investor Hastor über die Neubesetzung von Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bei Grammer abstimmen lassen will, hat die Ratingagentur Euler Hermes die Bonitätseinschätzung des Automobilzulieferers unter Beobachtung gesetzt.
Hastor will am 24. März über die Neubesetzung des Aufsichtsrats abstimmen lassen und zudem Grammer-CEO Hartmut Müller stürzen. Müller hatte zuletzt sogar öffentlich seinen Rücktritt angeboten, wenn Hastor im Gegenzug seine Pläne offenlege.
Das Grammer-Management und die Belegschaft wehren sich seit Monaten gegen die Pläne der Hastor-Familie, die über zwei Vehikel derzeit mindestens 20 Prozent der Grammer-Anteile hält. Das Engagement der aktivistischen Investoren, die in der Automobilbranche durch ihr Engagement bei Prevent einen zweifelhaften Ruf genießen, wirkt sich Grammer zufolge bereits auf die Geschäfte aus. Führende Kunden hätten begonnen, ihre Kundenbeziehung zu Grammer neu zu bewerten, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Bei einer Kontrollübernahme durch die Familie Hastor sei „mit deutlichen Konsequenzen für künftige Aufträge“ zu rechnen.
Euler Hermes beobachtet Hastor-Einfluss auf Grammer kritisch
Diese Sorge teilt Euler Hermes. Die Aussicht auf deutliche Veränderungen in Aufsichtsrat und Vorstand „können sich nach Einschätzung der Ratingagentur ungünstig auf die Kontinuität der Unternehmensführung, strategischen Ausrichtung sowie der Kundenbeziehungen auswirken“, begründete die Agentur ihre Entscheidung. Könnte die Familie Hastor sich auf der Hauptversammlung durchsetzen, wäre das Grammer-Rating damit ernsthaft in Gefahr.
Euler Hermes hatte Grammer im vergangenen Juli zum fünften Mal mit der Bonitätsnote BBB und damit im Investmentgrade eingestuft. Das gute Rating dürfte für Grammer gerade beim Zugang zu Finanzierungen wichtig sein.
Proxy Advisors unterstützen Kurs des Grammer-Managements
Auf der entscheidenden Hauptversammlung am 24. Mai kann der Automobilzulieferer bei seinem Kurs zumindest auf die Unterstützung führender Stimmrechtberater setzen: Wie das Unternehmen mitteilt, empfehlen ISS, Glass Lewis und Ivox den institutionellen Aktionären, für die Anträge der Grammer-Verwaltung und damit gegen die Anträge des Hastor-Vehikels Cascade zu stimmen.
Alle drei Beratungshäuser kritisierten die Cascade-Vorschläge als unzureichend begründet, teilte Grammer mit. Auch die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SDK) und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) wollen auf der Hauptversammlung die Linie des Grammer- Vorstands unterstützen.
Weißer Ritter Ningbo Jifeng hält nun 11 Prozent an Grammer
Grammer setzt in der Abwehr der Hastor-Familie auf den weißen Ritter Ningbo Jifeng. Die Chinesen halten jüngsten Stimmrechtsmitteilungen zufolge über das verbundene Unternehmen JAP Capital Holding mittlerweile 11,02 Prozent der Stimmrechte und sind damit größter Einzelaktionär.
Die Hastor-Vehikel sind durch die Ausgabe neuer Aktien an Ningbo Jifeng leicht verwässert worden. Grammer zufolge liegt das Vehikel Cascade noch knapp über 10 Prozent, könnte damit aber auf knapp unter 15 Prozent aufstocken, ohne eine weitere veröffentlichungspflichtige Meldeschwelle zu reißen. Halog hält Grammer zufolge derzeit 9,18 Prozent der Anteile.
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