Die Investoren des angeschlagenen Maschinenbauers Singulus machen eine wahre Achterbahnfahrt durch: Vor einer Woche erst berichtete der Maschinenbauer, der sich gerade mitten in der Restrukturierung seiner Mittelstandsanleihe befindet, von einem neuen Großauftrag des chinesischen Staatskonzerns China National Building Materials. Die Chinesen haben für mehr als 110 Millionen Euro Anlagen zur Produktion von Solarmodulen bestellt – der größte Auftrag in der Firmengeschichte von Singulus.
Die Investoren jubelten, der Aktienkurs stieg so stark wie seit Monaten nicht mehr. Auch der Anleihekurs legte kräftig von 35 auf 50 Prozent des Nennwerts zu. Nach Vollzug der Bondrestrukturierung werden die Anleihegläubiger 95 Prozent der Singulus-Aktien besitzen.
Besorgniserregende Q1-Zahlen von Singulus
Der Großauftrag aus China ist für eine erfolgreiche Restrukturierung des Unternehmens zentral. Gemäß früherer Aussagen von CFO Markus Ehret liegt die Break-even-Schwelle von Singulus bei knapp über 100 Millionen Euro. Und weitere Kostensenkungen sind nach Aussagen des Managements nicht möglich, ohne die Substanz des Unternehmens schwer zu beschädigen.
Vor diesem Hintergrund sorgten die kurz zuvor von Ehret vorgelegten Quartalszahlen für Besorgnis unter den Investoren von Singulus: Das Unternehmen erwirtschaftete einen Verlust vor Zinsen und Steuern von 5,8 Millionen Euro. Vor allem aber brach der Auftragseingang ein, und das zu einem Zeitpunkt, an dem der Auftragsbestand von 22,9 Millionen Euro das Hightech-Unternehmen nicht mehr weit getragen hätte.
Nach Erhalt des Großauftrags kündigte Singulus an, seine Jahresprognose aufgrund des Auftrags überprüfen zu wollen – die Vermutung lag nahe, dass das Management die Prognosen anheben würde. Doch es kam anders. Überraschend verkündete der Maschinenbauer gestern kurz vor Mitternacht, dass er die Prognose für die Geschäftsjahre 2016 und 2017 senkt.
Singulus hat den Großauftrag zu früh einkalkuliert
Der Grund: Die Umsätze aus dem China-Projekt würden nach Projektfortschritt realisiert. Ein Großteil davon verschiebe sich aber über den Jahreswechsel 2016 hinaus in das Jahr 2017. Begründung: Der Auftrag sei später eingegangen als bei der Erstellung der Prognose erwartet. Die Ernüchterung spiegelt sich auch im Anleihekurs wider: Dieser brach heute im frühen Handel bis auf 43 Prozent ein. Im Lauf des Vormittags konnte sich das Papier aber wieder auf über 46 Prozent erholen.
Singulus prognostizierte bislang einen Umsatzanstieg von 83,7 auf 115 bis 130 Millionen Euro sowie ein ausgeglichenes bis leicht positives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Das Ebit hingegen sollte auch 2016 negativ bleiben. Wie stark sich diese Prognose verändert, hat Singulus noch nicht bekanntgegeben.
Ob und wann die Gläubiger mit einer genaueren Prognose rechnen können, ist ebenfalls unklar: „Die Gesellschaft wird gegebenenfalls eine neue Prognose für die Geschäftsjahre 2016 und 2017 abgeben, wenn diese als hinreichend sicher erachtet werden kann“, heißt es in der Pflichtmitteilung des Unternehmens.
Restrukturierung von Singulus soll planmäßig weitergehen
Die von den Aktionären und den Bondholdern im Februar abgesegnete Restrukturierung der einst 60 Millionen Euro schweren Mittelstandsanleihe geht derweil voran. In diesem Rahmen wird die Anleihe im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung in die Firma eingebracht. Außerdem erhalten die Bondholder eine neue, besicherte Anleihe im Nennwert von 12 Millionen Euro.
Info
Wie es zur Krise bei dem Maschinenbauer kam und wie die Restrukturierungspläne genau aussehen, können Sie nachlesen auf unserer FINANCE-Themenseite zu Singulus.
Weitere Informationen zu den wichtigsten Karrierestationen von Singulus-CFO Markus Ehret finden Sie in seinem Köpfe-Profil.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.