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CFOs zeigen wenig Biss beim Working Capital Management

Kapitalbindungsdauer von 177 Tagen: Der Chemiekonzern Symrise gönnt sich ein luxuriös großes Umlaufvermögen.
Symrise

Die deutschen Großkonzerne haben sich beim Working Capital Management im abgelaufenen Jahr nur minimal verbessert. Das Beratungshaus REL hat bei 134 analysierten deutschen Unternehmen – davon 24 aus dem Dax – eine durchschnittliche Kapitalbindungsdauer von 47,4 Tagen festgestellt. Dies ist nur geringfügig weniger als die 48,8 Tage aus dem Jahr 2016. Ihren Konkurrenten aus dem Ausland hinken die deutschen Unternehmen damit weiterhin deutlich hinterher. Die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer aller 1.000 untersuchten europäischen Unternehmen beträgt nur 37 Tage. 

Vernachlässigen deutsche CFOs ihr Working Capital?

Aus Sicht von REL-Manager Paul Moody hat das schlechte Abschneiden der Deutschen verschiedene Gründe: Einer davon ist die Struktur der deutschen Industrie, die kapitalintensiv ist und eine ausgeprägte Fertigungstiefe aufweist. „Das bedingt eine auf größere zeitliche Reichweite ausgelegte Lager- und Vorratswirtschaft“, gesteht Moody den deutschen CFOs zu. Gleichzeitig wirft er ihnen aber auch vor, das Working Capital Management zu vernachlässigen: „Dank der unglaublich günstigen Kredite wurde die Optimierung des Umlaufvermögens zweitrangig.“ 

Tatsächlich gibt es eine Vorgehensweise, die hauptverantwortlich für den Rückstand gegenüber dem europäischen Durchschnitt ist: Deutsche Unternehmen zahlen ihre Rechnungen schon nach 57 Tagen, europäische Wettbewerber erst nach 70. „Vor allem bei Dax-Unternehmen gibt es weiterhin eine historisch starke Präferenz für Skonto-Konditionen“, glaubt Moody.

„Dank der unglaublich günstigen Kredite wurde die Optimierung des Umlaufvermögens zweitrangig.“

Paul Moody, REL

CFOs lassen 278 Milliarden Euro brachliegen

Welches Potential Deutschlands CFOs durch eine andere Herangehensweise noch heben könnten, zeigen die Daten der aggressivsten Unternehmen. Diese zahlen ihre Lieferanten im Schnitt erst nach 89,5 statt den durchschnittlichen 70 Tagen. Ihr Lager verknappen sie auf eine Reichweite von 19 Tagen, der Schnitt liegt bei 58 Tagen. Zudem treiben sie ihre Forderungen fast 20 Tage schneller ein.

Das Ausmaß der im Umlaufvermögen brachliegenden Liquidität erreicht gewaltige Dimensionen: Für die 134 untersuchten deutschen Konzerne beziffert das Beratungshaus REL den Wert auf 278 Milliarden Euro. Davon entfallen allein auf die 24 Dax-Konzerne 169 Milliarden Euro.  

Puma schlägt Adidas, BMW schlägt Daimler

Welche große Rolle individuelle Managemententscheidungen bei der Verbesserung des Working Capitals spielen, zeigen die riesigen Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen innerhalb einer Branche. So gehört BMW mit einer Kapitalbindungsdauer von 26 Tagen zu den absoluten Top-Unternehmen, während VW auf 59 und Erzrivale Daimler sogar auf 68 Tage kommt. „BMW tariert die Kunden- und Lieferantenfinanzierung besser aus, was ein vorteilhafteres Verhältnis der Debitorentage zu den Lieferantentagen ergibt“, lobt Moody. „Das ermöglicht die fast vollständige Finanzierung der Lagerbestände durch die Kunden und Lieferanten.“

Bei den Autozulieferern dominiert Continental mit 32 Tagen. Das Kapital ist damit bei den Hannoveranern nur halb so lange gebunden wie beim Wettbewerber  Schaeffler. Dort läuft allerdings gerade ein Optimierungsprogramm, das die Kapitalbindungsdauer 2017 immerhin schon von 71 auf 63 Tage senken konnte.

In der Chemieindustrie liegt Covestro mit 62 Tagen an der Spitze des brancheninternen Rankings, Schlusslicht Symrise weist einen Wert von 177 Tagen aus. Interessant sind auch die Daten aus dem Bekleidungssektor: Während die Modekette Tom Tailor, der CFO Thomas Dressendörfer eine aggressive Entschuldungskur verordnet hat, sich noch einmal auf 30 Tage verbessern konnte, kommt Puma auf 67 Tage. Adidas liegt bei der Kapitalbindungsdauer nicht nur weit hinter seinem Erzrivalen – der Dax-Konzern hat sich 2017 sogar noch von 93 auf 100 Tage verschlechtert.